(Aus: „Informationsdienst Computer & Medien“)
aus telegraph 10/1990
Da Speichelspuren ausreichen, um eine Gen-Analyse durchzuführen, dürfte die angeleckte Briefmarke zum Träger des „genetischen Fingerabdrucks“ werden. Die DNS-Analyse wird bereits beim BKA praktiziert, technische Gerätschaften für die Analyse stehen bereit. Durch gezieltes Abfangen von Briefen könnte somit das Rohmaterial für eine DNS-Analyse der Speichelspuren auf der Briefmarke beschafft und so eine Datei über DNS-Profile ausgewählter Personen angelegt werden. Darüber hinaus können einige interessante genetische Prädispositionen, die als medizinisch sensible Daten gelten können, ermittelt werden.
Erfahrungsgemäß werden die scheinbar absurdesten Phantasien bei einer Offenlegung der Geheimdienstmethoden durch die Realität noch übertroffen. Für diejenigen, die Mutmaßungen dieser Art stets als Paranoia abtun, sei noch ein kleines wissenschaftliches Zugeständnis angefügt: Die Wahrscheinlichkeit, daß Speichel auf Briefmarken von BKA oder Geheimdiensten für die DNS-Analyse verwendet wird, hängt ab von deren „rechtsstaatlichen Abweichungskoeffizienten“ in Verbindung mit „antidemokratischer Energie“ und „organisatorisch verstärkten Psychopathologien“, wie z.B. die in Deutschland kulturspezifisch verbreitete „collectio kryptomanis“ (Sammelwut). Diese konnte erst kürzlich wieder beobachtet werden, als die Archive der Stasi mit kilometerlangen Aktenbeständen geöffnet wurden.
Alternativ zur kompromittierenden Verwendung menschlichen Speichels bieten sich Mineralwasser, kalter Kaffee, Tee, Limonaden etc. an, die meist auf Schreibtischen herumstehen. Wer den Geheim- dienst verwirren will, nehme zum Anfeuchten der Briefmarken Wodka oder lasse mal eben Hund und Katze bzw. Meerschweinchen und Goldham- ster über das kleine Papier lecken. Im letzteren Fall ist allerdings zu befürchten, daß dann „tierische Eigenschaften“ in der Datenbank des BKA personenbezogen gespeichert werden.