aus telegraph 6/1989, vom 27. Oktober 1989
Bei einer außerordentlichen Leitungssitzung in Buna unterbreitete ein Vertreter der SED-Bezirksleitung Halle Auszüge aus einem Fernschreiben von Egon Krenz.
Die Situation im Lande spitze sich zu. Es würden Eskalationen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften erwartet. Die Demonstrationen nähmen einen immer aggressiveren Charakter an. Reaktionäre versuchten jetzt das Zentrum des Aufbegehrens in das „rote Herz der Arbeiterbewegung“, nach Halle zu tragen. Von Seiten des Staates sei am Montag dem 30. Oktober eine Demonstration von Kommunisten auf dem Hallmarkt geplant (also genau am Tag und zum Zeitpunkt der üblichen AktionstagDemonstration in Halle). Truppenteile der Kampfgruppe sollen in Zivil teilnehmen. Die Demo soll den Charakter eines Sternmarsches tragen. Das Motto sei: „Rote Fahnen gegen weiße Kerzen.“ Der Demonstration solle eine Ansprache eines noch nicht feststehenden SED-Politikers auf dem Hallmarkt folgen.
Vorgetragen wurde dann folgender Maßnahmenkatalog:
1. Die Straßen dürfen „nicht dem Pöbel (Red: wörtlich!) überlassen werden“
2. Großkundgebungen auf dem Hallmarkt
3. Namentliche Meldung der Teilnehmer. Von den Genossen wird Teilnahme verlangt, von den Parteilosen erwartet.
Abschließend führte der Bezirksleitungsvertreter aus, Jugendliche mit Plakat sollten folgendermaßen behandelt werden (Red.: wörtlich): „Der Arbeiter geht hin, haut ihm eine drauf und nimmt das Plakat weg.“
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