Allgemein, Kultur, Politik

Eine Musik Compilation zum Tag der Befreiung

Von Jürgen Schneider

Vor einiger Zeit fragte mich Dirk Teschner, ob ich am 8. Mai 2020 bei der telegraph-Feier anlässlich des 75. Jahrestages des Sieges der Roten Armee über die faschistischen Truppen Platten auflegen könnte. Mein Terminkalender sagte mir nein, da ich an jenem Tag in London sein sollte. Ich versprach Dirk jedoch, ihm eine CD zusammenzustellen. Nach Zusendung dieser CD bat er mich um ein paar erläuternde Anmerkungen. Diese gelten weniger der Musik als den von mir assoziierten politischen Ereignissen.

– Düsseldorf, Anfang April 2020


Foto: Jürgen Schneider

01 Orfeón Gagarin: Omsk 1939

Hinter Orfeón Gagarin verbirgt sich der spanische Musiker Miguel Ángel Ruíz. Der Track erschien zuerst 1986 bei Toracic Tapes auf der Kassette Orfeón Gagarin, der ersten Veröffentlichung von Ruíz, die 2019 auf Vinyl re-released wurde (Verlag System).

Danach gefragt, was es mit ›Omsk 1939‹ auf sich habe, erklärte Ruíz: »Ich bin mir sicher, dass in jenem Jahr etwas Wichtiges in Omsk passiert ist, bin aber nicht autorisiert, es zu enthüllen.«

8.Juli 1941 im nördlichen Weißrussland nahe des Dnjepr: »Ein ZugPanzer III der vorwärtsstürmenden deutschen 17. Panzerdivision entdeckt einen sowjetischen Panzer mit unbekannter Silhouette. Wie üblich eröffneten die deutschen Kanoniere das Feuer, um den Gegner auszuschalten. Doch mit Erschrecken mussten sie feststellen, dass direkte Treffer aus ihren 3,7-Zentimeter-Kanonen vom sowjetischen Gegner einfach abprallten. Ähnlich erging es einer Gruppe Panzerjäger, die mit ihrer Panzerabwehrkanone PaK 36 im selben Kaliber ebenfalls Treffer um Treffer erzielten, doch keinerlei Wirkung beobachteten. (…) Einen bildlichen Vergleich wählte ein Zugführer in seinem Bericht: ›Ein halbes Dutzend PaK 36 feuert. Es hört sich an wie Trommelwirbel. Aber der Feind fährt unbeirrt weiter, wie ein prähistorisches Monster.‹ (…) Der neue Gegner, das ›prähistorische Monster‹, trug die Bezeichnung T-34/76. Im Sommer 1941 verfügte die Rote Armee über gut 1.000 Exemplare. Zu dieser Zeit handelte es sich um den besten Panzer der Welt.« (Die Welt, 06.07.2016)

Nach dem Beginn der faschistischen Operation Barbarossa wurden viele Industriebetriebe aus dem europäischen Teil der Sowjetunion nach Sibirien verlegt. Infolgedessen entwickelte sich Omsk zu einem wichtigen Produzenten von Rüstungsgütern für die Rote Armee. Die Fabrik Nr. 174 (Woroschilow-Werk) in Omsk fertigte unter anderem auch den legendären T-34-Panzer.

Omsk 2018: Eine Schallplattenverkäuferin erzählte mir Ende 2018 in St. Petersburg, in Omsk existiere eine großartige Musikszene.

 

02 Jah Wobble, Holger Czukay, Jaki Liebezeit: Trench Warfare

Can-Bassist Czukay, Can-Drummer Jaki Liebezeit sowie Jah Wobble, der bei Public Image Ltd. den Bass zupfte, mit ›Trench Warfare‹. Der Track erschien erstmals auf der Platte Full Circle von 1982 (Virgin).

Grabenkämpfe erreichten einen blutigen Höhepunkt im Ersten Weltkrieg. Aber noch im Zweiten Weltkrieg war die Masse der Infanterie nicht motorisiert. Gefechtshandlungen fanden um und mit Feldstellungen statt, zeigten jedoch auch das Ende dieser Form der Gefechtsführung durch die von allen Seiten angestrebte Form der schnellen Panzervorstöße als Bewegungskrieg.

Viktor Nekrassow (1911-1987), der die gesamte Schlacht um Stalingrad an vorderster Front durchlebt hatte und durch einen deutschen Scharfschützen schwer verwundet wurde, schrieb noch in einem Lazarett sein Buch In den Schützengräben von Stalingrad. Dies erschien 1946 in der Kiewer Zeitschrift Znamja, die deutsche Erstauflage 1954 im Aufbau-Verlag. Im Nachwort zu einer Neuauflage beschreibt er 1981 seine damaligen großen Hoffnungen: »In der Welt wird Frieden herrschen! Nun ist endlich die Sonne der Freiheit aufgegangen! Für alle. Für die befreiten Völker, für uns, für mich… Gerade daran – dass die Rote Armee der Welt Frieden und Freiheit gebracht hat – glaubte ich, als ich mit halbgelähmten Fingern in ein Schulheft den ersten Satz schrieb: »Der Rückzugsbefehl kommt ganz überraschend‹.«

Der New Yorker Dichter Steve Dalachinsky (1946-2019) hat für eine dichterisch-künstlerische Auseinandersetzung mit dem Ersten Weltkrieg das folgende Gedicht geschrieben:

schützengrabenpatrouille

meine aufgabe ist es
von einem graben zum andere
zu gehen
all die gräben sind
miteinander verbunden
in regelmäßigen abständen
befinden sich eingänge
in die bunker

unter der erde
fühle ich mich immer am sichersten
der geschmack der wolken
vergeht gewöhnlich
sobald heftiges granatfeuer
einsetzt
dann schmecke ich nur noch meinen eigenen schweiß

& meine angst

ich wäre gerne ein zugvogel
die wolken schmecken könnte ich   einmal noch

(aus: Steve Dalachinsky/Sig Bang Schmidt, Flying Home. – Paris: Lit up Press, 2015, ins Deutsche übersetzt von Jürgen Schneider)

 

03 Peter Brötzmann & Bill Laswell: Death Rattle

Die deutsche Free Jazz-Ikone Peter Brötzmann (Saxophon) trifft auf den Musiker des New Yorker Undergrounds Bill Laswell (Bass). Der Track ›Death Rattle‹ wurde erstmals 1987 auf dem Album Low Life veröffentlicht (Celluloid).

Das Todesrasseln auf den Schlachtfeldern des Krieges. Oder das Todesröcheln im Krieg des Virus, das wir nicht hören, stirbt ein beim Aperol oder Après-Ski, im Kitzloch oder Krazy Kanguruh, beim Karneval oder Mardi Gras infizierter Covid-19-Kranker einsam in seinem Bett, beatmet oder nicht, selektiert vielleicht nach Regeln der Triage (entwickelt aus Erfahrungen der Militärmedizin im Zweiten Weltkrieg), einfach auf die Straße gelegt, eingelagert wie Schlachtfleisch in einen Kühlcontainer oder unbegleitet in eine Grube hinabgelassen. Leichengift ohne Verheißung.

Rich men, trust not in wealth,
Gold cannot buy you health;
Physic himself must fade.
All things to end are made,
The plague full swift goes by …

(aus: Thomas Nashe (1567-1601), A Litany in Time Of Plague)

 

04 Paal Nilssen-Love, Akira Sakata, Kiko Dinucci, Kohei Gomi & Toshiji Mikawa: Up the Line To Death

Japanoise (japanisch: Japanoizu), dargeboten von einer im Kern japanischen Musikergruppe um den begnadeten norwegischen Drummer Paal Nilssen-Love, 2019 veröffentlicht auf der CD New Japanese Noise (PNL, 2019).

Japan & SU: Die sowjetische Mandschurische Strategische Operation führte zusammen mit den amerikanischen Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki (6. und 9. August 1945) den Japanern vor Augen, dass sie keine Möglichkeit hatten, ihre Niederlage im Zweiten Weltkrieg abzuwenden. Die sowjetisch besetzte Mandschurei war später die Hauptbasis von Maos Einheiten der Volksbefreiungsarmee, die schließlich 1949 siegreich aus dem Chinesischen Bürgerkrieg hervorgehen sollten.

 

05 Banda Bassotti: Stalingrado

›Stalingrado‹ wurde zuerst von der Mailänder Band Stormy Six dargeboten, dann von der römischen Ska-Punk-Combo Banda Bassotti übernommen. Der Song ist zu finden auf deren Album Así Es Mi Vida (Gridale Forte Records, 2003).

Aus dem aus dem Italienischen übersetzten Songtext:

Unter den Mörsern Hunger und Schutt
Die Stadt widersteht wie Stahl
Blut pflastert die Straßen von Stalingrad
Eine Frau aus Granit lacht auf 1.000 Barrikaden
Das Hakenkreuz auf seiner vereisten Straße weiß
Dass von nun an jede Straße wie Stalingrad sein wird.«

Am 22. Juni 1941 überfielen dreieinhalb Millionen Soldaten des nationalsozialistischen Regimes die Sowjetunion. Bereits im Herbst 1941 geriet der Blitzkrieg ins Stocken; im Winter ging die Schlacht um Moskau verloren. Militärisch war damit klar, dass Deutschland den Krieg verlieren wird. Am 23. August 1942 beginnt die 6. Armee den Angriff auf Stalingrad. Schon nach drei Wochen war klar, dass der Angriff als gescheitert gelten muss. Mitte Oktober fiel der erste Schnee, bei Temperaturen unter minus 30 Grad fielen die Funkgeräte aus, und die Landser sprachen bereits von »Stalingrab«. Mitte November schloss die Rote Armee den Kessel um 250.000 vor allem deutsche und rumänische Soldaten.

»Der Kessel hat für alle Fleisch.« (Heiner Müller, Germania, Tod in Berlin) Die Lage war unhaltbar, doch Hitler verbot den Ausbruch. Die meisten der eingekesselten Soldaten starben nicht infolge von Kampfhandlungen, sondern an Unterernährung und Unterkühlung. Ab Mitte Januar gab es noch 60 Gramm Brot am Tag.

Noch am 8. Januar 1943 lehnte Oberbefehlshaber Paulus die Aufforderung der sowjetischen Seite zur Kapitulation ab. Am 25. Januar wurde der Kessel in einen Süd- und einen Nordkessel aufgespalten. Am 30. Januar wurde Paulus per Funkspruch aus dem Führerhauptquartier zum Generalfeldmarschall befördert, um den Druck zu verstärken, bis zum letzten Mann zu kämpfen; denn noch nie in der deutschen Militärgeschichte hatte ein Marschall kapituliert. Am 31. Januar kapitulierte der südliche Kessel, darunter Paulus. Am 2. Februar kapitulierte der Nordkessel. (Die höchsten Vorgesetzten werden von ihren hohen Kameraden nicht zurückgeholt, Feldmarschall Paulus wird nicht gerettet, der von der RAF entführte Arbeitgeberpräsident und Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie und ehemalige SS-Hauptsturmführer Hanns Martin Schleyer wird 1977 nicht ausgelöst. (Vgl. Alexander Kluge, Schlachtbeschreibung. – Frankfurt/M.: Suhrkamp Verlag, 1983 [= es 1193], S. 298).

Am 3. Februar wurde im Großdeutschen Rundfunk eine Sondermeldung verlesen, die 6. Armee habe »unter der vorbildlichen Führung von Paulus bis zum letzten Atemzug« gekämpft, sei aber einer »Übermacht« und »ungünstigen Verhältnissen erlegen«, alle Soldaten hätten den Tod gefunden. Man erklärte sie zu einem historischen »Bollwerk« einer nicht deutschen, sondern »europäischen Armee«, die stellvertretend den Kampf gegen den Kommunismus geführt habe.

Heiner Müller beschäftigte sich mit der Frage, warum die Rote Armee in der Anfangsphase des Krieges überhaupt in eine komplizierte strategische Lage geraten musste und lässt einen Kommandeur ein qualvolles Selbstverhör durchführen:

He Kommandeur wohin hast du geführt
Und stumm gab ich die stumme Frage weiter
Warum gehn wir zurück In unserm Leben
Gab es das Wort nicht Rückzug Warum jetzt
Was oder wer hat uns die Kraft genommen
Und wann hat angefangen was jetzt ist
Und Wie und Wer ist schuld Der Feind im Land
Statt daß wir ihn in seinen Wäldern jagen
Wie hast du uns geführt Genosse Stalin

(aus: Heiner Müller, Die Schlacht. Wolokolamsker Chaussee. Zwei Stücke. – Frankfurt/M: Verlag der Autoren, 1988, S. 42)

 

06 Ammer/Einheit: 08.05.1945, Bunker

Deutsche Krieger (als CD erschienen bei Rough Trade). Das Hörspiel ist in die drei Teile ›Adolf Hitler Enterprise‹, ›Kaiser Wilhelm Overdrive‹ und ›Ulrike Meinhof Paradise‹ gegliedert. Tonträgeroper nannten sie das Ergebnis im Untertitel, denn es gibt eine Handlung, die musikalisch umgesetzt wird, jedoch nicht durch exemplarisch agierende Sänger, sondern durch die medialen Aufzeichnungen von Äußerungen der tatsächlichen historischen Protagonisten und durch Verwendung von anderem zeitgenössischen Tonmaterial. Bei der Verarbeitung dieses Tonmaterials war es den Produzenten nicht allein wichtig, was zur jeweiligen Zeit gesagt wurde, sondern auch, mittels welchen Mediums es gesagt wurde. Der Medienfan und -förderer Kaiser Wilhelm nutzte Phonograph und Schallplatte zur Verbreitung seiner Stimme, Adolf Hitler das Radio und die Bilder von Ulrike Meinhof gingen mittels Fernsehübertragungen um die ganze Welt.

FM Einheit: »Beim Hitler-Teil haben wir bewusst so wenig Hitler O-Ton wie möglich genommen, direkt, weil’s einfach nicht zu ertragen war. Wenn Du drei Tage Hitler hörst, wird dir einfach schlecht.« (hotel.discipline.net)

»Termindruck des Führers.

Oft werde ich übersehen. Ich führe den Kalender des Führers, wenn dies nicht seine Sekretärinnen tun. (…) In den letzten Tagen nach seinem letzten Geburtstag, verfiel der Wert der ›Führerzeit‹. Ich sah ihn viel herumsitzen auf den wenigen Sitzgelegenheiten des Bunkers. Er schien mir zu warten. Tatsächlich wurde er kaum noch angesprochen. Zum ersten Mal nach zwölf Jahren hatte er überflüssig viel Zeit, aber es gab nichts mehr, wofür er sie im Interesse des Landes hätte verwenden können. Von den Kalendereintragungen her, den Terminen und dem Protokoll der Tätigkeiten war er, als er starb (wie ich meinen Chef kannte, ahnte er sein Ende), schon seit einiger Zeit tot.« (Alexander Kluge, 30. April 1945. Der Tag, an dem Hitler sich erschoß und die Westbindung der Deutschen begann. – Berlin: Suhrkamp Verlag, 2014, S. 47 f.)

Was am 30. April 1945 geschah, nachdem sich Hitler und Eva Braun im Führerbunker in ihr kleines Wohnzimmer zurückgezogen hatten, wusste Die Welt am 30. April 2015: »Kurz vor 16 Uhr betraten Kammerdiener Heinz Linge und der persönliche SS-Adjutant Otto Günsche den Sterberaum des deutschen Diktators. Sie fanden beide Leichen in der Sitzgruppe vor, erinnerten sich später aber immer wieder unterschiedlich, wie sie gesessen hatten. Linge und Günsche nahmen die Leichen, trugen sie durch den Gartenausgang aus dem Führerbunker und legten sie in eine Grube – entweder in einen Granattrichter oder einen nicht mehr geschlossenen Kanalgraben. Die Körper wurden mit viel Benzin überschüttet und dann angesteckt. Ein SS-Wachmann schaute zu und rannte in den Bunker hinab. ›Der Chef brennt!‹, rief er und fragte seinen Kameraden Rochus Misch, den Telefonisten des Führerbegleitkommandos: ›Willst du mal gucken?‹«

Gegen 15 Uhr – Hitler war im Begriff, heldenmütig Hand an sich zu legen – rief Generaloberst Kusnezow im Gefechtsstand bei Marschall Schukow an und meldete: »Unser rotes Banner weht auf dem Reichstag!

 

07 Mouse on Mars: Destroia

Track von der gleichnamigen EP (Our Choice, 1999).

»Die Identifikation mit dem [faschistischen] System ist in Deutschland nie wirklich zerstört worden.« (Theodor W. Adorno, Aspekte des neuen Rechtsradikalismus. – Berlin: Suhrkamp Verlag, 2019, S. 17. Dem Text liegt die Tonbandaufnahme des Adorno-Vortrages vom 6. April 1967 in Wien zugrunde)

 

08 Propagandhi: The Only Good Fascist is a Very Dead Fascist

Track der kanadischen Hardcore-/Punkband Propagandhi vom Album Less Talk, More Rock (Fat Wreck Chords, 1996).

»Der jetzt in Mode gekommene Ausdruck ›belogen und betrogen‹ ist nur eine fromme Lüge, durch die der Deutsche, der ihn gebraucht, unbedacht zugibt, daß er irgendwann einmal an die Nazis geglaubt hat und ihnen gefolgt ist. Sonst könnte er jetzt nicht behaupten, ›belogen und betrogen‹ worden zu sein.

In dem, was die Deutschen tun, zeigen sich die Überreste des Nationalsozialismus genauso sehr wie in dem, was sie sagen.« Dies notierte der US-amerikanische Nachrichtenoffizier Lt. Daniel Lerner während einer Reise durch das besetzte Deutschland im April 1945.

In einer Studie des Office of Strategic Services vom Herbst 1945 heißt es: »In den Westzonen wurden die alten herrschenden Gruppen nicht aus ihren Machtpositionen verdrängt, wohingegen in der sowjetischen Zone die Verstaatlichungsmaßnahmen und die Enteignung des Großgrundbesitzes zumindest die Voraussetzungen für eine grundlegende Änderung der deutschen Klassenstruktur geschaffen haben. Es läßt sich nur schwer vorstellen, wie ohne eine solche Änderung der deutschen Wirtschaft auf Friedensproduktion in einem wirklich demokratischen Staat umgestellt werden kann. Andererseits ist es ebenso schwer sich vorzustellen, daß die alten herrschenden Schichten sich ohne erbitterten Kampf einer Umgestaltung der deutschen Wirtschaft fügen werden, die ihnen ihre über ein Jahrhundert alte Macht über die deutsche Wirtschaft nähme.«

(Beide Textstellen aus: Zwischen Befreiung und Besatzung. Analysen des US-Gehemdienstes über Positionen und Strukturen deutscher Politik 1945. Hrsg. v. Ulrich Borsdorf und Lutz Niethammer. – Wuppertal: Peter Hammer Verlag, 1976, S. 39 u. 301)

 

09 CCCP Fideli Alla Linea: Spara Jurij

Schieß, Jurij, schieß! Track von der Scheibe Ortodossia II° (Attack Punk Records, 1985). Die Musiker von CCCP bezeichneten ihre Musik als »Musica Melodica Emiliana—Punk Filosovietico«

 

10 Laibach: Rossiya

›Rossiya‹ basiert auf der Hymne der Russischen Föderation (Gimn Rossijskoi Federazii), seit dem 30. Dezember 2000 die offizielle Nationalhymne der Russischen Föderation, und der staatlichen Hymne der Sowjetunion. Die Musik für beide Versionen schrieb Alexander Alexandrow. Umgeschrieben und arrangiert von Laibach und Silence im Jahre 2006 für die CD Volk (Mute Records).

 

11 Yat-Kha: Solun Chaagai Sovet Churtum

Der Song ›Solun Chaagai Sovet Churtum‹ ist dem Album Yenisei-Punk der Band Yat-Kha aus Tuwa entnommen (Global Music Centre, 1995). Polytonaler Kehlkopfgesang zum Lobe der Sowjetunion:

Welch schöne Taiga und welch ein schönes Sowjetland.
Denn dort siegte der Sozialismus, ein neuer Mensch trat hervor.
Das wirkliche Leben besteht in der Stärke des Friedens und der Freundschaft.
Die ist nur möglich in der erfolgreichen Sowjetunion.

 

12 Kim Gordon: Get Yr Life Back

Kim Gordon (Ex-Sonic Youth) veröffentlichte im Alter von 66 Jahren ihr erstes Soloalbum: No Home Record (Matador/Beggars, 2019). Der Titel zitiert No Home Movie von 2015, den letzten Film der belgischen Regisseurin Chantal Akerman über ihre Mutter, die Auschwitz überlebt hatte.

Der Track ›Get Yr Life Back‹, so Kim Gordon, geht darauf zurück, dass sie in Atwater die Straße entlangging und ein Plastikschild mit der Aufschrift Get Your Life Back Yoga erblickte. »With the lights in a plastic sign, you get your life back. Plastic sign. Get Your Life Back Yoga.«

»Der Humanismus der Ware nimmt sich des Arbeiters ›in seiner arbeitslosen Zeit und als Mensch‹ an, und zwar ganz einfach deswegen, weil die politische Wirtschaft jetzt als politische Ökonomie diese Sphären beherrschen kann und muß. So hat ›die konsequente Durchführung der Verleugnung des Menschen‹ die Ganzheit der menschlichen Existenz in die Hand genommen.« (Guy Debord)

Das Leben zurückerobern!

 

13 Simon O’Connor: What Is Living And What Is Dead

Simon O’Connor ist ein in Dublin lebender irischer Komponist. Das Klavierstück What Is Living And What Is Dead, gespielt von Michael McHale, stammt von der gleichnamigen CD (Ergodos, 2014).

»Kriegspotential jetzt und das Ende des Krieges am 30. April 1945 sind für mich eins.« (Alexander Kluge, a. a. O., S. 195)

»Nun, meine Damen und Herren, ich wiederhole, daß mir bewußt ist, daß der Rechtsradikalismus kein psychologisches und ideologisches Problem ist, sondern ein höchst reales und politisches. Aber das sachlich Falsche, Unwahre seiner eigenen Substanz zwingt ihn, mit ideologischen, das heißt in diesem Fall mit propagandistischen Mitteln zu operieren. Und deshalb muß man ihm, abgesehen vom politischen Kampf mit rein politischen Mitteln, in seiner eigensten Domäne sich stellen. Aber nun nicht Lüge gegen Lüge setzen, nicht versuchen, genauso schlau zu sein wie er, sondern nun wirklich mit einer durchschlagenden Kraft der Vernunft, mit der wirklich unideologischen Wahrheit dem entgegenzuarbeiten.« (Theodor W. Adorno, a. a. O., S. 54/55)