aus telegraph 6/1989, vom 27. Oktober 1989
Diese alte Taktik von Machthabern aller Zeiten versuchte am Mittwoch auch das Polizeipräsidium Berlin. Polizeipräsident Friedhelm Rausch führte Journalisten Videos von der Demonstration von der Berliner Demonstration gegen die Wahl von Egon Krenz am Dienstag vor. Zwischen 17 und 23 Uhr seien bis zu 12.000 Menschen auf der Straße gewesen. Ein harter Kern von Demonstranten habe die Ruhestörung gesucht und jeden Dialog abgelehnt. Sie hätten offenbar getestet, wieweit sie das öffentliche Leben in die Hand bekommen. Im Stadtzentrum sei der Verkehr völlig blockiert gewesen. Die Polizei habe äußerste Zurückhaltung geübt. Rausch versuchte die Demonstration in einen „guten“ und einen „bösen“ Teil zu trennen. Ab 18.45 Uhr hätten sich friedliche Demonstranten in der Nähe des Alexanderplatzes aus dem Zug gelöst. Von den noch verbleibenden Demonstranten seien im Laufe der weiteren Ereignisse Soldaten angespuckt worden und ihnen „Aufhängen“ angedroht worden. Nach diesen offensichtlichen Lügen drohte Rausch an, daß künftig nicht genehmigte Demonstrationen, die den Straßenverkehr in diesem Ausmaß behinderten, verhindert werden.
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