Kultur

Sechsundachtzig Jahre später

von Jannis Poptrandov

(Aus unserer Zeitschrift Abwärts!, Ausgabe 1, 2, 3)

Teil 1

Fünf-Sterne-General Aristotelis Zarkos müffelte bestialisch nach Schweinestall. Krieg ist nichts für Luschen, Männer verlieren die Eingeweide, und verlangen nach ihrer Mama, da bleibt zum Duschen einfach keine Zeit.
Alle nur erdenklichen Reserven wurden bei der Verteidigung der Hauptstadt mobilisiert, Verrückte wurden aus den Irrenanstalten entlassen, schwer erziehbare Kinder aus den Heimen, Betrunkene aus den Ausnüchterungszellen; ja, in Schnellverfahren gab man sogar Türken noch rasch die deutsche Staatsbürgerschaft. Es nützte alles nichts.
Dank einer grandiosen taktischen Meisterleistung konnte General Zarkos sämtliche Verteidigungslinien durchbrechen. Als die siebte griechische Panzerdivision eine Begrüßungssalve auf das Kanzleramt abfeuerte jagte sich der Bundeskanzler eine Kugel durch den Kopf. Im Nachbarbunker gab Vizekanzlerin von der Leyen ihren Kindern Zyankali und erhängte sich anschließend. Also mußte der Tattergreis im Rollstuhl die Kapitulationsverhandlung führen. Man schrieb das Jahr 2027. Die Sonne leuchtete warm und gütig und man wurde das Gefühl nicht los, daß sich ein leichtes Grinsen auf ihrem Mundwinkel abzeichnete.

General Zarkos schleuderte seine Stiefel in die Ecke des Kanzleramts und ließ sich eine gute Flasche Wein bringen. Er paffte Zigarre und betrachtete den alten Mann im Rollstuhl. Schäuble wiederum betrachtete das Kapitulationspapier.
„Mit Verlaub, Herr General, aber einige der hier aufgeführten Bedingungen sind für das deutsche Volk untragbar.“
„Bitte konkretisieren Sie Ihren Einwand, Herr Minister. Meinen Sie etwa den zukünftigen Verzicht auf eingebürgerte Migranten in der deutschen Fußballnationalmannschaft?“
„Nein, ich meine …“
Das Telefon klingelte.
„Moment“, sagte General Zarkos.
Hauptfeldwebel Papagiannakopoulos war am anderen Ende der Leitung. Sein bester Mann.
„Wir haben Benjamin von Stuckrad-Barre geschnappt, mein General.“
„Sehr gut. Gebt ihm Tristesse Royale zu fressen. Er soll jede einzelne Seite runterschlucken. Und dann gebt ihm einen ordentlichen Tritt in den Hintern.“
„Jawohl, mein General.“
Zarkos knallte den Hörer auf die Gabel.
„Wo waren wir stehen geblieben?“
„Im Namen meines Volkes muß ich entschieden gegen Punkt 6, Unterpunkt 3, Unterpunkt F protestieren.“
Zarkos drückte die Zigarre auf dem Schreibtisch aus und schnipste. Der Diener, der die ganze Zeit in der Ecke stand, kam sofort angelaufen und brachte dem General eine neue Zigarre.
„Ich verstehe. Der Herr Minister möchte auf die geplanten Besatzungszonen zu sprechen kommen.“
„Die erneute Teilung Deutschlands mag ja noch angehen, aber die Regionen Südbayern und Mittelostschwaben ausgerechnet dem Kommando der Obersten Heeresleitung der Sinti und Roma zu unterstellen. Diese Bedingung ist untragbar, Herr General. Untragbar.“
Erneut klingelte das Telefon.
„Was gibt’s?“
„Wir haben Uwe Tellkamp.“
„Bravo, mein Junge. Bravo. Du weißt was zu tun ist.“
„Jawohl, mein General. Wie viele Ausgaben von Der Turm sollen wir Tellkamp zu fressen geben? Eine oder zwei?“
„Fünf. Und pack noch zwei Exemplare Der Eisvogel rauf.“
„Wird erledigt, mein General.“
„Was ist denn eigentlich mit Paulo Coelho? Ich warte schon seit Stunden auf seine Verhaftung.“
„Mein General, laut Geheimdienstinformation ist Paulo Coelho Brasilianer.“
„Sicher?“
„Sicher, mein General.“
„Mist. Dieser Typ hätte es mehr als alle anderen verdient, daß man ihm seine Romane in den Rachen stopft.“
Zarkos ließ den Hörer auf die Gabel krachen. Er fischte ein Notizbuch aus der Uniform und brachte seine Liste auf den neusten Stand. Der alte Mann im Rollstuhl wedelte währenddessen mit dem Kapitulationsvertrag.
„Herr General, ich muß darauf beharren, daß die Umsetzung eines Sinti und Roma Protektorats auf dem Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland unter keinen Umständen geduldet werden kann.“
Zarkos führte die Zigarre an den Mund. Er inhalierte tief und blies anschließend drei kunstvoll ineinander gewobene Ringe in die Luft. Eine Meisterleistung.
„Ich muß Sie leider enttäuschen. Wie Sie sicherlich wissen, haben Einheiten der Sinti und Roma Brigaden bei der Schlacht um München eine entscheidende Rolle gespielt. Ohne die tapfer und aufopferungsvoll kämpfenden Männer des Oberstleutnant Elvis Eugenio Entrescu hätte dieser Krieg einen völlig anderen Verlauf genommen. Die Sinti und Roma Brigaden haben sich die Reichtümer Südbayerns und Mittelostschwabens mehr als verdient.“
Das Telefon klingelte.
„Ja!?“
„Wir haben ihn, mein General. Wir haben ihn!“
Papagiannakopoulos Stimme bebte vor Aufregung.
„Ich gratuliere! Heute ist ein großer Tag! Ein bedeutender Tag! Laßt uns inne halten und der Opfer gedenken.“
„Jawohl, mein General. Ein großer Tag. Ein bedeutender Tag.“
Reich-Ranicki war ihnen endlich in die Falle gegangen. General Zarkos war es völlig schnurz, daß Doppel-R einst Günter Grass in Stücke hackte. Es ging um Fauser! Es ging um die Demütigung, die Fauser in Klagenfurt durch Doppel-R erlebte. „Sie gehören nicht hierher!“ Die Stimme Reich-Ranickis dröhnte auch noch Jahrzehnte später im Hirn des Fünf-Sterne-Generals.
Es ging auch um all die anderen Schriftsteller, die namenlosen Helden, die Schriftsteller mit miserabler Rechtschreibung aber mit Lava in den Venen, Schriftsteller mit dem Herzen eines Tigers und dem Punch eines Schwergewichtweltmeisters. Schriftsteller, die von Doppel-R in die Wüste geschickt wurden.
Zarkos gab seinem besten Mann drei Tage Sonderurlaub und drosch den Hörer auf Gabel. Er schnappte sich ein Weinglas, und goß dieses bis zum Rand voll.
„Lassen Sie uns anstoßen, Herr Minister. Die deutsche Literatur wurde soeben von ihrem größten Tyrannen befreit.“
„Ich interessiere mich nicht für Literatur. Ich vertrete hier die Interessen des Deutschen Volkes, und ich …“
General Zarkos hörte nicht hin. Er kippte sein Glas in einem Zug runter und feuerte es anschließend gegen die Wand. Das Glas zerschellte nur wenige Millimeter neben dem Kopf des Dieners.
„Gestatten, daß ich mich einmische, verehrter General“, sagte der Diener. „Aber Herr Reich-Ranicki ist schon seit Ewigkeiten tot.“
Was für eine bodenlose Frechheit! General Zarkos traute seinen Ohren nicht. Er wollte schon aufstehen und diesem vorlauten Bengel eine kräftige Backpfeife verpassen. Dieser Dilettant von einem Diener. Dieser elende Sohn eines Ziegenhirten. Doppel-R tot? Und das seit Ewigkeiten? Lächerlich. Ein Witz. So als ob man behaupten würde, Daniel Kehlmann hätte das Mittelmeer ausgesoffen, und zwar auf Ex. Schäuble räusperte sich.
„Ist das ihr letztes Wort, Herr General? Bleibt Punkt 6, Unterpunkt 3, Unterpunkt F unangetastet?“
„Ja, das ist mein letztes Wort. Dieser Punkt bleibt unangetastet. Sobald Ihre Unterschrift auf dem Vertrag getrocknet ist bekommen die Zigeuner freie Hand.“
Wolfgang Schäuble fummelte an seiner Krawatte und plötzlich hielt er ein weißes Kügelchen in der Hand.
„Diese Schande werde ich nicht über mich ergehen lassen.“
Er schluckte das Kügelchen und sofort zischte Schaum aus seinem Mund. Der alte Mann rutschte aus dem Rollstuhl und blieb regungslos liegen. Zyankali.
Das Telefon klingelte.
„Was ist denn jetzt schon wieder?“
Es war Generalmajor Konstantin Konstantinov. Sein Regiment hatte in der großen Tombola die absoluten Nieten gezogen. Thüringen und Sachsen-Anhalt.
„Was willst du?“
„Herr General, ich bitte hiermit um Erlaubnis, die Amerikanische Gedenkbibliothek in die Luft sprengen zu dürfen.“
„WAS!? BIS DU VON EINEM TOLLWÜTGEN ESEL GEBISSEN WORDEN, DU BULGARISCHER DEPP.“
„Hä? Mit der Sprengung der Amerikanischen Gedenkbibliothek würden wir unseren serbischen Verbündeten ein symbolisches Geschenk machen. Ich erinnere nur an Belgrad Neunundneunzig.“
„Hör zu, Bulgare. Du kannst von mir aus das Brandenburger Tor in die Luft jagen oder den Fernsehturm oder den ganzen verdammten Kudamm, aber laß gefälligst deine dreckigen Finger von der AGB! Verstanden!“
Der Hörer flog mit voller Wucht auf die Gabel. General Zarkos schnipste und der Diener brachte einen Kugelschreiber. Für ein Volk, daß Jahrelang Bilanzen gefälscht, Steuern hinterzogen, die höchsten Beamten des Staates geschmiert und somit die halbe Welt in diesen Krieg gezogen hatte, ist das Imitieren der Unterschrift eines im Rollstuhl sitzenden Mannes ein Klacks, nichts weiter als eine lockere Fingerübung.
Am nächsten Morgen waren schwere Gewitter angekündigt, aber die Sonne wollte nichts von dieser Prognose wissen, die majestätischen Strahlen hätten van Gogh sicherlich zu einem Meisterwerk inspiriert, Ratten knabberten an Leichen und vereinzelt konnte man Schreie hören.
Vor Sechsundachtzig Jahren flatterte die Hakenkreuzfahne auf der Akropolis.
General Zarkos trug eine saubere Uniform, frisch geputzte Stiefel und seine Haare waren tipptopp frisiert. Er nahm die Fahne der Griechischen Republik entgegen, um diese vor dem Reichstag zu hissen. Seine Männer salutierten.

Teil 2

Das große Genie der modernen Kriegsführung, Fünf-Sterne-General Aristotelis Zarkos betrat den Friedhof der Sozialisten. An seiner Uniform baumelten diverse Orden für die Eroberung Berlins. Das Wetter meinte es gut mit dem General, es war mild und die Vögel kackten fleißig in die umliegenden Bombenkrater.
Zarkos trug eine elegante Sonnenbrille und erblickte eine Rose zwischen all den Toten. Sie war zart und fein und voll sanfter Anmut. Er zückte sein Notizbuch, um dieses erhabene Bild, diesen wohl barmherzigsten Augenblick der Menschheitsgeschichte in einem Gedicht zu verewigen. Titel: Meine Liebe zum Krieg ist mächtiger als Euer Krieg gegen die Liebe.

Man schrieb das Jahr 2027. Deutschland lag in Trümmern, zerstückelt, in sieben Besatzungszonen unterteilt, besiegt durch die ruhmreiche Allianz der Verbände Griechenlands, Bulgariens, Serbiens, Rumäniens etc. Die Selbstmordrate unter den Millionären schoß in schwindelerregende Höhe. Kein Wunder. Börsenspekulanten und Immobilienhaie wurden in die BBZ, Bulgarisch Besetzte Zone nach Thüringen und Sachsen-Anhalt zwangsdeportiert. Dort mußten sie Baumwolle pflücken. Bei Wasser und Brot. Zehn Stunden täglich. Bewacht und ausgepeitscht von ehemaligen Sozialhilfeempfängern.
Im Protektorat der Sinti und Roma-Brigaden, Mittelostschwaben und Südbayern, wurden gigantische Nachbauten asiatischer Textilfabriken errichtet. Manager aktiennotierter Unternehmen, Tagesschausprecher und die besten Schuh-Designer des Landes mußten unter unmenschlichen Bedingungen Socken und Unterhosen, Badelatschen und Schnürsenkel anfertigen, welche anschließend auf Müllhalden landeten.
Gelegentlich brachen Revolten in den Fabriken aus, diese wurden jedoch mit größter Rücksichtslosigkeit niedergeschlagen. Ja, der Chef der Sinti und Roma-Brigaden,
Oberleutnant Elvis Eugenio Entrescu kannte da keine Gnade.
General Zarkos beendete sein Gedicht und rief Hauptfeldwebel Papagiannakopoulos zu sich: „Hier, lesen!“ Papagiannakopoulos kullerten Tränen aus den Augen. Er gab seinem General das Gedicht zurück und salutierte: „Ich bin stolz auf meinen General. Dem griechischen Volk wurde soeben ein großes Geschenk gemacht.“ Sie marschierten weiter und erreichten die Ehrengräber.
Nach der bedingungslosen Kapitulation ließ General Zarkos selbstverständlich umgehend die Gräber von Wilhelm Pieck, Otto Grotewohl und Walter Ulbricht entfernen. Diese Kaviar fressenden, Hirsche jagenden, Volvo fahrenden Oberpfeifen haben nichts, aber auch gar nichts neben Rosa Luxemburg und Big Karl zu suchen.
„Wie spät ist es?“, fragte Zarkos.
„Noch zwei Minuten, mein General.“
„Sie wird sich verspäten.“
„Ganz sicher nicht, mein General. Es wird Jahre dauern, wenn nicht Jahrzehnte, um den Deutschen ihre barbarische Charaktereigenschaft der brutalen Pünktlichkeit auszutreiben.“
Und tatsächlich. Wie aufs Stichwort war am Himmel ein schwaches Summen zu hören, welches lauter und lauter wurde. General Zarkos schnippste und der Diener, der hinter ihm stand, brachte ein Fernglas. „Du hast Recht, mein Sohn.“
Zarkos sah einen Hubschrauber, der auf den Friedhof zusteuerte. Und im Hubschrauber, links in der Ecke, saß ohne Zweifel die ehemalige Bundeskanzlerin Angie Merkel. Der General setzte das Fernglas wieder ab und durch einen dummen Zufall streifte sein Blick die Füße von Papagiannakopoulos.
Fünf-Sterne-General Aristotelis Zarkos, Träger des großen Hellenischen Verdienstordens in Gold traute seinen Augen nicht. „Was ist das?“ fragte Zarkos und deutete auf die Schuhe, die Papagiannakopoulos trug.
„Das sind Schuhe, mein General.“
„Ich weiß, daß das Schuhe sind, du Tölpel.“
Hauptfeldwebel Papagiannakopoulos wußte nicht so recht worauf der General hinaus wollte.
„Deine Schuhe haben drei Streifen!“
„Ja, und?“
„JA, UND? Ich glaube, ich habe mich wohl verhört. Im Dekret der alliierten Besatzungsmächte wurden die drei Streifen als verfassungsfeindliches Symbol eingestuft. Das Tragen der drei Streifen, sei es an Schuhen, oder an Jacken, oder an Hosen ist unter Todesstrafe VERBOTEN!“
„Ja, aber …“
„Warum hast du denn nicht einfach einen Streifen entfernt, du elender Sohn eines Olivenbauern? So wie es alle anderen auch tun.“
„Ja aber, mein General. Dann erkennt man doch nicht, daß es Schuhe der Marke …“
„An deinen Schuhen klebt das Blut unschuldiger Kinder. Die drei Streifen symbolisieren die Kontinuität faschistischer Großmachtfantasie. Nicht umsonst wurde die Firma kurz nach Untergang des Dritten Reichs gegründet. Verstehst Du? Drittes Reich und drei Streifen. Drei und Drei. Nicht umsonst trägt der Gründer den Vornamen Adolf. Die drei Streifen haben sich den gesamten Globus in aggressiver Weise zum Untertan gemacht. Was Adi Eins in die Wege leitete, brachte Adi Zwei zu Ende.“
„Gestatten, daß ich meinen bescheidenen Wortbeitrag leiste, verehrter General“, sagte der Diener. „Adolf Dassler war Mitglied der NSDAP, was Ihrer Theorie durchaus …“
„Halt die Klappe, du neunmalkluger Hornochse. Dich hat niemand gefragt.“
Papagiannakopoulos kratzte sich am Kopf.
„Mein halber Sold ist für dieses Paar draufgegangen, mein General.“
„Los ausziehen!“
Der Hauptfeldwebel zog sich die Schuhe von den Füßen und übergab diese seinem General. Zarkos schleuderte die Schuhe Richtung Friedhofsmauer. Sie zischten nur wenige Millimeter am Kopf der Bundeskanzlerin a. D. vorbei.
„Oh, Verehrteste. Schön, daß Sie uns mit Ihrem Besuch erfreuen.“
General Zarkos begrüßte Frau Merkel mit einem Handkuß. „Was möchten Sie trinken?
Champagner?“ Merkel trug eine aus der Mode gekommene Windjacke und schützte ihr Gesicht mit einem Fächer vor neugierigen Blicken.
„Herr General Zarkos“, sagte sie, „ich bedanke mich für das großzügige Angebot. Ich möchte jedoch mit absoluter Entschiedenheit darauf drängen, die Prozedur so rasch wie möglich beginnen zu lassen.“
Das Oberste Tribunal der alliierten Volksstrafkammer, unter der Leitung von Generalstaatsanwalt Nikolaos Nikopolidis verurteilte Bundeskanzlerin a. D. Angela Merkel zum lebenslangen Tragen eines Hitler-Bärtchens. Laut Gerichtsurteil sollte die Strafe jedoch zur Bewährung ausgesetzt werden, sobald es der ehemaligen Kanzlerin gelingt, eine Nelke auf das Grab von Rosa Luxemburg und/oder Karl Liebknecht zu legen.
Frau Bundeskanzlerin a. D. klappte den Fächer zusammen und erneut ging ein entzücktes
Raunen durch das Publikum. Das Bärtchen stand ihr wirklich ausgezeichnet. General Zarkos schnippste und der Diener brachte eine feuerrote Blume.
Mit spitzen Fingern und angewiderter Miene nahm Angela Merkel die Nelke an sich, am äußersten Ende des Stiels. Sie atmete schwer und lief einen winzigen Schritt auf die beiden Ehrengräber zu.
„Nur Mut. Wir drücken Ihnen die Daumen. Diesmal schaffen Sie es!“
Sie lief einen weiteren winzigen Minischritt in Richtung Rosa Luxemburg und Big Karl, und dann noch einen, die Nelke tapfer in den Händen haltend, doch dann blieb sie abrupt stehen.
„Na los! Hop, hop.“
Keine Reaktion.
„Nehmen Sie sich ein Beispiel an Joachim Gauck, Verehrteste. Er hat’s gleich auf Anhieb geschafft, und schwupps, schon wurde er sein Bärtchen wieder los. Ein wahres Phänomen, dieser Gauck, biegsam wie Alufolie.“
Die Augen starr auf das Grab von Rosa Luxemburg gerichtet, begann Angela Merkel plötzlich am ganzen Leib zu zittern. „Herr im Himmel, steh mir bei“, stöhnte sie.
„Lassen Sie den lieben Herrgott gefälligst aus dem Spiel“, sagte Papagiannakopoulos. „ER wird Ihnen nicht helfen. ER steht auf unserer Seite.“
„Bravo!“
Der General applaudierte.
„Das hast du gut gesagt, mein Sohn. Morgen spendiere ich dir ein neues Paar Schuhe. Ach, was sage ich da? Ich spendiere dir einen ganzen Lastwagen voller Schuhe.“
Der General, der Hauptfeldwebel und der Diener bekreuzigten sich. Angela Merkel zitterte noch immer. Sie ließ die Nelke zu Boden fallen und rannte voll panischer Todesangst zur Friedhofsmauer. Dort kotzte sie ins Blumenbeet.
„Schade, schade, schade“, sagte der General. „Ich hätte es Ihnen aus dem tiefsten Inneren meines Herzens gewünscht, Verehrteste.“
„Dabei habe ich doch alles gelesen!“, jammerte Merkel und kotzte ein weiteres Mal ins Beet. „Alles. Die Gedichte von Jannis Ritsos. Die Biographie von Erich Mühsam. Die Theorien von Bakunin.“
„Nehmen Sie´s nicht so tragisch, meine Teure. Kommen Sie. Ich begleite Sie zum Hubschrauber. In ein bis zwei Monaten werden Sie Ihre nächste Chance erhalten. Doch bis dahin heißt die Devise: Lesen! Lesen! Lesen!“
Der General zückte ein Taschentuch und tupfte das Bärtchen trocken, welches leicht mit Kotze benetzt war.
„Warum mußten Sie damals eigentlich zurücktreten, Verehrteste?“
„Herr General Zarkos. Das wissen Sie doch ganz genau.“
„Ich würde es aber liebend gerne aus Ihrem Munde vernehmen, meine Teure.“
Die Bundeskanzlerin a. D. blieb stur. Zarkos schnippste und der Diener kam sofort mit
einer Nelke angerannt.
„Dieses törichte Telefonat“, sagte sie rasch. „Dieses Telefonat, welches ich mit dem französischen Präsidenten führte …“
Sie verstummte. Biß sich auf die Lippen.
„Und weiter?“
„Das Telefonat wurde heimlich mitgeschnitten und veröffentlicht.“
„Was war die Kernaussage des besagten Telefonats, meine Verehrteste? Die Quintessenz?“
„Herr General. Ich bitte Sie. Quälen Sie mich nicht unnötig.“
General Zarkos wedelte mit der Nelke.
„Ich forderte darin vehement und mit aller Entschiedenheit den sofortigen Austritt Griechenlands aus der Eurozone.“
„Und deswegen mußten Sie zurücktreten?“
„Nein …“
Schweigen.
„Sondern?“
„Als Entschädigung sollten die Griechen die D-Mark erhalten.“
„Was bei der deutschen Bevölkerung einen Sturm der Entrüstung auslöste. Ihre bis dato
rekordverdächtige Beliebtheit sank ins Bodenlose. Tja, und jetzt zahlt jeder von uns seine Brötchen mit der guten alten Drachme.“
Angie Merkel saß mittlerweile im Hubschrauber und General Zarkos knallte die Tür mit voller Wucht zu. Der Pilot, ein furchteinflößender Hüne samt gigantischer Narbe unter dem Auge, starrte den General in demütiger Ehrfurcht an. Zarkos spürte sofort, daß irgendetwas im Busch ist.
„Was willst du? Rede.“
„Bitte erweisen Sie mir diese große Ehre, Herr General. Sonst muß ich mir auf der Stelle die Pulsadern aufzuschneiden.“
Der Pilot überreichte dem General ein kleines Büchlein. Es war der Gedichtband des wohl größten Lyrikers aller Zeiten. Titel: Der ewig tropfende Wasserhahn im Irrsinn des Zufalls. Verfaßt von Aristotelis J. Zarkos.
Der General zückte einen Kugelschreiber.
„Du elender Sprößling einer Eselsfamilie. Warum mußt du mich hier vor allen Leuten bloßstellen?“
Mit elegantem Schwung setzte er eine Widmung ins Büchlein und zeichnete anschließend ein kleines Selbstporträt. Ja, der General schrieb nicht nur staatstragende Gedichte, er war zudem auch noch ein begnadeter Künstler.
Seine Männer salutierten.

Teil 3

Fünf-Sterne-General Aristotelis Zarkos blickte auf die Uhr. Noch drei Minuten bis zum akademischen Viertel. Der große Held der Schlacht um Berlin hielt einen schweren Benzinkanister in der Hand. Er paffte Zigarre und marschierte Richtung Hörsaal. Das Wetter auf dem Campus der Freien Universität hätte besser nicht sein können. Die Sonne bewarb sich wohl um den Friedensnobelpreis, so sehr verwöhnte sie den General mit ihren warmen Strahlen.

Der Hörsaal platze aus allen Nähten. Die Studenten warteten seit Stunden auf den Vortrag des Gastdozenten, sie prügelten sich um die besten Plätze und einige trugen Brüche davon. Alles junge, hochgelobte Schriftsteller, die ihre Texte handwerklich perfekt, mit der technischen Präzision einer Schweizer Uhr verfaßten. Unnötig zu erwähnen, daß sie allesamt wünschten, der General möge ihnen den einen oder anderen geheimen Trick verraten.
Plötzlich ertönte Beethovens Coriolan-Ouvertüre aus dem Lautsprecher in der Decke. General Zarkos betrat den Saal und sofort brach frenetischer Jubel aus. Er signierte ein paar seiner Gedichtbände und vertröstete den Rest der Studenten auf später. Auf dem Rednerpult lagen fünfzehn bis zwanzig Biographien berühmter Literaturkritiker.
Zarkos setzte sich die Lesebrille auf, rückte diese zurecht und übergoß die Kritiker mit Benzin. Dann drückte er seine Zigarre auf den Biographien aus. Der Saal wurde von einer ohrenbetäubenden Explosion erfüllt. Selbst die Sonne, da oben am Himmel erstarrte in Ehrfurcht. Anschließend herrschte Stille. Die schönste Stille, die die menschliche Spezies je vernommen hat.
„Ihr, die ihr vor mir versammelt seid, um Literatur in die Welt zu setzen“, sagte der General und betrachtete die anwesenden Jungschriftsteller. „Ich verbiete euch zum Stift zu greifen!“ Der General ließ eine kleine Kunstpause. Ja, auch er verstand sein Handwerk ausgezeichnet.
„Besetzt ein Haus und legt euch anschließend mit den Hausbesetzern an. Geht in die Wüste, aber meidet angesagte Orte. Laßt euch einen Bart wachsen und schneidet euch regelmäßig die Fußnägel. Tief hinein ins Fleisch, so daß jeder gottverdamme Schritt schmerzt. Geht Schnee schippen. Den ganzen Winter über. Vier Monate lang. Zehn Stunden täglich, mit Pappe in den Sohlen eurer löchrigen Schuhe. Bei eisiger Kälte. Bis euer Verstand einfriert. Bis eure Finger jenes köstliche Blau annehmen, krumm sind und steif. Spaziert nach diesen vier Monaten ins Büro der Firma, um eure Moneten zu verlangen, mit einer Handgranate im Rucksack und findet einen leeren Raum vor. Ernährt euch von Wurzeln. Von einer einzigen Wurzel am Tag. Bis das letzte Loch eures Gürtels endlich erreicht ist. Und dann erst, ich wiederhole, dann erst, in fünfzehn bis zwanzig Jahren dürft ihr zum Stift greifen.“
„Herr General“, sagte ein Student mit extravaganter Frisur. „Ich habe reiche Eltern. Ich brauche mich nicht von Wurzeln zu ernähren. Mein Vater ist Chefarzt. Meine Mutter preisgekrönte Architektin.“
„Dein Gesicht kommt mir bekannt vor, Bürschchen.“
„Ich habe bei Suhrkamp meinen ersten Roman veröffentlicht.“
„Wovon handelt Dein Roman? Sprich, Bürschchen.“
„Von den Knöpfen an meinem Pullover.“
General Zarkos schnipste und zwei Soldaten stürzten sich auf den Studenten. Sie zerrten ihn aus dem Saal und kurze Zeit später waren Schreie zu hören.
„Herr General Zarkos“, sagte eine Studentin. „Ist das der Grund weshalb Sie das Leipziger Literaturinstitut in die Luft sprengen ließen?“
„In die Luft sprengen ist noch stark untertrieben, Schätzchen.“
„Ein Gerücht besagt, daß Ihnen die damalige Leitung des Leipziger Literaturinstituts den dringenden Rat gab einen Auffrischungskurs in Rechtschreibung und Zeichensetzung zu
belegen.“
Diesmal brauchte der General nicht zu schnipsen. Die Soldaten stürzten sich sofort auf die Studentin und führten sie ab. Erneut waren Schreie zu hören, gefolgt von Backpfeifen.
„Ist hier noch jemand der Meinung, daß ich einen Auffrischungskurs in Rechtschreibung und Zeichensetzung benötige?“
Allgemeines Schweigen. General Zarkos kaute auf dem Bügel seiner Lesebrille rum. Er lief durch die Reihen und musterte die jungen Schriftsteller.
„Du da“, sagte er, „wovon handelt Dein Roman?“
„Vom Kakadu in meiner Küche.“
„Und Dein Roman? Wovon handelt Dein Roman?“
„Von den Zügen, die immer verspätet sind.“
„Und Dein Roman?“
„Ich habe noch kein Thema. Ich schwanke zwischen …“
„Halt die Klappe.“
Er deutete auf einen Studenten im Hawaii Hemd: „Und Du?“
„Ich schreibe einen Roman über den elften September.“
„Über den elften September Neunzehnhundertdreiundsiebzig?“
„Hä? Neunzehnhundertdreiundsiebzig? Warum Dreiundsiebzig?“
General Zarkos massierte sich die Schläfe. Er spürte es bereits. Eine leichte Migräne war im Anflug. Er ließ sämtliche Studenten an die Wand stellen und verpaßte jedem einzelnen Nachwuchsschriftsteller höchstpersönlich eine saftige Ohrfeige. Anschließend wurde der komplette Saal ins Internierungslager überführt. Der General zündete sich eine Zigarre an und erklärte den Vortrag für beendet.
Man schrieb das Jahr 2027. Deutschland wurde in einem fünftägigen Blitzkrieg in die Knie gezwungen. Überrumpelt durch einen plumpen Taschenspielertrick. Ja, die heilige Allianz der verbündeten Balkanvölker Griechenlands, Albaniens, Serbiens, Bulgariens usw. kannte sich bestens aus im Hütchenspiel.
Am Tag der bedingungslosen Kapitulation ließ General Zarkos umgehend die Mauer wiedererrichten. Diesmal wurde Berlin nicht nur in Ost und West, sondern auch noch zusätzlich in Nord und Süd geteilt. Sicher ist sicher.
Doch die bedeutendste Attraktion der Stadt war zweifelsohne der gigantische Käfig auf dem Oranienplatz. Darin wurden diverse Säulen des gestürzten Systems zur Schau gestellt. Hilmar „Peanuts“ Kopper. Giovanni di Lorenzo. Jan Josef Liefers. Nur um einige zu nennen.
Gefüttert wurden sie übrigens mit Kaviar. Kaviar zum Frühstück. Zu Mittag. Als Abendbrot. Kaviar Rund um die Uhr. Jeden Tag Kaviar, nichts als Kaviar. Kein Wunder, daß die Volksgefangenen geschlossen um sofortige Hinrichtung baten. Am liebsten durch die Guillotine.
Im großen Hörsaal der Freien Universität war es nun mucksmäuschenstill, man konnte nur das Klappern von Schachfiguren hören. General Zarkos spielte die elfte Partie des Jahrhundertmatchs zwischen Boris Spasski und Bobby Fischer nach, selbstverständlich auswendig. Mit Spasskis schwarzem Bauern setzte er gerade den weißen König von Bobby Fischer schachmatt, als Hauptfeldwebel Papagiannakopoulos den Hörsaal betrat.
„Mein General“, sagte er und salutierte. „Horst Herold bittet um Audienz.“
„Horst Herold … Horst Herold … der Name sagt mir was. Hilf mir auf die Sprünge.“
„Jawohl, mein General. Horst Herold. Präsident des Bundeskriminalamts. Symbolfigur der Terrorismusbekämpfung in den Siebzigern. Legte sich mit Baader, Meinhof, Ensslin an und brachte sie schließlich hinter Schloß und Riegel.“
„Der müßte doch schon längst tot sein.“
„Nein, mein General. Laut Geheimdienstinformation erfreut er sich allerbester Gesundheit.“
„Was will er?“
„Keine Ahnung, mein General.“
„Na gut. Möge er eintreten.“
Horst Herold, 1923 geboren und damit stolze 104 Jahre alt, tuckerte in einem mobilen Rollstuhl durch den Saal. An seinem karierten Sakko baumelte das Bundesverdienstkreuz. Er sah erstaunlich jung aus. Wenn man es nicht besser wüßte, so hätte man ihn für höchstens 60 gehalten.
„Wie machen Sie das?“ fragte der General.
„Sie meinen die glatte Haut?“ Der General nickte.
„Betriebsgeheimnis.“
„Ich brauche wohl nicht zu fragen, ob …“
„Stammheim nun Mord war oder nicht? Nein, dies brauchen Sie mich tatsächlich nicht zu fragen.“
„Betriebsgeheimnis?“ Horst Herold nickte.
„Sie gefallen mir, alter Mann“, sagte der General, und Rollstuhl hin oder her, er schlug seinem Gegenüber mit vollem Karacho auf die Schulter. „Sie gefallen mir sogar außerordentlich.“
Herold kramte eine Zigarette aus seinem Sakko.
„Was führt Sie zu mir?“, fragte der General und gab dem alten Mann im Rollstuhl Feuer.
„Ich möchte Ihnen helfen.“
„Mir helfen?“
„Der deutsche Widerstand wird sich formieren. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis überall Bomben hochgehen. Auf Hochzeiten. Vor Tankstellen. In Supermärkten. Bedenken Sie nur die betrüblichen Ereignisse im Irak, in Afghanistan, in Libyen, welche noch bis zum heutigen Zeitpunkt anhalten. Ich möchte Ihnen als Berater im Kampf gegen den Terrorismus zur Seite stehen.“
Zarkos schnipste und der Diener brachte eine Flasche Wein. „Aaah!“ sagte der General. „Der gute Chambertin. Napoleons Lieblingswein.“ Der Diener schenkte dem General und seinem Gast äußerst großzügig ein. Zarkos nippte nur leicht am Glas und war augenblicklich begeistert.
„In meinem ganzen Leben habe ich nie etwas Besseres gekostet. Ich glaube mich zu entsinnen, daß sich Napoleon diese göttliche Sorte jeden Tag genehmigte.“
„Absolut richtig, verehrter General“, sagte der Diener.
„Jeden Tag. Sogar auf St. Helena.“
„Dieser verfluchte Glückspilz.“
Horst Herold jedoch rührte sein Glas nicht an.
„Beate Zschäpe“, sagte er, „Beate Zschäpe ist gerade dabei einen neuen NSU aufzubauen.“
„Moment“, zischte der General und rief lautstark Hauptfeldwebel Papagiannakopoulos zu sich. „Stimmt es, daß Zschäpe auf freiem Fuß ist? Und wenn ja, wie ist das möglich?“
„Melde gehorsamst, Zschäpe besuchte im Gefängnis regelmäßig den Gottesdienst und der damalige Bundespräsident Pastor Gauck war davon so gerührt, daß er vorzeitige Haftentlassung anordnete.“
„Das muß ich wohl verpaßt haben.“
„Mein General. Kein Wunder. Die plötzliche Begnadigung der NSU-Terroristin wurde taktisch geschickt an jenem Tag verkündet, als die deutsche Fußballnationalmannschaft sang- und klanglos als Gruppenletzter aus dem WM-Turnier flog.“
„Ich verstehe. Die gesamten Medien des Landes stürzten sich auf dieses Ereignis, auf diese nationale Schande, so daß Zschäpe durch die Hintertür entkommen konnte.“
General Zarkos schlug mit voller Wucht auf den Tisch und sämtliche Schachfiguren krachten zu Boden. Der alte Mann im Rollstuhl wiederum zog einen Zettel aus seinem Sakko und überreichte es dem General.
„Herr General Zarkos. Ich habe hier ein Strategiepapier erarbeitet, wie wir dem drohenden Terror am effektivsten …“
„Immer mit der Ruhe, Horst“, sagte Zarkos, „ich darf doch Horst sagen? Ich bedanke mich für Ihr Engagement. Jedoch prophezeie ich Ihnen hiermit, daß in diesem Land keine einzige Bombe hochgehen wird. Und ich verrate Ihnen auch weshalb.“
Der General genehmigte sich einen weiteren Schluck. „Ahh! Dieser Napoleon. Was für ein Prachtkerl! Ein Mann, der das Leben bis zur Neige ausgekostet hat. Ich gehe jede Wette ein, daß er griechische Vorfahren hatte. Wo waren wir stehen geblieben? … Ach, ja. Wir sind nicht in dieses Land eingeritten, um auf die Bevölkerung zu scheißen, so wie die Amis in Afghanistan, im Irak und dann später in Puerto Rico. Im Gegenteil. Wir haben die gesamte Bevölkerung dieses Landes mit einer einzigen, recht simplen und doch effektiven Maßnahme auf unsere Seite gezogen.“
„Sie meinen doch nicht etwa die Verstaatlichung sämtlicher Betriebe und Dienstleister bei flächendeckender Einführung des Mindestlohns in Höhe von umgerechnet Siebenundneunzig Euro Dreiunddreißig?“
„Doch. Genau das meine ich.“
„Herr General Zarkos. Das ist doch Wahnsinn. Absoluter Wahnsinn!“
„Und weshalb, wenn ich fragen darf?“
„Das … Das … Das können Sie doch niemals finanzieren!“
„Sicher?“
Der General drehte das Strategiepapier um und kritzelte eine gigantische Summe mit unglaublich vielen Nullen auf die Rückseite, dann gab er es dem ehemaligen Präsidenten des Bundeskriminalamts zu lesen.
„Das ist das Privatvermögen der dreihundert reichsten Familien Deutschlands, welches vom Alliierten Kontrollrat beschlagnahmt und zum Volkseigentum erklärt wurde.“
Keine Frage. Horst Herold war baff. Man konnte es genau erkennen.
„Mit diesem exorbitanten Betrag hätte ich jetzt nicht gerechnet“, sagte er. „Dennoch, in acht bis zehn Jahren ist auch diese Summe verbraucht.“
„In sieben Komma fünf, um genau zu sein.“
„Da haben Sie es!“ rief Herold triumphierend. „Ab diesem Moment ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis die erste Bombe hochgeht.“
Der General sah auf die Uhr. „Einen Augenblick bitte“, sagte er und krallte sich die Fernbedienung. „Jetzt müßte es allmählich soweit sein.“
Zarkos knipste das Radio an und aus dem Lautsprecher in der Decke dröhnte eine Sondermeldung. „Bern. Nach kurzen, aber heftigen Kämpfen konnten die Sinti- und Roma-Brigaden unter Führung von Oberstleutnant Elvis Eugenio Entrescu auch die letzte von der Schweizer Garde gehaltene Bastion erobern. Den Züricher Finanzdistrikt. Die Vereinten Nationen zeigen sich tief bestürzt und verurteilen die Annektion der Schweiz aufs schärfste, blah, blah, blah und fordern den sofortigen blah, blah, blah. Sämtliche Geheimkonten aller Schweizer Banken wurden beschlagnahmt und in Volkseigentum umgewandelt. Nach Informationen des Alliierten Kontrollrats verfügen die KIBZ – Kapitalismus Imperialismus
Befreite Zonen somit über ein Volksvermögen in Höhe von …“
Der Nachrichtensprecher benötigte etwa fünf Minuten um die Summe vorzulesen. General Zarkos knipste das Radio wieder aus.
„Na also. Das dürfte für etwa drei- bis viertausend Jahre reichen. Dann schauen wir weiter. Wenn Sie wollen, können wir uns dann erneut treffen. Ich bin für jede Hilfe dankbar.“
Plötzlich wurde die Tür aufgerissen und Papagiannakopoulos stürmte in den Saal. Er war völlig außer Puste und sichtlich erregt.
„Mein General. Laut Geheimdienstinformation wollte Zschäpe in der Kneipe Zum Neuen Henker, Schöneweide Mitglieder für ihre Terrororganisation anwerben. Sie wurde jedoch von den Gästen der Kneipe äußerst brutal zusammengeschlagen, so daß sie kurze Zeit später ihren Verletzungen erlag.“
Das war eindeutig zu viel für Herrn Herold. Er griff sich an die Brust, röchelte kurz und rutschte anschließend aus seinem Rollstuhl. Tod durch Herzinfarkt.
„Mensch, Horst“, sagte der General, „was machst du denn für Sachen?“
General Zarkos erhob sich aus seinem Sessel, beugte sich zu Horst Herold hinab und drückte ihm die Augenlider zu.
„Ein großer Mann, mit großen Idealen. Schade. Ich hätte ihn gut gebrauchen können“, sagte er und fummelte anschließend das Bundesverdienstkreuz ab. Zarkos schnipste und der Diener kam sofort angelaufen.
„So. Jetzt bin ich mal gespannt, ob Du wirklich so schlau bist, wie Du immer vorgibst.“
„Verehrter General, ich weiß nicht worauf Sie hinauswollen.“
„Sei Still, Du Esel. Und beantworte meine Frage. Woher habe ich die Information, daß es sich beim Chambertin um Napoleons Lieblingswein handelt? Na? Woher? Überlege gut, denn bei falscher Antwort schicke ich Dich nach Bremen zu den Stadtmusikanten.“
„Besagte Information müssen Sie wohl einem Roman von Henry Miller entnommen haben. Der Chambertin, vielmehr der Gevrey-Chambertin wird in einem Gespräch zwischen Miller und seiner damaligen Ehefrau Mona thematisiert, verehrter General. Zu finden in der Trilogie The Rosy Crucifixion. Genauer gesagt im letzten Teil Nexus, und zwar auf Seite …“
„Ja, ja … ist ja gut.“
Fünf-Sterne-General Aristotelis J. Zarkos winkte seinen Diener etwas näher zu sich ran.
„Den hier hast Du dir mehr als verdient, mein Sohn“, sagte er und verlieh ihm das Bundesverdienstkreuz.
„Lang lebe die Literatur!“ rief der General. Seine Männer salutierten.

Teil 4

Auf der Glasscheibe an der Tür stand mit abblätternder Farbe: Aristotelis J. Zarkos – Fünf-Sterne-General. Die schäbige Tür befand sich am Ende eines schäbigen Gangs. Direkt neben dem Büro eines Import-Export Ladens für türkische Musikkassetten. General Zarkos saß an seinem Schreibtisch. Er trank Bourbon und hielt einen Original Brief aus dem Jahr 1920 von Louis-Ferdinand Céline in der Hand.

Es war heiß in der Stadt. Viel zu heiß. Der Ventilator an der Decke drehte einsame Runden. Im Raum roch es nach Pferdestall. Es mußte dringend gelüftet werden, aber für diese Lappalie hatte der General keine Zeit. Mit äußerster Vorsicht zog Zarkos den Brief aus dem Umschlag. Die Schrift war bereits vergilbt, doch man konnte noch immer Célines Kraft und Wut spüren.
Der General überflog einige Passagen, bis er endlich die gesuchte Stelle entdeckte. „Es gibt einen verdammt viel größeren Unterschied zwischen einem französischen Bourgeois und einem armen Gallier als zwischen einem reichen Franzosen und einem opulenten Teutonen.“
Zarkos schüttelte den Kopf. „Der gute L.F.C.“, dachte er. „Gelobt von Stalin. Bewundert von Trotzki, und dann der Pakt mit dem Teufel.“
Der General legte den Brief zurück in die Schublade. Er goß Bourbon nach und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Diese verfluchte Hitze. Sie klebte auf der Haut, wie ein gieriger Blutegel auf der Schußwunde. Plötzlich vernahm er ein verdächtiges Geräusch. Zu dieser späten Stunde hatte niemand einen Termin. Allergrößte Vorsicht war geboten. Zarkos tastete unauffällig nach der 45er.
„Die brauchen Sie nicht“, fauchte eine Stimme. Er blickte zur Tür. Ou là là! – Eine schnieke Puppe stand dort. Knallroter Lippenstift. Blonde, hochgesteckte Haare. Enges, asiatisches Seidenkleid. Sie kramte eine Filterlose aus ihrem Handtäschchen und stolzierte zum Schreibtisch. Der General starrte ziemlich unverschämt auf ihre Beine, besonders, als sie sich auf einen freien Stuhl setzte und diese übereinanderschlug.
„Feuer bitte“, sagte sie. Sie beugte sich zu Zarkos rüber und der General entflammte ein Streichholz. „Hier müßte mal dringend gelüftet werden.“ Zarkos zündete sich ebenfalls eine an und gab keine Antwort. „Und starren Sie gefälligst woanders hin.“ – „Aber nur, wenn sie mir Ihren Namen verraten“, sagte der General und pustete Rauch in die Luft.
„Tut mir leid. Das wird nicht möglich sein.“
„Und weshalb, wenn ich fragen darf?“
Sie zog genüßlich an ihrer Zigarette.
„Sie müssen verstehen, Mr. Zarkos, daß dieser Auftrag äußerste Diskretion verlangt.“
„Auftrag?“
„Ich möchte, daß Sie jemanden für mich finden. Oder besser gesagt: etwas. Etwas für mich finden. Etwas, was schon vor langer Zeit verloren ging.“
„Hören Sie. Sie verwechseln mich. Ich bin General und kein …“
„Papperlapapp. Sie sind genau der Richtige für diesen Auftrag.“
Sie drückte die Zigarette auf dem Schreibtisch aus und fischte einen Umschlag aus ihrer Tasche.
„Das Überleben der Menschheit hängt von Ihnen ab, Mr. Zarkos. Finden Sie die Zärtlichkeit der Völker. Finden Sie sie! Sonst ist alles verloren.“
„Zärtlichkeit der Völker? Soll das etwa eine Anspielung sein auf das berühmte Zitat von …“
Sie nickte. Der General öffnete den Umschlag und zog ein höllisch schweres Dokument heraus. Sämtliche Kriege der Menschheit waren darin aufgelistet. Es schien, als ob die Völker der Erde nichts besseres zu tun haben, als ständig Krieg gegeneinander zu führen. Gab es wenigsten ein Jahr der Ruhe und des Friedens?
Nein. Mit aller Sorgfalt ging Zarkos die Liste durch und mußte feststellen, daß stets irgendwo Blut floß. Seit mehr als 5.000 Jahren rollten ununterbrochen Köpfe, stürzten Häuser ein, wurden Messer in Bäuche gerammt. Phönizier gegen Ägypter, Griechen gegen Perser, Römer gegen Germanen, die Kreuzzüge, die Schlacht bei Waterloo, die Opiumkriege, der Sezessionskrieg, Verdun, Stalingrad, die Atombombe, Vietnam, Afghanistan, Kuweit, Jugoslawien, wieder Afghanistan, usw., usw., usw., Israelis gegen Palästinenser, Sunniten gegen Schiiten, Ukrainer gegen Russen, etc.,etc., pp.
Dem General wurde schlecht. Er stand kurz davor ans Fenster zu torkeln, um auf die Straße zu kotzen. „So geht das nicht mehr weiter“, sagte er und schlug mit voller Wucht auf den Tisch. „Es wird allerhöchste Zeit! Die Solidarität, die von Comandante Ernesto Che Guevara gepriesene Zärtlichkeit der Völker muß unter allen Umständen gefunden werden.“ Aber diesmal war es der General, der keine Antwort erhielt. Seine Auftraggeberin war spurlos verschwunden. Sie hatte sich in Luft aufgelöst.
Man schrieb das Jahr 2027. Die Fahne der griechischen Republik wehte vor dem Reichstag. Niemand hätte dies für möglich gehalten, aber so war es. Deutschland, besiegt durch die ruhmreiche Balkan-Koalition der Griechen, Albaner, Bulgaren, Serben, Bosnier, Sinti und Roma, usw., erlebte seine zweite Stunde Null. Dieses merkwürdige Land der Dichter, Denker und Diktatoren wurde mal wieder in Besatzungszonen zerstückelt, aber im Gegensatz zu damals bekamen die Besatzungsmächte diesmal auch noch die Schweiz, Liechtenstein und den Ballermann. Der Himmel über Berlin färbte sich allmählich dunkelschwarz. Dicke Gewitterwolken waren im Anmarsch.
Von seinem Büro in der 20. Etage blickte General Zarkos auf die Straße, aber von der Schönheit im asiatischen Seidenkleid war weit und breit nichts zu sehen. Sollten auch sämtliche Kloaken der Erde auf ihn niederprasseln. Egal. Er war fest entschlossen ihren Auftrag auszuführen. Er brannte darauf. Die Völker der Erde hatten sich schon viel zu lange gegenseitig zerfleischt. Damit mußte ein für alle mal Schluß sein!
Plötzlich wurde die Tür aufgerissen und Hauptfeldwebel Papagiannakopoulos stürmte mit energischen Schritten hinein. Zarkos freute sich außerordentlich, seinen besten Mann zu sehen. „Sehr gut, daß du da bist. Hör zu. Wir müssen dringend sämtliche Hebel in Bewegung setzen, um die Zärtlichkeit …“
Papagiannakopoulos jedoch verschaffte sich mit einer barschen Handbewegung Gehör. „Ich unterbreche nur ungern, aber laut Geheimdienstinformation wird in der BBZ – Bulgarischen Besatzungszone seit geraumer Zeit Griechischer Schafskäse als Bulgarischer Schafskäse ausgegeben. Ein absoluter Affront! Ich bin nicht mehr länger gewillt, diese Provokation hinzunehmen. Es wird Konsequenzen geben. Harte Konsequenzen!“
„Was soll das heißen?“, fragte Zarkos etwas verwirrt.
„Was das heißen soll? WAS DAS HEISSEN SOLL? Es heißt, was es heißt. Nicht mehr und nicht weniger“, knurrte der Hauptfeldwebel und marschierte hinaus.
Das Telefon klingelte. Generalmajor Konstantin Konstantinov war am anderen Ende der Leitung. Chef der Obersten Armeeführung der BBZ – Bulgarischen Besatzungszone. Das traf sich gut. General Zarkos wollte die Gunst der Stunde nutzen und umgehend die Wogen glätten. Ein Kinderspiel. „Hör mal, Konstantin. Was macht ihr denn da für einen Quatsch? Warum …“
„Herr General Zarkos. Ich möchte Sie hiermit in Kenntnis setzten, daß die BBZ nicht mehr länger bereit ist, Hit the road Jack zu ertragen. Sollten die Sinti-und-Roma-Brigaden das Spielen des besagten Liedes bis heute Mitternacht nicht einstellen, dann kann für nichts mehr garantiert werden. Für nichts! Haben wir uns verstanden!?“ Generalmajor Konstantinov beendete das Gespräch.
Irgendetwas geriet da gerade außer Kontrolle. Und zwar mächtig. Dem General blieb keine einzige Sekunde zum Verschnaufen. Erneut wurde die Tür aufgerissen und der Diener betrat den Raum. Ohne anzuklopfen. Wie gesagt, es ging drunter und drüber. „Sag mal. Wer hat dir diese Manieren beigebracht, du elender Sohn eines …“
„Hier. Ein Telegramm für Sie. Aus dem Sinti-und-Roma-Protektorat Südbayern und Mittelostschwaben. Absender Oberstleutnant Elvis Eugenio Entrescu.“
Zarkos begann zu lesen. „Ultimatum soeben abgelaufen – Stopp – Verlangten eine Erklärung, daß Kultur der Sinti und Roma älter und ruhmreicher als Kultur der Griechen ist – Stopp – Dies ist nicht geschehen – Stopp – Herr General Zarkos, wir sind von nun an geschiedene Leute – Stopp – Sinti-und-Roma-Brigaden erklären hiermit der GBZ – Griechischen Besatzungszone den Krieg – Stopp – Hochachtungsvoll E.E.E.“
„Alles in Ordnung?“, fragte der Diener.
„Nein. Nichts ist in Ordnung. Ich brauche dringend eine Kopfschmerztablette.“
„Tut mir leid, aber das interessiert mich nicht mehr. Ich habe vor einigen Minuten meine Kündigung eingereicht.“
Ja, es lief einfach alles schief. Dem General blieb nur noch eine letzte Möglichkeit, um seine heilige Mission zum Erfolg zu bringen. Er schickte den Diener hinaus, öffnete eine neue Flasche Bourbon und krallte sich das Telefon. Er stand am Fenster. Er trank direkt aus der Flasche und wählte die Nummer für den äußersten Notfall. Ein Blitz krachte vom Himmel und traf den Berliner Dom. Die Kuppel fing augenblicklich Feuer. Kurz danach wurde auch der Fernsehturm von einem Blitz getroffen. Dieser war so stark, daß das Wahrzeichen der Stadt zu Boden stürzte und die Weltzeituhr unter sich begrub.
Zarkos mußte mindestens dreißig mal bimmeln lassen, bis Jannis Poptrandov endlich ans Telefon ging. „Du klingst müde“, sagte der General.
„Bin ich auch. Ehefrau. Tochter. Job. Alles unter einen Hut bringen. Und dann auch noch rechtzeitig Texte abliefern. Mein lieber Scholli, das schlaucht ganz schön. Außerdem habe ich Rückenschmerzen.“
„Warum das denn?“
„Bin von der letzten Abwärts!-Lesung in Neukölln völlig betrunken und verqualmt heimgekehrt, so daß mich meine Frau auf die Couch verbannt hat. Naja, Schnee von gestern. Und was gibt’s neues bei dir?“
„Ich bin auf der Suche nach der Zärtlichkeit der Völker und du bist meine letzte Hoffnung.“
„Zärtlichkeit der Völker? Was soll das sein?“
„Ist ein Zitat von Che. Solidarität ist die Zärtlichkeit der Völker.“
„Solidarität der Völker? Das ist doch völliger Humbug. Eine Solidarität unter den Völkern dieser Erde hat es nie gegeben, Aris. Und die wird es auch nie geben. Nicht in hundert, nicht in tausend Jahren. Es ist ein lächerlicher Mythos. Genauso, wie der Weihnachtsmann oder Loch Ness.“
„Was macht dich da so sicher?“
„Ich war letztens im Zoo und da waren diese Affen, sie tobten wild durcheinander, planlos, ziellos und sobald sie sich in die Quere kamen, fauchten sie sich an. Sie kletterten auf die künstlich angelegen Bäume und warfen Äste auf die anderen Affen herab. Sie fielen über die Weibchen her, penetrierten diese. Sie krallten sich Steine und brüllten und brüllten und ließen die Steine bedrohlich über ihren Köpfe kreisen, und ein großer, kräftiger Affe, zweifelsohne der Anführer, biß einem kleinen Affen in den Rücken, nur weil dieser an seine Früchte wollte, und mir wurde augenblicklich klar, daß die Menschen nie in Frieden miteinander leben werden. Nie! Denn es gibt nur einen einzigen Unterschied zwischen den Menschen und diesen hysterischen Affen. Hörst du, Aris? Nur EINEN einzigen! Wir Menschen spülen unsere Scheiße in die Kanalisation. Aber damit hört’s auch schon auf. Mehr Unterschiede gibt es nicht.“
„Das war’s dann also mit unserer Geschichte?“, fragte der General.
„So sieht’s aus, Amigo. Die General-Zarkos-Saga ist hiermit beendet.“
„Schade eigentlich. Aber kann man nix machen. Vielleicht treffen wir uns mal auf’n Bierchen in der Rumbalotte.“
„Sehr gerne.“
„Also, bis dann.“
„Bis dann“, sagte Poptrandov und legte auf. General Zarkos stand noch immer am Fenster und sah einen weiteren Blitz in die Stadt krachen. Diesmal traf es das Brandenburger Tor. Innerhalb weniger Sekunden blieb nur noch Staub übrig. Dann folgte auch schon der nächste Blitz. Das Rote Rathaus hatte nicht die geringste Chance. Zarkos nippte am Bourbon und beobachtete einen Haufen Politiker, die aus dem zerstörten Gebäude rannten. Mit aufgeplatzten Gesichtern, ramponierten Schultern, zerquetschten Händen. Sie litten Todesqualen und schrien um Hilfe. Und der General, da oben in seiner 20. Etage? Er lachte und lachte und lachte.

Jannis Poptrandov ist 39 Jahre alt. Halb Grieche, halb Bulgare. Oder umgekehrt?

Der Text ist auch in unserer Zeitschrift Abwärts!, Ausgabe 1, 2, 3 erscheinen.