Meldungen

aus telegraph 1/1996 (#92)

„Schwarze Liste“ kursiert in Naumburg

Eine „Naumburger Bürgerinitiative gegen linksextremistische Gewalt“ verbreitet im Raum Naumburg ein Flugblatt mit einer Liste von Namen, Adressen, Telefonnummern, zum Teil auch Autokennzeichen von zwölf Personen, die angeblich für „linksextremistische Gewalt“ verantwortlich seien, gewalttätige Übergriffe planten oder sich in der Öffentlichkeit antifaschistisch geäußert hätten. Aufgeführt sind Personen von Bündnis 90/Die Grünen, von PDS-Abgeordneten und -Mitgliedern des Kreises, sowie vom Bund der Antifaschisten, der als „Drahtzieher für Überfälle“ bezeichnet wird und jedes Jahr zum Workcamp im KZ Buchenwald aufrufe. Die Geschäftsstelle der PDS und der örtliche Jugendtreff sind mit Bild veröffentlicht, ebenso der Vorsitzende der Burgenland-PDS. Die Autoren des Pamphlets fordern die Naumburger Bürgerinnen und Bürger auf, die Aktivitäten der genannten Leute nicht weiter zu dulden, außerdem werden sie zur weiteren Denunziation von Mitbürgern aufgerufen, wörtlich: „Befragen sie ihr Kinder über solche Aktivitäten und Gewalterfahrungen mit Linksextremisten und zeigen sie jede Straftat unverzüglich an.“ Den Abschluß bildet eine Adressenliste von Organisationen, die im Sinne der Bürgerinitiative „linksextreme Gewalt nicht dulden, sondern auch gezielt bekämpfen“, neben NPD, Republikaner, Front 88 – Anti-Antifa und dem Bund Stalinistisch Verfolgter ist auch die CDU Naumburg aufgeführt.

o u.b., Aus: “Antifaschistische Nachrichten”

Syrischer Asylbewerber erstochen

Leipzig. Am 23.10.96 wurde in der Leipziger Südvorstadt der 30jährige syrische Asylbewerber Ahmed Bashir Z. von zwei Deutschen (20 bzw. 18 Jahre) in einem Gemüseladen erstochen. Staatsanwaltschaft und Presse sehen keine „Anhaltspunkte für einen ausländerfeindlichen Hintergrund“. Das Motiv ist unklar. Wider Erwarten wurde in diesem Fall nicht von alkoholisierten Tätern gesprochen, woraus wir schließen, daß die Täter nüchtern gewesen sein müssen. Die Täter seien „polizei- und gerichtsbekannt“, lassen Staatsanwaltschaft und Polizeidirektion verlauten. An ihrer Täterschaft gibt es keine Zweifel. Der Inhaber des Gemüseladens – der syrische Freund des Ermordeten – erklärte, er habe beide Täter noch nie gesehen. Das Verhalten der Täter gibt Rätsel auf. Die Tat spielte sich zu Ladenschluß 18.06 Uhr in einem Gemüseladen ab. Sie betraten den Laden, schmissen Kisten um, warfen mit Obst und begannen einen Streit. Sie beschimpften zwei Verkäuferinnen als „Türkenweiber“. Ahmed stellte sich dazwischen und forderte die Täter auf zu gehen. An der Tür drehte sich einer der beiden um und stach zu. Welche Schlüsse über den Charakter und die politische Heimat läßt dieses Verhalten zu?

Ahmed hinterließ in Damaskus eine Frau und ein dreijähriges Kind. Seine Familie ist mittellos. Die Stadt Leipzig hat sich bereit erklärt, die Überführungskosten zu übernehmen. Wir bitten Euch, Spenden für die Familie auf das Konto bei der Vereinsbank: Kontonummer 8463395, BLZ 860 200 86, Kontoinhaber C. Großer, Kennwort „Ahmed“ zu überweisen. Wenn es Neuigkeiten in den Ermittlungen gibt, werden wir Euch informieren.

KAHINA-Flüchtlingshilfe, c/o infobüro, Peterssteinweg 13, Leipzig, Aus: “Antifaschistische Nachrichten”

VS-Anwerbeversuch

Wie es in einem im CL-Netz gesendeten Text eines “Informationsdienstes” aus Schleswig Holstein heißt, ist bekannt geworden, daß am 4.11. zwei Mitarbeiter des sächsischen Landesamtes für Verfassungsschutz versucht haben, einen Ungenannten aus linker Szene Dresdens als Spitzel anzuwerben. Die VS-Männer klingelten an der Wohnungstür des jungen Mannes und äußerten Interesse an Informationen über den Infoladen Schlagloch in Dresden. Da der Ungenannte entgegen ihren Informationen dort nicht mehr arbeitete, versuchten sie ihn zu bewegen, zum Zweck der Informationsbeschaffung wieder häufiger den Infoladen zu besuchen. Ihnen ging es darum, über eventuelle terroristische Aktivitäten und Gewalttaten informiert zu werden. Als das abgelehnt wurde, entfernten sich die Herren, nachdem sie einen späteren nochmaligen Besuch angekündigt hatten.

Informationsdienst Schleswig Holstein

Mexiko Update

Nach neun Monaten ist die zwischen der Zapatistischen Armee (EZLN) und der mexikanischen Regierung vereinbarte Kommission für Untersuchung und Verifizierung des Friedens (COSEVE) San Andres Larrainzar gegründet worden. In der Eröffnungszeremonie betonten Repräsentanten der EZLN, daß “der Weg zum Frieden über den Dialog führt, während Bischof Samuel de Ruiz sagte, die Installation der COSEVE sei “eine Leistung und wird eine Botschaft sein. Die Regierung stellte fest, daß die Vereinigung der Mitglieder der Zivilgesellschaft zu einer Kommission geschaffen worden ist, um eine Aussöhnung in der Gesellschaft von Chiapas zu erreichen.

Zwei Tage später wurden Anfang November die Friedensgespräche zwischen EZLN und mexikanischer Regierung fortgesetzt, um die Probleme von Chiapas zu klären. Zum ersten Mal seit Beginn des Dialogs wurden lokale Probleme diskutiert. Ebenso nahmen zum ersten Mal Mitglieder der Regierungspartei PRI und der linken Oppositionspartei PRD am Dialog teil.

Während einer Pressekonferenz am 13. November erklärte Subcommandande Marcos von der EZLN, daß die Regierung sich immer noch nicht entschlossen habe, ob sie in Chiapas den Weg des Friedens oder der Verhandlungen gehen wolle. Die EZLN sei jedenfalls sowohl für weitere Verhandlungen als auch für eine Fortsetzung des Kampfes vorbereitet. Der Frieden könne nicht mit Deklarationen erreicht werden. “Präsident Zedillo hat, zusammen mit den gesetzgebenden Gewalten, nun eine Gelegenheit, ihre Schulden an die indigenen Gemeinschaften des ganzen Landes durch eine Verfassungsreform zu zahlen, durch eine Reform der übrigen Gesetzgebung und der Institutionen. Das würde radikal die Beziehung der Nation zu den Indigenas verändern.

Zur seit einigen Monaten im Bundesstaat Guerrero operierenden Guerillaeinheit EPR sagte Marcos bei der Pressekonferenz: “Die Gruppe hat militärische Erfolge, aber wir sehen nicht, daß das eine Auswirkung auf das politische Leben des Landes hat und das ist, was wir bewerten müssen.”

“Das Ziel des Waffenbesitzes”, fuhr er fort, “ist nicht, sie abzufeuern, sondern eher, damit Kontrolle auszuüben. …Der militärische Erfolg war nicht groß, die mexikanische Armee hat nicht die miltärische Kraft der EPR vermindert, aber ebenso wenig hat die EPR die militärische Kraft der mexikanischen Armee verringert und ebensowenig haben wir die Kraft dieser Armee verringert.” Die militärischen Aktionen der EPR “führen zu keiner Mobilisation der Zivilgesellschaft” und was die EZLN während des Dialogs macht, “ja, es hat weiter politische Effekte und eine Organisation wie die EZLN setzt auf die politische Mobilisation nicht auf den militärischen Erfolg”.

Neben den üblichen Gewalttaten von Polizei, Armee und weißer Milizen in Chiapas, unter anderem drei Todesopfer bei einer Demonstration gegen die Lebensmittelpreise in Laja Tendida, gab es im November eine Serie von Todesdrohungen gegen die Nichtregierungsorganisation für Frieden (CONPAZ), deren Mitglieder telefonisch mit dem Tode bedroht wurden. Ein Mitglied der Organisation, Javier Lopez, und seine Frau, Eva Lara, wurden zusammen mit ihren Kindern für zwei Tage entführt. Sie wurden, wie sie später berichteten, von ihren Kidnappern geschlagen und mit dem Tode bedroht.

Mit ihrer “Deklaration vom Norden” meldete sich Mitte November eine dritte Guerillagruppe in Mexiko zu Wort. In einem Kommunique (das nicht von einer militärischen Aktion begleitet wurde) erklärte die Revolutionäre Armee für den Volksaufstand (ERIP) vier Hauptforderungen, darunter eine Agrarreform, finanzielle und technische Unterstützung für die Bauern, ein neues Entwicklungsmodell und die Schaffung von Arbeitsstellen. Den Berichten zufolge ist die Basis der neuen Gruppe in den Gebieten von La Laguna (Durango und Coahuila) und den Dörfern Yaqui and Mayo (Sonora) im nördlichen Teil Mexikos. Analytiker sagen, die Gruppe hätte offenbar keine marxistische theoretische Basis und scheine auch zuvor nicht in einem bewaffneten Kampf gestanden zu haben. In Baja California führten die angeblichen Aktivitäten der ERIP die Behörden dazu, den Alarmzustand in Ensenada, Mexicali und Tijuana zur erklären.

Erfreuliches wußte am 27. November die Nachrichtenagentur AP zu melden. Das einzige Mitglied der EZLN, das im September nach komplizierten Verhandlungen mit der Regierung schließlich zum Indigena-Kongress nach Mexiko-City reisen konnte war die todkranke Commandante Ramona. Die prominente EZLN-Führerin, bekannt für ihre bewegenden Argumente für die Frauenrechte hatte Krebs und wurde Ende November von 10 Ärzten in einem Krankenhaus in der mexikanischen Hauptstadt operiert. Der Körper von Commandante Ramona hat eine neue Niere akzeptiert. Der Spender der Niere, Javier Ellorriaga, ein Sympathisant der EZLN, berichtete auf einer Pressekonferenz, daß Ramona bereits wieder redet.

La Jornada, Mexico Update, AP.

Landdiebe

Folgende Anekdote wurde von Nancy Leman der Zapatista Solidarity Coalition Sacramente zugeschickt. Woher sie stammt, bleibt unklar.

So um 1966 herum setzte ein NASA-Team, das die Apollo-Mondmission vorbereitete, die Astronauten auch einem Gelände der Navajo-Indianer-Reservation ein, das ziemlich der Mondoberfläche ähnelte. Zusammen mit den Lastwagen und großen Fahrzeugen liefen zwei Figuren herum, die den Raumanzug für die Monderforschung trugen.

Daneben beobachteten ein Navajo-Schafhirte und sein Sohn die Fremden Kreaturen, die herumliefen.

Das NASA-Personal bemerkte die beiden Navajos und näherte sich ihnen. Weil der Mann kein Englisch sprechen konnte, fragte sein Sohn für ihn, wer die fremden Kreaturen seien und die NASA Leute erzählten ihm, daß sie sich gerade darauf vorbereiteten, zum Mond zu fliegen. Der Mann wurde sehr aufgeregt und fragte, ob sie nicht zusammen mit den Astronauten eine Botschaft auf den Mond mitnehmen könnten.

Die NASA-Leute hielten das für eine gute Idee und sie packten einen Kasettenrecorder aus. Nachdem der Mann seine Botschaft auf das Band gesprochen hatte, baten sie den Sohn zu übersetzen. Der Sohn wollte nicht.

Später baten sie noch eine Reihe von Leuten in der Reservation zu übersetzen und jede Person die sie fragten lachte und weigerte sich dann zu übersetzen. Schließlich bekamen sie jemanden mit Geld dazu, die Botschaft zu übersetzen: „Nehmt Euch vor diesen Männern in acht. Sie sind gekommen, um Euch Euer Land wegzunehmen!“

Gewaltfreie Blockade des nächsten Castortransportes nach Gorleben

Seit Anfang November steht fest, daß es im Jahr 1996 keine weiteren Castortransporte in das Zwischenlager Gorleben geben wird. Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Niedersachsens Innenminister Glogowski denkt öffentlich schon über einen Transport im kommenden Frühjahr mit sechs Castorbehältern gleichzeitig nach. Die Vermutung liegt nahe, daß er sich damit nach den Plänen der Transportfirma Gesellschaft für Nuklearservice (GNS) richtet, die sich zum Ziel gesetzt hat, 105 Behälter bis zum Jahr Zweitausend in das Zwischenlager Gorleben einzulagern. Das sind 9-10 Transporte pro Jahr zu je drei Behältern. Um diesen und anderen Plänen der Atommüllindustrie einen Strich durch die Rechnung zu machen waren beim ersten Castortransport 6000 Menschen auf der Straße, beim zweiten 10000. Das waren viele, aber leider nicht genug. Deshalb planen auch für die zukünftigen Transporte zahlreiche Gruppen vielfältigen Widerstand. Ein Teil dieses Widerstandes, im Rahmen des Aktionskonzeptes NIX3, wird die Kampagne “X-tausendmal quer” sein. “X-tausenmal quer” hat sich zum Ziel gesetzt, unter anderem für all diejenigen einen Rahmen zu schaffen, die bei den beiden letzten Transporten an den Straßenrändern standen und es nicht gewagt haben, sich auch auf die Straße zu setzen. Sie will mit dazu beitragen, daß beim nächsten Transport zu den 10000 Menschen noch x-tausend dazukommen. “X-tausendmal quer” will versuchen, einen Raum für diejenigen zu schaffen, die sich in ausführlicher gemeinsamer Vorbereitung auf den Transporttag und die Tage davor einstellen und in einer großen Gruppe gemeinsam, basisdemokratische und gewaltfreie Aktionen durchführen zu wollen. Die zentrale Aktionsform werden dabei Sitzblockaden sein. Für dieses Handeln ist unter anderem eine gute Vorbereitung notwendig. Mit dem Angebot gewaltfreier Aktionstrainings will “X-tausendmal quer” die Möglichkeit geben, die Angst vor einer Konfrontation mit der Polizei abzubauen und das Verhalten innerhalb einer Bezugsgruppe zu proben. Die teilnehmenden Gruppen werden sich gemeinsame Regeln setzen, so daß sich alle Beteiligten auf die Situation einstellen können und nicht befürchten müssen, in ein unüberschaubares Geschehen hineinzugeraten. Die “X-tausendmal quer” – BlockiererInnen unterschreiben deswegen eine Übereinkunft, in der sie sich den Prinzipien des gewaltfreien Handelns verpflichten. Gewaltfreies Handeln heißt vor allem, die Würde des Gegner/der GegnerIn, in diesem Fall also der PolizistInnen zu achten, Es heißt auch, innerhalb der Gruppen die Bedürfnisse anderer ernst zu nehmen und gleichberechtigt transparent zu entscheiden. Gewaltfreie Aktion bedeutet jedoch nicht, sich willenlos der Polizei auszuliefern, sondern sich entschlossen gegen den Transport zu stellen. Bereits im Vorfeld des nächsten Transportes werden die TeilnehmerInnen an “X-tausendmal-quer” ankündigen, sich an der gewaltfreien Blockade des nächsten Castortransportes zu beteiligen und sich entsprechend darauf vorzubereiten. Auf diese Weise soll der politische Druck und damit die Wahrscheinlichkeit erhöht werden, daß es keinen weiteren Transport geben wird. Für Personen und Organisationen, die nicht an der Blockade teilnehmen wollen, die Aktion aber unterstützen möchten, gibt es die Möglichkeit, eine Solidaritätserklärung zu unterzeichnen. Weitere Informationen und Aufrufe der Aktion “X-tausendmal quer” gibt es zu bestellen bei: X-tausendmal quer, Dorfstraße 30, 29462 Blütlingen, Telefon 05843/7527

“Aus: göttinger Drucksache” Nr. 250 vom 22.11.1996

Atomenergie international unter Druck

Auch in den letzten bisherigen Refugien der Atomlobby, etwa in Japan und Taiwan, haben die GegnerInnen von AKWs und Atommuellagern mittlerweile so zugenommen, daß der sog. „Atomkonsens“ in sich zusammengebrochen ist. Ablehnende Volksabstimmungen, militante Demos und der Aufstand von Regionen signalisieren auch dort ein absehbares Ende der Atomexpansion. In Rußland versucht der ex-KGB mit Todesdrohungen die Atomwelt heil zu bewahren…

Zornig reagierten Mitte Oktober mindestens 2.000 GegnerInnen eines vierten AKWs, das im taiwanischen Parlament von der regierenden Kuomintang (KMT) gegen die Stimmen der Opposition unter massivem Geschäftsordnungs-Betrug beschlossen wurde. Die parlamentarische Opposition hatte durch lange Reden versucht, die Abstimmung zur Revidierung eines Beschlusses des Parlaments, das AKW nicht zu finanzieren, zu verhindern. Daraufhin versuchten KMT-Abgeordnete, Oppositionelle zu verprügeln.

Das Parlament war von 4.000 Polizisten hermetisch abgeriegelt worden. Als das Abstimmungsergebnis bekannt wurde, versuchten zahlreiche DemonstrantInnen das Parlament zu stürmen. Zu der Demo hatten die oppositionelle Demokratische Fortschrittspartei und 20 Oppositionsgruppen aufgerufen. Die DemonstrantInnen zündeten Feuer an, warfen Molotow-Cocktails und Steine und durchbrachen mit einem Lastwagen eine Barrikade aus Stacheldraht. Ein Jeep der Polizei brannte ab. Die Polizei verhielt sich wie immer gewalttätig und setzte Schlagstöcke und Wasserwerfer ein.

Der Auftrag für ein viertes AKW ging erst vor kurzem an den US-Konzern General Electric (GE). Mitgeboten hatten bis zuletzt die Voeest Alpine MCE und die zur Voeest gehörende deutsche Firma Lentjes. Das AKW soll in der Stadt Kung Liao in Nordtaiwan um 69 Mrd. Schilling errichtet werden. Ganz raus aus dem Geschäft ist die Voeest aber noch lange nicht. GE (USA) ist zwar nunmehr Generalunternehmer, aber GE Canada hält fünf Prozent der Anteile der VA Tech, der Holding aus Voeest, Elin und anderen österreichischen Firmen. Eine „Entschädigung“ von GE in Form eines Subkontrakts an die Voeest liegt also durch aus im Bereich des möglichen.

In der japanischen Stadt Maki mit 30.000 EinwohnerInnen stimmten 12.400 gegen und 7.900 für ein AKW. Es war die erste lokale Volksabstimmung im Hyperatomstaat Japan, wo die Regierung plant, den Atomstromanteil bis 2010 auf über 40% zu heben.

Die Regierung in Tokyo erklärte, das rechtlich nicht bindende Referendum nicht zur Kenntnis zu nehmen. Andererseits wird es aber auf jeden Fall zu Konsequenzen kommen, da die Stadt Maki nunmehr dem Errichter Tohoku Electric Power Co. kein Grundstück mehr freiwillig überlassen wird, was der Bürgermeister bereits verkündete. Die Gemeinde besitzt noch immer einige Grundstücke direkt auf dem Errichtungsgelände.

Tohoku Electric Power Co. wollte das AKW schon 1969 errichten, mußte aber 1983 sogar die Planungen vorübergehend einstellen, weil Grundstücksspekulanten und AtomgegnerInnen es geschafft hatten, kleine Grundstuecke am Gelände zu kaufen. Mittlerweile sind nach 27 Jahren Widerstand 97% der Grundstücksfläche in den Händen der Tohoku, weshalb der Ausgang des Referendums genau zum richtigen Zeitpunkt kommt.

Mit der Atomkraft ist es auf den Philippinen nun wirklich und endgültig für immer vorbei. Das einzige AKW, das von Westinghouse (USA) unter Marcos in Bataan errichtet wurde, wird nun in ein Gaskraftwerk umgewandelt. Westinghouse zahlte den Philippinen 100 Mio. US$ Kompensation für Schmiergelder an Marcos und den Korruptionisten Disini (dank seiner Verbindungen zur Voeest österreichischer Staatsbürger), einschließlich der Lieferung von Gasturbinen für Bataan.

Die argentinische Regierung versucht, die AKWs Atucha I, Atucha II und Embalse zu privatisieren. Schwierigkeiten bereitet v.a. Atucha II, das seit 1981 über 2 Mrd. US$ (1 US$ = 10,50 oeS) gekostet hat und noch immer nicht fertig ist. Zulieferer an beide Atucha-AKWs waren Voeest, Andritz und Waagner Biro (jetzt Austrian Energy, AE).

Rußland hat, wie kein anderes Land der Erde, nukleare Katastrophen vorzuweisen. Aber statt Bewältigung wird, wie in guten alten Sowjetzeiten, auf Repression gesetzt.

Im hohen Norden, auf der Halbinsel Kola nahe der norwegischen Grenze, verrotten Atom-U-Boote in einem der größten U-Boot-Häfen der Welt. Insgesamt liegen dort 270 U-Boot-Reaktoren ohne angemessene Wartung. Mindestens 70 U-Boote sind Schrott und sollen mit Beton gefüllt und versenkt werden. Einige Reaktoren wurden einfach im Meer versenkt.

Die norwegische Umweltgruppe Bellona engagierte auf Kosten der norwegischen Regierung einen pensionierten Flottenkapitän, um Aufklärung über die radioaktiven Gefahren auf der Kola-Halbinsel zu bekommen. Im Februar wurde Alexander Nikitin vom Nachfolger des KGB, dem „Bundessicherheitsdienst“, in St. Petersburg verhaftet und wegen der Berichte über radioaktive Verseuchung durch die Flotte angeklagt. Anfangs verweigerte der ex-KGB sogar die Beiziehung eines Rechtsanwalts und die Nennung der Anklagepunkte. Das Gerichtsverfahren wird angeblich noch heuer stattfinden, wobei Nikitin die Todesstrafe droht. Man sollte die Atomlobby nie unterschätzen.

Aus: “TATblatt plus” 64

Marssonde mit Plutonium abgestürzt:

Berlin, den 18.11.1996: Die Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges, Ärzte in sozialer Verantwortung e.V. (IPPNW) warnen vor dem unverantwortlichen Umgang mit dem hochgiftigen Plutonium, dessen Schäden kaum reparabel sind. Der Absturz der russischen Sonde Mars ’96 ist ein beredetes Beispiel für die Vortäuschung einer Beherrschbarkeit der Technik, die es nicht geben kann. Wir Ärztinnen und Ärzte warnen: Das technisch Machbare muß nicht das sein, was dem Menschen nützt. Deswegen fordert die IPPNW eindringlich das Ende der aller Herstellung und Verwendung von Plutonium.

In der Nacht vom 17. auf den 18. November ist zwischen der chilenischen Küste und den Osterinseln die russische Sonde Mars ’96 abgestürzt. Zwanzig Minuten nach dem Start vom russischen Weltraumbahnhof Baikonur war sie außer Kontrolle geraten. An Bord befanden sich zwei Fahrzeuge für die Marserkundung, deren Antrieb Generatoren mit Plutonium238-Isotophen besorgen. Plutonium238 ist rund dreihundertmal radioaktiver als das in Bomben verwendete Plutonium239. Die das Projekt begleitenden Wissenschaftler versicherten, daß die Behälter für das Plutonium über 3.000 Grad Celsius und den Aufprall auf Felskörper aus großer Höhe aushalten würden. Beim Eintritt in die Erdatmosphäre entstehen Temperaturen bis zu 2.000 Grad Celsius – der Schmelzpunkt für Plutonium liegt bereits bei 640 Grad. Trotz der ständigen Entwarnung setzte die australische Regierung ihre Armee in Alarmbereitschaft, weil für lange Zeit der Absturz der Sonde über dem östlichen Zentralaustralien erwartet wurde. Diese Vorsichtsmaßnahme begründet sich mit der Gefahr radioaktiver Verseuchung, die bei einer Freisetzung des Plutoniums durch einen Brand in Aerosolform zu erwarten ist. Denn dieser Unfall ist nicht der erste. Von 63 bekannten Weltraummissionen mit radioaktivem Material sind neun bekannt, die schief gingen. Drei amerikanische und sechs sowjetische Unfälle verseuchen schon heute die Meere, Erde und die Atmosphäre mit dem hochgiftigen Plutonium. Zum Beispiel:

Im Jahr 1964 verglühte ein amerikanischer Satellit mit 2,1 Pfund Plutonium eines SNAP 9a-Generators an Bord. Spuren des Plutonium finden sich heute in allen Kontinenten und allen Meeren. Im Jahr 1970 entgeht die Welt nur knapp einer großen Katastrophe, als Apollo 13 inklusive ihrer Mondlandefähre im Meer landet. Auf dem Grunde des Meeres befinden sich noch immer die 8,3 Pfund Plutonium des SNAP 27-Generators. Im Jahr 1978 verseucht der abstürzende Sowjetsatellit „Cosmos 954“ in Kanada 124.000 Quadratkilometer mit Radioaktivität.

Dazu gibt es noch eine Serie von Startunfällen mit Trägerraketen und radioaktivem Material, von denen die bekanntesten „Challenger“ von 1986, „Titan IV“ aus dem Jahre 1993 und „Ariane V“ in diesem Jahr sind. Warum warnt die IPPNW vor der Verwendung von Plutonium?

Als Krebserzeugende Substanz ist Plutonium vor allen Dingen wegen seiner Alphastrahlung gefährlich. Die von dem Metall ausgesandte radioaktive Strahlung ist sehr energetisch, besitzt aber nur eine geringe Reichweite. Normalerweise durchdringt sie nicht einmal die äußersten Hautschichten – die Gefahr liegt besonders in der Aufnahme durch die Einatmung. Eingeatmete Plutoniumteilchen gelangen über die Atemwege ins Lungengewebe und von dort in die Lymphbahnen und Lymphknoten und später in den Blutkreislauf. Wo strahlende Plutoniumteilchen auf Körperzellen treffen schädigen oder töten sie diese. Aus Tierversuchen hat man abgeleitet, daß bereits 27 Mikrogramm (Millionstel Gramm) ausreichen können, um beim Menschen mit Sicherheit Lungenkrebs zu erzeugen! Solche Abschätzungen sind spekulativ, aber: Mit Sicherheit kann gesagt werden, daß schon das Einatmen von Millionstel Gramm Plutonium ein tödliches Risiko darstellt.

Der Arzt kann mit besonderen Medikamenten versuchen, das Plutonium teilweise – bei gutem Erfolg etwa zur Hälfte – aus dem Körper zu holen. Diese Dekorporationsbehandlung kann allerdings erhebliche, sogar tödliche Nebenwirkungen haben. Praktisch kann ärztliche Behandlung die Überlebenschancen nach einer Plutonium- verseuchung nicht nennenswert verbessern. Der bis zu dieser Behandlung entstandene Zell- und Gewebeschaden ist nicht rückgängig zu machen.

Für Nachfragen: IPPNW Geschäftsstelle, Dr. Jens-Peter Steffen, 030 / 693 02 44

Appell der lettischen und litauischen NGOs gegen Ölplattformen und Bohrungen in der baltischen See

I Problem

Die gegenwärtige Politik von Lettland und Litauen hinsichtlich der Ölindustrie führt zur Konfrontation und gefährdet die Freundschaft zwischen unseren Nationen. Es ist bald zu spät, dieses Problem zu lösen.

Die ökologische Situation in der Baltischen See erlaubt nicht eine weitere Steigerung der Risiken für die Umwelt. Weitere Fehler können zu Konsequenzen führen, die negative Auswirkungen auf das Leben der Anwohner für lange Zeit haben. Die Teilnehmer des Seminars apellieren an die lettische und die litauische Regierung, ebenso wie an die Einwohner und internationale Organisationen, die Zusammenarbeit und Freundschaft wieder zu beleben, um die Umweltsituation der Baltischen See zu stabilisieren.

II Protest

*Die Hauptrichtung der Wasserströme im Baltikum geht von Litauen zu den Küsten Lettlands und alle möglichen Emissionen gehen daher nach Lettland. Es gibt weder ein öffentliches Bewußtsein, noch wird in die Entscheidungen die Überlegung einbezogen, daß Existenz der Anwohner der Küstenzonen in hohem Maße dafür, daß die dort leben von der See (Fischerei und Tourismus) abhängt und die Ölterminals ihr Leben in reale Gefahr bringen.

*Es gibt keine internationale Studie über die Interessenkollissionen. Die Stellungnahme von finanziell involvierten Leuten kann nicht eine unabhängige Untersuchung ersetzen.

* Wir fordern die Regierungen Lettlands und Litauens auf; ihre gegenwärtigen Ölgeschäfte auf offener See einzustellen, solange die Probleme, die dabei bestehen, nicht auf eine positive Art gelöst sind. “Schnelles Geld” zu machen, bringt die Baltische See in große Gefahr und steht gegen die Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung, fördert die Konkurrenz und die schlechten Beziehungen zwischen den Nationen.

* Wir fordern dazu auf, mehr die Interessen der Einwohner als die von einzelnen Firmen zu berücksichtigen, und der Zusammenarbeit zwischen den Ländern, der Freundschaft zwischen den Nationen und dem Umweltschutz in der ganzen Baltischen See Vorzug einzuräumen

III Forderungen

1. Die lettische Regierung hat sofort detailierte Pläne der Ölindustrie-Projekte und eine Beschreibung der Umwelt- Untersuchungen und der Objekt-Absicherungen rund um den Baltischen See in die Hand zu nehmen.

2. Die Regierung von Litauen hat sofort eine detaillierte Untersuchung der Ölplattformen auszuarbeiten eingeschlossen die Schlußfolgerungen aus Umwelt-Expertisen und Projektabsicherungen rings um die Baltische See.

3. Eine internationale Konferenz sollte in Lettland und Litauen über die Entwicklung der Ölindustrie in der Baltischen See in Angriff genommen werden, wo Umweltprobleme detailliert untersucht werden können.

4. Internationale Untersuchungen sollten sofort beginnen und damit den Objekten eine Sicherheit geben, die ihnen bisher fehlt.

5. Die Regierungen von Lettland und Litauen haben Pläne für neue Ölbohrungen abzulehnen, so lange bis die Technologien verbessert und die Gesetzgebung in der Lage ist zu reagieren.

6. Eine Agenda 21 der Baltischen See muß ausgearbeitet werden.

Lettland hat die Beobachtung der Vorkommen und Fischlaichplätze fortzusetzen.

Oktober 1996

Umweltschutz-Club von Lettland (VAK-FoE Latvia)

CCB Litauen

Boddenlandschaft an der Ostseeküste in Gefahr

Stralsund/Frankfurt, 19.11.96: Auf scharfe Kritik des World Wide Fund for Nature (WWF) stoßen Pläne des Bundesverkehrsministeriums und des Schweriner Wirtschaftsministeriums, noch in diesem Jahr in den Küstenschutzgebieten Mecklenburg-Vorpommerns eine neue Befahrensregelung für Wasserfahrzeuge in Kraft zu setzen. Nach Überzeugung des WWF gefährden die neuen Regeln den international herausragenden Naturraum und dürfen so nicht verabschiedet werden.

Nach dem jetzt vorliegenden Landesvorschlag dürften zukünftig alle Wasserfahrzeuge in weiten Bereichen der einmaligen Boddenlandschaft bis direkt an den Schilfsaum oder die Ufer heranfahren. Die empfindlichen Schilfzonen würden dem nicht standhalten: ein Verlust der landschaftsprägenden Schilffelder wäre die Folge, und auch alle anderen Uferbereiche würden gestört.

“Ein Netz aus Schilfflächen und Flachwasser-Uferzonen in den Bodden und an der Außenküste dient vielen Fischarten als Laich- und Schongebiet.” erläutert WWF-Projektleiter Alfred Schumm in Stralsund. “Hier leben Fischotter, und die vielfältige Vogelwelt benötigt diese Bereiche für Brut, Nahrungssuche oder als Schlafplätze. Allein 35.000 Kraniche und über 100.000 Wildgänse rasten hier auf ihrem Zug in den Süden.”

Der WWF-Ostseeexperte kritisiert: “Die freie Fahrt für alle Arten von Motorbooten und Surfer wäre ein unverantwortlicher Rückschritt für die Nationalparke und Schutzgebiete und eine Gefährdung dieses einzigartigen Naturraumes”. Schumm weiter: “Die bisher größtenteils naturverträglich genutzten Bodden- und Ostseeufer zählen zum ökologischen `Tafelsilber der Deutschen Einheit‘. Sie sind ein Besuchermagnet bis über die deutschen Grenzen hinaus.”

Die beeindruckende Kultur- und Naturlandschaft Mecklenburg-Vorpommerns mit so bekannten Namen wie Fischland, Darß, Zingst, Hiddensee und Rügen werde nun durch fehlendes Umweltverständnis im Entwurf dieser Befahrensregelung aufs Spiel gesetzt, befürchtet der WWF.

Auch die internationale Helsinki-Konvention zum Schutz der Ostsee werde mißachtet, bemängeln die Fachleute der Naturschutzorganisation die Entwürfe aus Bonn und Schwerin. Diese Konvention empfiehlt, Uferzonen weiträumig ungenutzt und unbelastet zu belassen, um damit die wichtige Gewässerreinigungsfunktion der Ufer- und Schilfzonen zu erhalten und zu verbessern. Ein wichtiges Argument – zählt doch die Ostsee zu den stark verschmutzten Meeren, und gerade die Küstenbevölkerung, aber auch Erholungsuchende, sind auf gute Wasserqualitäten angewiesen.

Der WWF warnt vor einer Entwertung des Naturschutzes in den Nationalparken und fordert zum Schutz der natürlichen Ufer und Schilfflächen allen Wasserfahrzeugen einen Mindestabstand von 100 Metern aufzuerlegen, die seit 1991 bewährte und akzeptierte Einschränkung der Befahrung auf markierte Fahrwasser in die Neuregelung zu übernehmen, die hochsensiblen Kernzonen der Schutzgebiete wie bisher für den Wassersport konsequent zu sperren, die Höchstgeschwindigkeit für Motorboote in den flachen Bodden auf fünf Knoten zu beschränken.

Nur mit diesen Regelungskomponenten sei gewährleistet, daß die Schilfzonen intakt bleiben, die Gewässerqualität sich verbessert und der Lebensraum vieler faszinierender Tier- und Pflanzenarten erhalten bleibt.

Weitere Informationen: Alfred Schumm, WWF Projektbüro Ostsee, Tel: 03831-280701 Fax – 297599 E-mail: schumm@wwf.de

Nichtregierungsorganisationen warnen vor der Ostexpansion der NATO

Belgrad, 10. November, TANJUG: Die Mehrheit der Teilnehmer einer Konferenz von internationalen Nichtregierungs-Organisationen (NGOs) über Sicherheit und Abrüstung äußerten Vorsicht und Angst gegenüber einer Osterweiterung der NATO. Das sagte der Vertreter der Veteranen des 2. Weltkriegs, Branko Golovic, gegenüber der Nachrichtenagentur TANJUG

An der Konferenz, die in Budapest Anfang November stattfand, nahmen mehr als 100 Vertreter von nationalen Vereinigungen, Organisationen und Einzelpersonen aus 28 europäischen Ländern teil, die für Frieden und Abrüstung und gegen die Anwendung von Atomwaffen kämpfen.

Die Teilnehmer diskutierten ein Sicherheitsmodell für das 21. Jahrhundert, die nukleare Abrüstung und die Rolle der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa und der Europäischen Union bei der Gestaltung einer gemeinsamen Außenpolitik.

Zu einer solchen Sphäre von Sicherheit und Abrüstung steht die gegenwärtige Rolle der NATO in Widerspruch, sagte Golovic. Die Mehrheit der Teilnehmer meinte, daß sie fürchte, daß die Pläne zur NATO-Osterweiterung zu einer scharfen russischen Reaktion führen würden, die Europa in die Zeit der alten Teilung und Konfrontation und ebenso des Rüstungswettbewerbs zurückwerfen könne, sagte Golovic.

Niemand außer den Politikern Sloweniens, Lettland und Ungarn wünscht eine schnelle Vereinigung mit der westlichen Allianz ohne gründliche Analyse und vorsichtige Prüfung aller Aspekte dieser Anbindung, sagte Golovic.

Auf die Fragen der Teilnehmer nach der Situation im ehemaligen Jugoslawien sagte Golovic, daß das Land ein integraler Bestandteil von Europa sei. Er sagte, daß es widersprüchliche Programme der Bewaffnung und Entwaffnung der Protagonisten gibt. Gemeinsame Vereinbarungen und unkoordinierte Aktionen, die in eine exzessive Internationalisierung der Region, mit einem unklaren Stand von gemeinsamen Antworten auf die Ereignisse. In diesem Kontext sagte Golovic, daß aufgezwängte Lösungen nicht zum Wiederaufbau oder zum Wachstum von Vertrauen beitragen könnten und daß Sicherheits-Modelle erst aufgehen, wenn sie in Übereinstimmung mit dem Willen der Öffentlichkeit und den vitalen Interessen der Menschen gemacht werden.

Onlinedienst Compuserve erwägt Rückzug aus Deutschland

Bonn (afp). Online-Provider können nicht zu massiven Investitionen in die Kontrolle des weltweiten Kommunikationsnetzes gezwungen werden, sagte der Geschäftsführer von Compuserve Deutschland, Felix Somm, Mitte November dem ARD-Fernsehmagazin Report. Online-Provider wie Compuserve sind Firmen, über die Computer- Benutzer Zugang zu internationalen Computernetzen wie etwas dem Internet erhalten.

Somm lehnte eine Übernahme juristischer Verantwortung für strafrechtlich relevante Inhalte ab, auch wenn sie dem Unternehmen bekannt wären, und drohte indirekt mit einem Weggang des Unternehmens nach Luxemburg. Dort seien die Bedingungen zum Betrieb von Onlinediensten weitaus günstiger als in Deutschland.

Das geplante *Multimediagesetz* sieht vor, die Anbieter von Onlinezugängen zur Kontrolle der mittels ihrer Dienste feilgebotenen Inhalte zu verpflichten. Nach dem Gesetzesvorhaben sollen die Onlineprovider durch „technische oder sonstige Vorkehrungen“ dafür Sorge tragen, daß weder strafbares noch jugendgefährdendes Material frei verbreitet wird.

Bundesforschungsminister Jürgen Rüttgers (CDU) sagte Report, die Dienste- Anbieter sollten sich genauso verhalten wie zum Beispiel die Post: „Die Post kontrolliert auch nicht jeden Brief, aber wenn sie weiß, daß eine Briefbombe in dem Brief drin ist, dann kann sie die nicht einfach zustellen.“

2 Prozent der Internet-Angebote sind nach Meinung von Experten in Deutschland strafbar. 80 Prozent der Bildern, die in den Newsgruppen verbreitet und ausgetauscht werden, seinen *ausländischen* Untersuchungen zufolge pornografischen Inhalts. Außerdem fänden sich im Internet gewaltverherrlichende und extremistische Inhalte.

Compuserve ist in Deutschland mit 335.000 Abonnenten nach T-Online der zweitgrößte Online-Anbieter und sitzt in Unterhaching bei München. Weltweit hat Compuserve über 5 Millionen Kunden.

Lateinamerikanische Jesuiten auf der Seite für Gerechtigkeit und Demokratie

Angelica Enciso. Die Provinzialen der Gesellschaft Jesu von Lateinamerika gaben am 13. November ein Erklärung zur Unterstützung der mexikanischen Jesuiten heraus, die sich nicht durch Gewalt und Todesdrohungen von ihrer Arbeit zugunsten der Armen und für die Gerechtigkeit abbringen lassen. Das Manifest weist auf die Gewalt hin,, “die wir genauso gegen uns gerichtet empfinden und deshalb sehen wir die Notwendigkeit, öffentlich unsere Unterstützung für die Förderung und allgemeine Erziehung und für die Verteidigung der Menschenrechte zu erklären, die von den mexikanischen Jesuiten praktiziert werden und welche damit die wichtigsten biblischen Prinzipien vertreten.

In einer Pressekonferenz erklärte Mexikos Jesuiten Provinziale, Mario Lopez Barrio, dazu, daß dies vor allem für den Fall von Alfredo Zepeda’s gilt, der Erziehungsarbeit in Huayacocotla macht. Er stellte fest, daß die in Veracruz befindlichen Jesuiten mit den indianischen Gemeinschaften, deren Land von Kaziken weggenommen wurde, die

die von der Regierung von Veracruz unterstützt werden.

Zepeda war angeklagt worden, ein Mitglied der Guerilla zu sein und war beschuldigt worden, Waffen in die Region einzuführen. Das ist mit der Absicht geschehen, ihn zu verleumden, sagte Lopez Barrio, und er fügte hinzu, daß einige Treffen mit der Regierung des mexikanischen Bundesstaates stattgefunden hätten, um die Situation aufzuklären, daß es aber bis jetzt keine positiven Resultate gegeben habe.

Der andere Fall, fuhr er fort, ist der von David Fernandez vom Menschenrechts-Zentrum Miguel Agustin Pro Juarez, der Todesdrohungen erhalten hat. Diese stammen wahrscheinlich von “extrem rechten Gruppen, die die Jesuiten belästigen”.

Der Text der Unterstützungserklärung, die während der Pressekonferenz verlesen wurde, weist auch auf die Tatsache hin, “daß wir, die Jesuiten von Lateinamerika unserer religiösen Identität treu bleiben wollen, die sich im Dienst für den Glauben ausdrückt, wie auch im Engagement für Gerechtigkeit ungeachtet von Drohungen und Druck, mit denen wir unterworfen werden sollen.

Lopez Barrio wandte sich gegen Anschuldigungen, daß die Jesuiten sich in der Nähe von Gebieten aufhielten, in denen Guerillagruppen entstanden seien. Das ist jedenfalls nicht richtig, erklärte er, im Fall der Revolutionären Volksarmee in Guerrero, wo kein Jesuit in der Nähe ist.

Als er gefragt wurde, welche Unterstützung von der Katholischen Kirche in den Fällen von Angriffen gegen die Jesuiten gekommen sei, sagte er: “Wir hoffen auf mehr Unterstützung aus der Kirchenhierarchie.” Aber es habe eine Menge Zeichen von Unterstützung durch Internationale Organisationen gegeben.

Er versichert, daß nicht alle Jesuiten bedroht werden: “Die am meisten Verfolgten ist die arme Bevölkerung Mexikos. Es gibt einige von uns, sagte Carlos Cardo, der Koordinator der südamerikanischen Provincialen. Provincials, die sich das Evangelium in der Verteidigung des Lebens und der Rechte der Majorität zu eigen gemacht haben. Aber wir haben natürlich große Gruppen gegen uns, die uns verleumden und uns beschuldigen, wir seien in Wirklichkeit Marxisten. Er fügte hinzu: “Glauben kann nicht von der Gerechtigkeit getrennt werden.”

Die Konferenz, an der die Jesuiten von Lateinamerika teilnahmen, arbeitet ein Dokument aus, in dem ein alternatives ökonomisches Modell vorgeschlagen wird, “seit wir, übereinstimmend mit Arturo Sosa, dem Provinzialen der Jesuiten von Venezuela, gesehen haben, ungeachtet der ökonomischen Maßnahmen, die Leute immer weiter verarmen”. Er fügte hinzu, daß die Forderungen, die sie stellen, auf der Tatsache basieren, daß die ökonomische Politik, die in Lateinamerika eingeführt wurde, mehr arme Leute produziert hat, und daß “hinter dieser ökonomischen Konzeption eine Idee über den Menschen steht, die sich nicht mit dem Christentum vereinbaren läßt. Der Markt kann nicht der einzige Weg sein. Was nötig sei, fügte er hinzu, seine eine Kenntnis der Armut

und ein Verlieren der Hoffnung, daß sie dabei zu einem wirklichen Leben kommen.. Es muß den Leuten bewußt gemacht werden, was sie tun und “eine von dringendsten Dingen ist die Politisierung als Form der Partizipation.

La Jornada 14.11.96

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