GEGENINFORMATION ZUR VEREINIGUNGSPOLITIK

Eine ideologiekritische Zehnjahres-Bilanz
von Fritz Vilmar 
aus telegraph #102/103


Man wird kaum irgendwo in zeitgeschichtlichen Darstellungen unserer Epoche soviel ideologisch Zurechtgebogenes, geschöntes oder als unabänderlich Dekretiertes1 finden wie in den Reden und Darstellungen zur Eingliederung der ehemaligen DDR in die westdeutsche Bundesrepublik; angefangen mit der Behauptung, Kohl sei der „Kanzler der Einheit“ gewesen.

Die vorherrschende Ideologieproduktion hat einen einfachen Grund: Es wird in den meisten Darstellungen2 vermieden, die Frage Cui bono zu stellen: Wessen Interessen dienten die Vereinigungspolitiken? Die offiziellen „Erklärungen“ wurden und werden für bare Münze genommen. Und in diesem Jahr, bei den 10-Jahres-Bilanzen, nimmt die Geschichts-klitterung ein kaum noch erträgliches Ausmaß an. Der Bundestag gab dafür in einer Währungsunion-Gedenksitzung ein atemberaubendes Beispiel. Seine Fraktionen feierten am 30. Juni 2000 diesen ökonomisch katastrophalen Eingriff als „entscheidenden Meilenstein im Prozess der Wiedervereinigung“ (Waigel), ja als „einen Glücksfall der Geschichte“ (der bündnisgrüne Sprecher Metzger). Nur der ehrliche Walter Romberg, damals Kontrahent Waigels, nannte im FR-Interview den Erpressungsdruck beim Namen, unter dem er damals, als Finanzminister der Noch-DDR, gestanden habe und „machte die Haltung der Bonner Regierung … bei den Verhandlungen über die Währungsunion für den wirtschaftlichen Niedergang Ostdeutschlands verantwortlich“.3

Was uns mit dem mainstream der Vereinigungsbilanzen ins Haus steht, hat, wie dieses Währungsunion-Gedenken prototypisch gezeigt hat, mit Wahrheitsfindung wenig zu tun, umso mehr dagegen mit Mythenbildung im Interesse westdeutscher (Macht-)Eliten. Auf der Basis einer von mir seit 1991 koordinierten und mit-erarbeiteten kritischen Forschungsarbeit4 an der FU Berlin ist es möglich, in zusammenfassender Form eine ideologiekritische „Gegeninformation“ vorzutragen, eine Kritik der wichtigsten herrschenden Mythen über die Vereinigung. Dabei erfordert der hier gegebene Rahmen, diese „Gegeninformationen“ im wesentlichen als Resultate zu präsentieren, mit detaillierten Analysehinweisen in den – notgedrungen ausführlichen – Anmerkungen.5 Vorzuführen sind genau jene verdrängten ökonomischen und soziokulturellen Herrschaftsinteressen, die in wesentlichen Politiken der „Vereinigung“ maßgeblich gewesen sind und verhindert haben, dass eine wirkliche „innere“ Einheit zustande kam. Denn diese kann nicht entstehen, solange drei Viertel der Ostdeutschen – trotz anerkannter materieller Besserstellung im vergangenen Jahrzehnt – das Bewusstsein haben, von ökonomischen, politischen und kulturellen Machteliten aus der alten BRD dominiert zu werden.6

Der Mythos der „Unausweichlichkeit“ der schnellen Währungsunion
Der Streit um die Notwendigkeit der übereilten Währungsunion ist heute keineswegs von nur noch akademischem Interesse. Ganz im Gegenteil, es stellt sich die für die gesamte Vereinigungspolitik prototypische Frage, ob die überstürzte Währungsumstellung, mit ihren weitreichend-destruktiven Folgen, nicht primär ein Akt Kohlscher Machtsicherung war, der für die deutsche Einheit verheerende Folgen hatte. Nicht alle Einschätzungen der Währungsunion, die man im vergangenen Jahrzehnt hören oder lesen konnte, waren derart von kritikloser Zustimmung geprägt wie die erwähnten Lobpreisungen des Bundestags. Die Ideologie der Unausweichlichkeit gesteht zwar ökonomische Bedenken ein7 ,aber arbeitet vor allem mit den Argumenten der drohenden Abwanderung der Ostdeutschen, der schlechten Wirtschaftslage in der DDR und der Eilbedürftigkeit nationaler Einigung angesichts der anstehenden „Vier-plus-zwei-Verhandlungen“ mit den Siegermächten. Nicht zuletzt aber mit dem schon zitierten „Mythos vom Nichtvorhandensein von Alternativen“ (L. Hoffmann).

Völlig abwegig war und ist das Argument des außenpolitischen Drucks. Selbstverständlich spielte das starke Wiedervereinigungsverlangen der Ostdeutschen, dokumentiert in den Wahlen vom 18. März, in den Verhandlungen mit den ehemaligen Alliierten eine bedeutsame Rolle, zumal insbesondere England und Frankreich einer alsbaldigen Vereinigung 1990 zunächst keineswegs besonders positiv gegenüberstanden. Aber dieser Druck der deutschen „nationalen Selbstbestimmung“ existierte ganz unabhängig von einer früheren oder späteren Währungsumstellung.

Ernster zu nehmen ist natürlich das Argument des Druckes „der Massen“.8 Aber es ist weit davon entfernt, einen unausweichlichen Entscheidungsdruck zu begründen. Statt einer solchen populistischen Reaktion wäre – angesichts überwiegender Warnungen und vorliegender Alternativkonzepte der ökonomisch Sachverständigen9 – eine für die Erhaltung der Arbeitsplätze, also für die Erneuerung der ostdeutschen Wirtschaft glaubwürdige Konzeption und Kampagne der Parteien das Gebot der Stunde gewesen.10

Mit Recht prognostiziert der Sachverständigenrat, es könne „nicht ausbleiben, dass die Hoffnungen enttäuscht werden, die an die Währungsunion geknüpft werden“. Genau dies zeigte sich dann auch in der Tatsache, dass der Übersiedlerstrom nach Westdeutschland keineswegs durch die Währungsunion gestoppt worden ist. Um die überstürzte Währungsunion zu rechtfertigen, versuchte Wolfgang Schäuble das Gegenteil glaubhaft zu machen. Er schreibt, dass eine vorgezogene Währungsunion absolut notwendig war, da „der Zustrom von Abwanderern daraus eine Notwendigkeit machte“ und dass dank der mutigen Entscheidungen der Koalition „die Anzahl der Auswanderer […]gesunken ist und weiter sinkt“.11 Dagegen haben wir nachgewiesen, dass die Zahl der Übersiedler – nach verschiedenen Statistiken – im 2. Halbjahr 1990 fast so groß gewesen ist wie im 1. oder sogar größer.12 Wenn also die offiziell und in der „herrschenden“ Publizistikvorgetragenen Argumente, also die Rechtfertigungsideologie der überstürzten Währungsunion keineswegs zwingend, überwiegend kaum plausibel war, dann muss es für eine derart riskante – und in den Folgen derart destruktive – Basisentscheidung der westdeutschen Vereinigungspolitik andere, reale Gründe gegeben haben. Und diese existierten in der Tat – in den Machterhaltungsinteressen des Kanzlers.

Dieser hatte noch Ende Januar ’90 eine schnelle Währungsunion strikt abgelehnt.13 Ähnlich ablehnend äußerten sich Waigel und andere führende CDU/CSU-Akteure und empfahlen stattdessen Stufenpläne der Wirtschaftskonsolidierung im Osten14 . Dann aber warf Kohl von einem Tag zum andern das Steuer herum: Ende Januar wurden Umfrage-Ergebnisse bekannt, nach denen die konservativen Kräfte keine Chancen gegen die SPD haben: die SPD kam auf 53%, nur 15% rechneten mit einem Sieg der Allianz.15 Die Umfragen zeigten auch, dass die Währungsunion zu den Haupterwartungen der Ostdeutschen zählten. Daraufhin kündigte der Bundeskanzler am 6. Februar 1990 öffentlich die Einführung der D-Mark im Verlaufe der nächsten Monate an. Dass diese Entscheidung nicht Ergebnis gründlicher finanzpolitischer Beratungen war, sondern ein einsamer Entschluss, sozusagen eine Schockreaktion des großen Wahltaktikers, wird belegt durch die Tatsache, dass am selben Tag sein Wirtschaftsminister noch das Gegenteil verkündete: Hausmann legte einen 3-Stufen-Plan unter der Überschrift „ Wirtschafts- und Währungsunion für ganz Deutschland“16 vor, in dem es in der ersten Phase um die Durchführung von weitreichenden Reformen zur Einführung der Marktwirtschaft in der DDR ging; die zweite sah die Liberalisierung der Preise und die Konvertierbarkeit der DDR-Mark vor; im Verlauf der 3. Phase, die mit der Schaffung des innereuropäischen Marktes zu Beginn des Jahres 1993 (!) einhergehen sollte, würde die D-Mark in Ostdeutschland eingeführt werden. Dieser Plan entsprach den von verschiedenen Wirtschaftsexperten gemachten Stufenplänen.17

Die Ursachen für das plötzliche Umschwenken der Regierung in bezug auf die Währungsunion lagen also nicht etwa in ökonomischen Überlegungen, sondern wurden von wahlpolitischen Erwägungen Kohls bestimmt, der eine Niederlage am 18. März mit Recht als schlimmes Vorzeichen für seine Ende ’90 anstehende Wiederwahl ansehen musste. Das Kalkül ging auf, es kam zu einem klaren konservativen Wahlsieg.

Die Währungsunion wurde vor der Politischen Union (3.Oktober 1990) durchgepeitscht, ohne durch die notwendigen ökonomischen Maßnahmen zur Stützung der ostdeutschen Wirtschaft18 begleitet zu werden, die von fast allen wirtschaftspolitischen Autoritäten gefordert wurden. Der Präsident der Deutschen Bundesbank, der im Februar 1990 seine zuvor geäußerten Warnungen unterdrückte bzw. in den sibyllinischen Satz kleidete: „Es war eine politische Entscheidung“, äußerte ein Jahr später: Die deutsche Währungsunion „ist ein Beispiel für das, was wir in Europa nicht machen dürfen“, ihre„Auswirkungen sind katastrophal“.19

Die Auswirkungen dieser sind im allgemeinen Bewusstsein heute leider nur vage bekannt. Man rechtfertigte sich mit der weiteren Ideologie, die wir im folgenden hinterfragen werden: die DDR-Wirtschaft sei halt total marode gewesen. Kritischere Ökonomen dagegen stimmen in der Auffassung überein, dass die jähe Liberalisierung der Wirtschaft und die plötzliche Einführung einer neuen, starken Währung zu einem für die Ostprodukte irrealen Kurs hauptverantwortlich für den Absturz der DDR-Wirtschaft waren. Die meisten DDR- Unternehmen gerieten in eine katastrophale Situation. Der Umtauschsatz 1:1 bedeutete eine Aufwertung der DDR-Mark um ungefähr 300%. Der Schock einer solchen Aufwertung hätte auch ein relativ stabiles westeuropäisches Land in eine tiefe Anpassungskrise gestürzt. Es kam zu einem fortschreitenden, bis ins Jahr 1991 anhaltenden Niedergang der ostdeutschen Wirtschaft: das Bruttoinlandprodukt sackte auf 63 % von 1989 ab, die Industrieproduktion schrumpfte auf ein Drittel. Keine kapitalistische Krise hat je einen solchen Absturz der Wirtschaftstätigkeit erlebt.20

Die „marode“ DDR-Wirtschaft: Ursache des ausgebliebenen Aufschwungs Ost?
Die ökonomisch unverantwortliche Sturzgeburt der Währungsunion, der Mangel einer flankierenden Industriepolitik und der daraus resultierende ökonomische Absturz in Ostdeutschland – diese Linie der weitreichenden wirtschaftsliberalen Fehlleistungen und ökonomischen Negativentwicklungen setzte sich durch das gesamte vergangene Jahrzehnt fort. Das Ergebnis ist bis zum heutigen Tage eine „Deindustrialisierung“ Ostdeutschlands (BfA-Präsident Jagoda)21 : Während der Bevölkerungsanteil Ostdeutschlands in Gesamtdeutschland 19 Prozent beträgt (1998), macht der ostdeutsche Anteil am realen Bruttoinlandprodukt (BIP) 11 % aus, also kaum mehr als die Hälfte im gesamtdeutschen Vergleich, und der Anteil an der Industrieproduktion, am Maschinenbau und am Export beträgt gar nur 7, 5 und 3 %!22

Die häufigen Hinweise auf die relativ hohen Wachstumsraten der ostdeutschen Wirtschaft 1991-95 beruhen auf einer statistischen Täuschung: Diese Wachstumsraten von 8, 9, 10,4 Prozent23 ergeben sich auf der Basis des bis 1991 erfolgten Absturzes der DDR-Wirtschaft auf knapp 50 % des „Vor-Wende-Niveaus“ von 1989! Noch 1994 lag das ostdeutsche BIP „lediglich bei 82 Prozent des Vergleichswertes von 1989…. Im zehnten Jahr der Einheit erreicht die Wirtschaftskraft Ostdeutschlands, trotz umfangreicher Investitionshilfen, kaum 94 Prozent des Niveaus von 1989“.24

Die Massenarbeitslosigkeit ist im Osten von 1991 bis ’98 von 10,3% auf 19,5 gestiegen, im Westen auf 10,5%; seitdem im Westen auf 7,4 % gesunken (Juni 2000 25), im Osten nur auf 17,6 %. Überhaupt haben die Bürger Westdeutschlands zwar Solidaritätsopfer für die Einheit gebracht, die kapitalbesitzende Klasse in der Alt-BRD jedoch, und speziell die Banken, haben weit überproportionale Gewinne erzielt durch die Verwandlung der DDR in einen Absatzmarkt: das Wirtschaftswachstum von 5,7 % 1990 und 5 % 1991 lag jeweils um ca. 50 % über den von den Instituten prognostizierten Werten. Im Osten dagegen brachte die Treuhandanstalt es fertig, die ostdeutsche Wirtschaft (Substanzwert laut Rohwedder: 600 Mrd.), statt sie, wie im THA-Gesetz vorgesehen, zuvor zu sanieren, zum Ramschwert zu verschleudern, soweit sie die Unternehmen nicht liquidierte. 44 Mrd.26 (39,9 Mrd.27 ) nahm sie dafür ein, 1999 betrugen ihre Verluste 254 Mrd. DM28 , da sie beim Verkauf meist auch noch die fiktiven „Altschulden“ zu zahlen hatte, die Waigel der DDR-Wirtschaft aufgezwungen hatte; ferner hohe ökologische Altlasten.

Die Ideologen der Vereinigungspolitik haben dieses hochgradig negative Ergebnis der westdeutschen Privatisierungspolitik zu rechtfertigen. Sie erfanden zu diesem Zweck einen zentralen Mythos (neben anderen, noch zu erwähnenden): den „völlig maroden Zustand“ der DDR-Wirtschaft. 29Dieser Mythos hat für seine Erzeuger den großen Vorzug, eine Halbwahrheit zu sein. Er klingt plausibel. Schon Lichtenberg aber erkannte, dass die gefährlichsten Unwahrheiten „Wahrheiten sind, mäßig entstellt“. In diesem Sinn hat die Schuldzuweisung für den weithin gescheiterten „Aufschwung Ost“ an den veralteten, defekten Zustand der DDR-Wirtschaft den gefährlichen Schein der prima-facie-Plausibilität für sich. Jedermann sind gravierende Mängel dieser Wirtschaft bekannt (wiewohl sie häufig nichts mit der Technik, sondern mit Versorgungsproblemen zu tun hatten); wir haben diese Defizite und ihre Ursachen ausführlich zur Sprache gebracht.30 Zur Unwahrheit, nämlich zur marktradikalen Rechtfertigungsideologie wird das Mängelargument, wenn es verabsolutiert wird. Demgegenüber ist auf die Fakten hinzuweisen:
– Die DDR „war ein entwickeltes Industrieland…. Das Lebensniveau ihrer Bevölkerung war bedeutend höher als das der Bevölkerung in den südeuropäischen Marktwirtschaften“.31
– „Andere, bis 1989 deutlich weniger entwickelte Länder wie Polen, Tschechien und Ungarn (mussten) Anfang der neunziger Jahre eine weitaus weniger tiefe Transformationskrise (durchmachen) als die Ex-DDR… und (verzeichnen) inzwischen ein höheres und stabileres Wachstum…“.32
– Obwohl der bedeutende Export der DDR durch starke Preissubventionen gefördert wurde, so wären die Exporterfolge (1988: für 12 Mrd. DM in westliche Industrieländer, 6,8 Mrd. allein in die BRD 33) ohne Fähigkeit zu leistungsfähiger Industrieproduktion undenkbar gewesen.
– Wo wirtschaftspolitischer Wille zur Modernisierung vorhanden war, konnten auch große Werke, wie Jenoptik (über 5000 Beschäftigte), in relativ kurzer Zeit zu konkurrenzfähigen Unternehmen entwickelt werden.
– Untersuchungen von Nick (vgl. Anm. 29)haben gezeigt, dass ca. 50 % der Industrieausrüstungen in der DDR älter als 10 Jahre waren (in der BRD immerhin auch 30 %). „Entsprechend waren jedoch 50 % der Ausrüstungen jünger als 10 Jahre, und darunter viele, die heute ebenfalls so gut wie verschwunden sind…. Außerdem wurde 1990 von Experten nur ein Drittel der Industrie als nicht sanierungsfähig eingestuft“ .34

Der Mythos von der total maroden DDR-Wirtschaft als Rechtfertigung des ausgebliebenen Aufschwungs Ost ist angesichts dieser Erkenntnisse über deren relative Leistungs- und Modernisierungsfähigkeit unhaltbar, wenngleich deren Mängel zweifellos ein hemmender Faktor bei ihrer marktwirtschaftlichen Integration war, ebenso wie die (Welt) Marktunerfahrenheit ihrer meisten Manager. Für den bislang weitgehend misslungenen Aufschwung gibt es jedoch gravierende andere, reale Gründe. Sie bestehen – neben dem schon analysierten der destruktiven Währungsunion – in der Durchsetzung der Interessen des westdeutschen Kapitals.

Die Treuhandpolitik der schnellen Privatisierung ohne Sanierung verwandelte den Substanzwert der ostdeutschen Wirtschaft von ca. 600 Mrd. in einen Marktwert der -zusätzlich ökologisch und mit fiktiven „Altschulden belasteten- Unternehmen von ca. 50 Mrd., weil es natürlich keine kapitalkräftige Käuferschicht im Westen und speziell in Deutschland gab, die bereit gewesen wäre, unter diesen Bedingungen (bei häufig ungeklärten Eigentumsverhältnissen) den Substanzwert zu bezahlen. Also kam es zu einem Ausverkauf der Unternehmen, bei dem die – über beste Verbindungen zum Treuhand-Management verfügenden – westdeutschen Kapitalbesitzer 80-95 Prozent (nach verschiedenen Schätzungen) des „Volkseigentums“ erwerben konnten. Häufig waren diese Erwerbungen Konkurrenzunternehmen, die alsbald stillgelegt oder auf die Funktion einer verlängerten Werkbank reduziert wurden.35

Da die ökonomische Machtelite in Westdeutschland ein vitales Interesse an Ostdeutschland als gewaltigem Markt hatte36 und daher ein vitales Desinteresse am Aufbau bzw. der Modernisierung einer leistungsfähigen ostdeutschen Wirtschaft, hielt die Regierung an der offensichtlich wirkungslosen Ideologie der „Selbstheilungskräfte des Marktes“ fest, beließ es bei punktuellen Fördermaßnahmen und verminderte durch ihre Inkonsistenz deren Wirksamkeit. Realistische alternative Wirtschaftskonzepte, die eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung in Ostdeutschland gesichert hätten, wurden verworfen.37

Im Interesse einer neoliberalen, kapitalorientierten Sparpolitik wurde die 1990-92 zur Abfederung katastrophaler Arbeitslosigkeit zunächst realisierte aktive Arbeitsmarktpolitik seit 1994 drastisch reduziert, damit ein ebenso drastischer Anstieg er Massenarbeitslosigkeit in Kauf genommen.38 Die gewaltigenTransferzahlungen nach Ostdeutschland39 jedoch flossen weitgehend als Konsum-Nachfrage an westdeutsche Unternehmen zurück: Nur etwa ein Viertel diente investiven Zwecken, und zwar überwiegend infrastrukturellem, nicht industriellem Aufbau).

Die Dominanz westdeutscher „Eliten“ und der Mythos ihrer höheren Kompetenz
Das Nicht-Gelingen der deutschen Vereinigung hat eine sozusagen objektive, materielle und eine subjektive, mentale, bewusstseinsmäßige Seite. Was die objektive Seite betrifft, so haben wir festgestellt, dass Ostdeutschland trotz etlicher moderner Unternehmen40 weit davon entfernt ist, ökonomisch auf eigenen Füßen zu stehen,- weit davon entfernt, seinen Konsum selbst zu finanzieren, d.h. erarbeiten zu können; es hängt auf unabsehbare Zeit am Tropf der westdeutschen Transferzahlungen (vgl.Anm. 36) – und dies ist ein außerordentlich großes „Binnen“-Exportgeschäft für das westdeutsche Kapital.

Aber die deutsche „Uneinigkeit“ (D. Dahn) hat auch noch eine subjektive, gesellschaftlich-politische Seite: Die Ostdeutschen werden in wesentlichen Bereichen ihres sozialen Lebens von Westdeutschen fremdbestimmt: Sie stellen 19 Prozent der deutschen Bevölkerung, aber nur 12 Prozent, kaum mehr als die Hälfte der Führungskräfte, der „Positionseliten“, kommen aus Ostdeutschland – und in den wichtigsten gesellschaftlichen Bereichen sind es noch weitaus weniger, z.T. verschwindend wenig: Verwaltung (2,5), Wirtschaft (0,4), Wissenschaften (7,3), Militär (0,0), Justiz (0,0).41 Nicht die Minister als (partei-)politische Repräsentanten, aber die eigentlichen politischen Macher in den neuen Ländern, die Staatssekretäre, kamen noch 1994, mit einer einzigen Ausnahme, aus dem Westen42 . Sämtliche Intendanten der Funkmedien und sämtliche Chefredakteure der 15 großen (Abonnements-) Bezirkszeitungen sind Westdeutsche, und diese gehören sämtlich 11 westdeutschen, überwiegend konservativen Medienkonzernen“.43

72 % der ostdeutschen Wissenschaftler, wurden, teilweise abgefedert durch drei- bis fünfjährige Übergangs-Verträge, entlassen, und „von den 50 neuen Lehrstühlen im Osten für Sozialwissenschaften (sind) 47 von westdeutschen Kollegen besetzt worden …. Der Wissenschaftsrat meinte, dass wenigstens der Mittelbau aus den neuen Ländern zu kommen habe: 75 Prozent des Personals kommen nicht aus den neuen Ländern. Die dritte Generation … fühlt sich ausgeschlossen“.44

Nimmt man diese – für alle wesentlichen gesellschaftlichen Bereiche entsprechend zu dokumentierenden – Fakten eines weitreichenden westdeutschen „Elitenimports“ als Ganzes, so zeigt sich, dass die Rede von der kolonialistischen Vereinnahmung der ehemaligen DDR keine substanzlose Polemik, sondern die adäquate Beschreibung eines soziologischen Tatbestands45 ist. Fremdbestimmt wurden die Ostdeutschen auch im Bereich der soziokul-turellen Einrichtungen, die sie zum Teil selbst in den wenigen, ihrer Eigeninitiative überlassenen Monaten nach der Wende neu geschaffen hatten. So wurden die ehemaligen Blockparteien, Ost-CDU und LDPD, die seit Oktober in einen schwierigen, aber erfolgreichen Prozess der „SED-freien“ Selbstbestimmung eingetreten waren, rigoros – bei Strafe des Untergangs – auf die Linie der westdeutschen „Schwester“- Parteien gebracht46, der Prozess selbstbestimmter kritischer Neuorientierung an ostdeutschen Universitäten wurde abgebrochen zugunsten einer total westdominierten Reorganisation und „Evaluierung“, das ullmannsche Konzept einer gemeinwohl-orientierten „Treuhandanstalt für die DDR-Wirtschaft wurde ins Gegenteil verkehrt und der Verfassungsentwurf des Runden Tisches wurde (bereits von der de Maizière-Regierung) desavouiert. Aber auch „aufzuhebende“ Einrichtungen der DDR wurden rigoros liquidiert oder durch westdeutsch-fremdbestimmte ersetzt; ich nenne nur die polytechnische Didaktik in der Oberstufe der Schulen, das SERO-Recycling-System, das flächendeckende System der Kindereinrichtungen und Jugendhäuser, die Polikliniken, die teilweise hochgradig fortentwickelte realistische Ästhetik, die betriebliche Gewerkschaftsorganisation und Arbeitsmedizin.47

Die ideologischen Rechtfertigungen dieses umfassenden politischen und soziokulturellen Entmün-digungsprozesses lauten:
1. Die Ossis waren partei-ideologisch belastet und/oder inkompetent – der umfassende „Elitenimport“ war eine Notwendigkeit, ja als Glücksfall: “Andernfalls wäre ein massives Elitevakuum entstanden, das bei der Besetzung aus einer herrschaftsfernen Gegenelite nur um den Preis einer Dilettantisierung […] hätte geschlossen werden können”.48 Mit anderen Worten: Es fand eine Kolonialisierung im positiven Sinne statt.
2. Die politischen und soziokulturellen Einrichtungen der DDR waren Elemente eines staatssozialistischen Systems und daher in ein liberaldemokratisches nicht integrierbar.

Die von dem Elitenforscher Derlien explizit und von vielen anderen implizit für die Verdrängung der Ostdeutschen und den massenhaften westdeutschen „Elitenimport“ vorgeschobene Behauptung der Inkompetenz, des Dilettantismus der Ostdeutschen ist empirisch widerlegt. Er ist ein Mythos westdeutscher Herrschaftslegitimation. Eine sorgfältige empirische Analyse von Christian Welzel hat die Existenz eines beachtlichen ostdeutschen Gegen-Eliten-Potentials nachgewiesen. Er hat zeigen können, dass es in der DDR ein bedeutendes Potential an “Intellektuellen” gab (9% des Arbeitskräftepotentials) und dass diese soziale Gruppe als potentielle “Gegen-Elite” anzusehen ist: Da sie im überalterten und verknöchertem Elitensystem der DDR nur geringe Aufstiegschancen hatte und nicht über “politische Aktionsfreiheit” verfügte, aber der Demokratie positiv gegenüberstand, befand sie sich in einer distanzierten Situation zum Regime. Infolgedessen war ihr politisches Engagement in der Wende 1989/90 stärker und ihre demokratische Orientierung viel ausgeprägter als beim Durchschnitt der ostdeutschen Bevölkerung.49 Dieses Potential hat auch seine Kompetenz unter Beweis gestellt: Ostdeutsche hat man zwar weitgehend aus den Spitzenpositionen ferngehalten, aber in der 2. und 3. Hierarchieebene, dort, wo in den Instituten, den Schulen, den Redaktionen, den Landes-, Kreis- und Kommunalverwaltungen, in den Parteien und selbst in der Wirtschaft vielfach die eigentliche Arbeit gemacht wird, sind überwiegend Ostdeutsche akzeptiert und im allgemeinen so erfolgreich wie ihre westlichen KollegInnen. Und sie wären in den Spitzen ebenso erfolgreich wie ihre KollegInnen in Polen, Tschechien oder Ungarn, wo beim neuen Aufbau keine „Elite-Importe“ rettend zur Verfügung stehen.

Schwieriger ist die Ideologie der Inkompatibilität der zahlreichen beachtenswerten soziokulturellen Einrichtungen der DDR zurückzuweisen. Für ihre Integrierbarkeit gibt es nur ein – allerdings sehr bedeutsames Beispiel: Die Agrargenossenschaften haben sich wegen des vitalen Interesses ihrer Mitglieder, dh. wegen ihres Desinteresses an einer Rückkehr in Einzel-Familien-Höfe, gegen massive Versuche ihrer Liquidierung50 halten können und stehen mit ihrem Pro-Kopf-Einkommen besser da als die Einzelbetriebe51 , beachtenswert aber ist die Tatsache, dass die Ostdeutschen selbst, soweit sie die Möglichkeit hatten, in verschiedenen Bereichen soziokulturelle Einrichtungen für sich „gerettet“ bzw. neu angeeignet haben.52

Vieles spricht dafür, dass nicht die prinzipielle Unvereinbarkeit innovativer soziokultureller Einrichtungen der DDR mit denen Westdeutschlands der Grund für ihre Liquidation war, sondern der Wille konservativer Machteliten in der Altbundesrepublik, unter keinen Umständen sozialismus-verdächtigen politischen, gewerkschaftlichen oder kulturellen Strukturen eine Überlebenschance zu geben. Man hat dafür den Begriff „Geschichtspolitik“ erfunden: Ins eigene Geschichtsbild und Gesellschaftssystem nicht passende Strukturen haben zu verschwinden. Die Gegenposition pointierte die nonkonformistische brandenburgische Sozialministerin Regine Hildebrandt, die erklärte: „Mir will einfach nicht einleuchten, warum man nicht die Vorteile zweier Systeme miteinander verbinden kann, sondern stattdessen einem einzigen System den Vorzug gibt, dass neben vielen erfreulichen Vorteilen erhebliche Mängel aufweist „. (Lt. Zürcher Ztg. v. 6. 3. 97, S. 45)

Die Ostdeutschen: Ostalgisch, autoritätshörig, rechts-lastig?
Die ökonomische Misere („Leben am Tropf“) und die soziopolitische Fremdbestimmung haben tiefe Spuren im Bewusstsein der Ostdeutschen hinterlassen53 . Die Selbst-Erfahrung von fast 90 Prozent (1990), „Bürger 2. Klasse“ zu sein, ging in der kurzen ostdeutschen Konjunkturphase auf 69 Prozent zurück (1995), um dann wieder, bis heute auf bedrückende 75-80 Prozent anzusteigen, trotz der von den Befragten mehrheitlich bestätigten materiellen Besserstellung. Nichts könnte das Misslingen eines substantiellen Vereinigungsprozesses deutlicher dokumentieren.

Diese Befunde werden untermauert durch die ostdeutschen Aussagen zur „Bonner“ Demokratie und Marktwirtschaft. Beide Aspekte des herrschenden Systems wurden anfangs überwiegend positiv beurteilt, das politische System (1992) zu 52, die Wirtschaft sogar (1990) zu 77 Prozent, Ende der neunziger Jahre aber nur noch von 30 bzw. 22 Prozent (1997, nach Allensbach).

Diese negativen Befunde ließen die konservative Mythenproduktion nicht ruhen. Nach dem Motto – der Ermordete ist schuld, wurde flugs die autoritäre DDR-“Sozialisation“ der „Ossis“ für deren schlechte Meinung über die Demokratie und die Marktwirtschaft verantwortlich gemacht.

Diese These ist offensichtlich nicht haltbar. Ihr widerspricht nicht nur das Bekenntnis einer großen ostdeutschen Mehrheit zum Prinzip der Demokratie (und gegen das autoritäre SED-Regime), sondern auch die Aufgeschlossenheit, mit der die in der Alt-BRD Angekommenen zunächst der liberalen Marktdemokratie sich zuwandten, und zwar obwohl sie selbst sich darin (noch?) als Bürger 2. Klasse erfuhren. Erst im 2. Teil dieses Jahrzehnts verstärkte sich die skeptische Distanz. Das gleiche ereignete sich bei den Wahlen. Votierten 1990 noch 54,7 Prozent der Ostdeutschen bei den Bundestagswahlen „affirmativ“, d.h. für die Mitte-Rechtsparteien, 41,4 Prozent für Mitte-links, so kehrte sich dies in 8 Jahren völlig um: 1998 gab es im Osten nur noch 30 Prozent Rechtswähler, während 61 (!) Prozent für die Mitte-Links-Parteien votierten, dabei 20-25 Prozent für die PDS.

Aber woher kommt der zum Teil höchst gewalttätige Radikalismus am rechten Rand der ostdeutschen Bevölkerung? Allzu schlüssig werden (jungen) Ostdeutschen DDR-typische Autoritätshörigkeit und latente Fremdenfeindlichkeit unterstellt; weitere Erklärungsvokabeln lauten Orientier- ungslosigkeit und – durch (drohende) Arbeitslosigkeit bedingt – Zukunftslosigkeit. Lauter nicht-falsche Erklärungsansätze – aber für arbeitslose junge Westdeutsche kaum weniger zutreffend, kaum ausreichend, die wahrhaft tödliche Wut zu erklären, mit der viele ostdeutsche Rechtsradikale auf ihre Opfer einschlagen.

Die weithin verdrängten, in unseren Analysen aber offengelegten hochgradigen Fehlleistungen einer von westdeutschen Akteuren exekutierten Politik der Machtsicherung, Marktradikalität, der Arbeitsplatzvernichtung und Deindustrialisierung, der Liquidation ostdeutscher Existenzbedingungen und soziokultureller Einrichtungen, der damit verbundenen Verunsicherungen, Arroganz der Macht, der Demütigungen und Abwertungen zahlloser Biographien – alle diese Elemente einer Strukturellen Kolonialisierung haben in der Tat in zahllosen Ostdeutschen Resignation und Verbitterung, aber auch eine große, kalte Wut erzeugt. Bei jungen Leuten ohne jede geistige Orientierung kann dieser „totale Frust“ im Grenzfall sehr gewalttätig und sadistisch zum Ausbruch kommen.

Wer nach den Gründen für die erschreckenden Wellen rechtsradikaler Brutalität sucht, darf über diesen Schuldzusammenhang von Machtanmaßung, Demütigung und „kalter Wut“ nicht schweigen. Aber bis jetzt hat nur der angesehene Leipziger Psychoanalytiker Hans-Joachim Maaz den Finger in diese Wunde gelegt (und ist prompt hart gescholten worden): „Im Vereinigungsprozess sei eine starke Abneigung gegen Westdeutsche entstanden. Diesen Konflikt wage man aber nicht offen auszutragen, sondern sucht Sündenböcke. ‘Es ist leichter, einen sozial schwächeren Ausländer anzugreifen, als den sozial anerkannten Wessi. Man schlägt den Afrikaner, will aber eigentlich den Westdeutschen treffen’“.54

1 Es ist das Verdienst des Präsidenten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), in seiner frühen grundlegenden Kritik des ausbleibenden „Aufschwungs Ost“ den Ideologiecharakter dieses den Status quo legitimierenden Fatalismus ausdrücklich beim Namen genannt zu haben in dem Kapitel „Der Mythos vom Nichtvorhandensein von Alternativen“: Lutz Hoffmann, Warten auf den Aufschwung, Eine ostdeutsche Bilanz, Regensburg 1993, S. 21ff.
2 Die Minderheit der kritischen Darstellungen haben wir zum großen Teil in unserem 2. Sammelband – vgl. F.note 4 – bibliographisch erfasst, a.a.O. S. 249-286. Es wäre die Aufgabe der deutschen Sozialwissenschaft gewesen, spätestens seit 1991 eine (System)kritische Analyse der Vereinigungspolitik zu erarbeiten und insbesondere den Zusammenhang deutlich zu machen zwischen den schwerwiegenden politischen Fehlsteuerungen in diesem Prozess und den vorherrschenden Interessen der Machteliten in Westdeutschland.
3 Alle Zitat nach Frankf. Rundschau v. 1. Juli 2000, S. 1; Romberg-Interview S. 9. 4 Deren Ergebnisse sind in zwei Sammelbänden vorgelegt worden: Wolfgang Dümcke/Fritz Vilmar (Hg.): Kolonialisierung der DDR. Kritische Analysen und Alternativen des Einigungsprozesses, 3. Aufl. Münster 1996, und: Fritz Vilmar (Hg.): Zehn Jahre Vereinigungspolitik. Kritische Bilanz und humane Alternativen, Berlin 2000. Der erste Band wurde gemeinsam mit dem Ostberliner Sozialwissenschaftler Wolfgang Dümcke und mehreren Projektseminaren erarbeitet,- der zweite in Kooperation mit Ostberliner Sachkennern wie Stefan Bollinger, Daniela Dahn, Ulrich Busch, Rolf Reißig, Edelbert Richter und Klaus Steinitz. Es handelt sich um die bisher einzige umfassende und kritische Gesamtdarstellung der deutschen Vereinigung. (Die beiden Bände werden im folgenden abgekürzt zitiert „I“ und „II“.) Die für dieses Resümee grundlegenden Statistiken und Tabellen können gesondert angefordert werden, per Fax, Stichwort „Projektgruppe“: 030-23 62 69 95.
5 Mit präziser Bezugnahme auf die (insgesamt über 30) Detailanalysen, die wir in den zitierten Sammelbänden publiziert haben. Der kritische Leser wird dort finden, dass wir nicht mit bloßen Gegenbehauptungen, sondern mit weithin unbekannten empirischen Details argumentieren.
6 Um nicht missverstanden zu werden: Mit der Darstellung massiver kolonialistischer Politiken wird nicht bestritten, dass auch substantielle Demokratisierungs- und Modernisierungsprozesse in der ehemaligen DDR verwirklicht wurden. Ich habe sie in meiner Begriffsklärung zur „Strukturellen Kolonialisierung“ präzise benannt: Man kann tatsächlich von zwei parallel verlaufenden politischen Prozessen in der ehemaligen DDR sprechen: einem der Demokratisierung und einem der Kolonialisierung, a.a.O. II, S. 21ff.- Solche dialektische Darstellung der substantiellen Widersprüchlichkeit des deutschen – und nicht nur des deutschen – Transformationsprozesses unterscheidet sich allerdings qualitativ von den unkritisch-eindimensionalen „Theorien der Transformation“, wie sie prototypisch in der großen – 572-seitigen! – Zusammenfassung von Wolfgang Merkel (Systemtransformation. Eine Einführung in die Theorie und Empirie der Transformationsforschung, Opladen 1999) vorgeführt werden: Merkel versteht unter den (osteuropäischen) Transformationsprozessen schlicht Demokratisierungsprozesse, deren Hauptphasen der Autor theoretisch und empirisch darstellt.
7 Selbst dieser Tage schrieb der gewiss nicht linkslastige Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), Rüdiger Pohl: „Die frühe Einführung der D-Mark in der DDR war rein wirtschaftlich gesehen keine gute Idee“.(Berliner Ztg. v. 26. 6. 2000, S. 35)
8 Man muss sich nur wundern, wie dieselben Konservativen, die in anderen Situationen die Forderungen auch sehr großer Demonstrationen – etwa 1983 die der Friedensbewegung gegen die Atomraketen-Stationierung! – geflissentlich überhören, im Frühjahr 1990 plötzlich die Transparente der Ostdeutschen ernst genommen haben, auf denen das schnelle „Kommen“ der DM gefordert wurde. Man achtet auf „Volkes Stimme“, wenn es einem ins Konzept passt. 9 Vgl. II, S. 149ff.
10 In diesem Sinn hat der wirtschaftliche Sachverständigenrat („Rat der fünf Weisen“) am 9. Februar 1990 in einem beschwörenden Brief die Kohl-Regierung ermahnt: „1. Wir halten die rasche Verwirklichung der Währungsunion für das falsche Mittel, um dem Strom von Übersiedlern Einhalt zu gebieten. Zweifellos bedarf es eines deutlichen Zeichens, das den Bewohnern der DDR Hoffnung auf eine nicht nur schnelle, sondern auch nachhaltige Besserung ihrer Lebensverhältnisse verheißt und sie veranlasst, in ihrer Heimat zu bleiben. Dieses Zeichen sehen wir in der überzeugenden Ankündigung einer umfassenden Wirtschaftsreform. … Die Währungsunion sollte nach unserer Auffassung nicht am Beginn stehen …. Es ist wohl unvermeidlich, dass die Einführung der D-Mark bei den Bürgern der DDR die Illusion erwecken muss, mit der Währungsunion sei auch der Anschluss an den Lebensstandard der Bundesrepublik hergestellt. Davon kann jedoch keine Rede sein …. Stabile Währungsverhältnisse lassen sich in der DDR auch auf andere Weise herstellen…“ Drucksache 11/8472 des Dt. Bundestages, Bonn 1990, S. 306ff.
11 Wolfgang Stäuble: Der Vertrag. Stuttgart 1991, S. 65; 78
12 Die „Monatszahlen des Gemeinsamen Statistischen Büros der Bundesrepublik“ nannten im Dezember 1990 186 000 Übersiedler von Ost nach West im 1. Halbjahr vor der Währungsunion und 184 000 in den fünf Monaten danach. In der Folge korrigierte das Statistische Bundesamt diese Zahlen nach oben für das 1. Halbjahr 1990 (257 000) und nach unten für das 2. Halbjahr (138 000). Im übrigen stimmt es zwar, dass sich der Übersiedlerstrom bis zur Währungsunion vermindert hat, aber es stimmt ebenso, dass er danach wieder angestiegen ist und dass er sich bis heute auf einem für die ostdeutsche Wirtschaft bedenklichem Niveau gehalten hat. Vgl. Gemeinsames statistisches Bundesamt, Monatszahlen Dezember 1990, 2. Folge, sowie: Statistisches Bundesamt Tabellensammlung zur wirtschaftlichen und sozialen Lage in den neuen Bundesländern, Arbeitsunterlage, Ausgabe 6/98, S. 7 13 „So weitreichende Entscheidungen wie eine Währungsunion mit der DDR können jetzt noch nicht getroffen werden“. Frankf. Allg. Ztg. 18. 1. 90
14 Belege dazu a.a.O.II, S. 148
15 Peter Förster, Günter Roski, Die DDR zwischen Wende und Wahl, Berlin 1990, S.138
16 Manuskr., Pressestelle des Bundeswirtschaftsministeriums, 6. 2. 90, S. 3f.
17 Der Präsident der Bundesbank, Karl Otto Pöhl, erklärte, dass eine Währungsunion nur dann Sinn hätte, wenn ihr ein Sanierungs- und Ausgleichsprozess voranginge. Zunächst müsse man konsequente Wirtschaftsreformen durchführen, um nach und nach die Konvertierbarkeit der DDR-Mark zu erreichen.
18 Selbst Autoren, die an die „Unausweichlichkeit“ der überstürzten Währungsunion glauben, betrachten dies dann aber als eine der „Todsünden“ (W. Hankel) der Vereinigungspolitik, dass die Kohlregierung die Folgen „dem Markt“ überließ und keine der unabdingbar notwendigen flankierenden Stützungsmaßnahmen einleitete. Dazu rechnete man vor allem etwa starke wirtschaftliche (Lohn-)Subventionen, Marketing-Offensiven zugunsten ostdeutscher Produkte, Modernisierungshilfen und Eigentumsreformen, die es gestattet hätten, ohne Rückerstattungsvorbehalte über die Produktionsmittel zu verfügen.
19 Erklärung des Präsidenten der Bundesbank vor der Wirtschaftskommission des Europäischen Parlaments am 19. März 1991 in Brüssel, Le Monde, 21.3.91, S.29
20 Der eher konservative Herausgeber der Wirtschaftswoche schrieb mit Recht: „Stellen wir uns vor, dass Österreich der BRD beiträte und der Schilling in D-Mark zum Satz von 1:1 konvertiert würde. Die Betriebe könnten nicht mehr wirtschaftlich arbeiten. Die österreichische Marktwirtschaft, die heute so leistungsstark ist, würde innerhalb weniger Wochen zusammenbrechen“. Wirtschaftswoche v. 16.- 8. 91. Die verheerenden Auswirkungen haben wir in unserer Analyse – II, S. 152-157 – zusammengefasst. Hier sei nur auf zwei dort pointierte speziell destruktive Faktoren wenigstens hingewiesen:
Die Geschäfte und Zweigstellen der DDR-Handelsketten waren von den großen bundesdeutschen Handelsgruppen aufgekauft worden, welche die DDR-Waren durch Westprodukte ersetzten. Die Konsumenten hatten vielfach keine Möglichkeit mehr, einheimische Produkte zu kaufen; die ostdeutschen Produzenten wurden vom Markt verdrängt. Auch das verhinderte Angebot führte dazu, dass der Absatz und damit die Zahl der Arbeitsplätze stark zurückging. Eine weitere wesentliche Ursache für den wirtschaftlichen Bankrott bestand darin, dass der Handel mit den osteuropäischen Staaten nun auf der Grundlage der D-Mark vollzogen wurde. Von einem Tag auf den anderen verdreifachten sich die Preise für Exporte aus der DDR; die Exportstrukturen brachen zusammen. Westdeutschland aber gewann die Exportpositionen, die der (Ex)DDR verloren gingen
21 Vgl. zu den folgenden Angaben die Belege in der zusammenfassenden Analyse von Steinitz und Vilmar: Die Wirtschafts- und Arbeitsmarktentwicklung 1989-1999, in: II, S. 119-146. Eckdaten auch bei Reinhold Kowalski, Bilanz und Perspektiven des Aufbaus Ost, in: Blätter 8/00, S.1000ff.
22 Es gibt kaum noch industrielle Großbetriebe. Der Anteil der Beschäftigten, die in Betrieben der Industrie mit über 1.000 Beschäftigten arbeiteten, lag 1989 in der DDR bei über 60%, 1992 in den neuen Bundesländern bei 26% und 1996 bei 11% (alte Bundesländer 31%).(Vgl. I, S. 123)
23 Vgl. II, S. 123. Die späteren „Zuwachsraten des BIP betrugen nur noch 1,7 % (1997), 2,0 % (1998), und 1,2 (!) % (1999) und rutschten damit wieder unter die Werte für Westdeutschland“. (Ulrich Busch, Anja Schneider, „Zehn Jahre am Tropf. Vergebliches Warten auf einen selbsttragenden Aufschwung in Ostdeutschland“, in Berliner Debatte INITIAL H. 4/2000, S.102 – eine der genauesten Detailanalysen über die Ursachen des nicht gelungenen Aufschwungs Ost!
24 Busch/Schneider, a.a.O.
25 Lt. Monatsbericht. d. Dt Bundesbank, 7/2000, S. 64
26 Lt. Frankf. Rundschau 8. 12. 93
27 Lt. Frankf. Allg. Ztg. 20. 6. 92
28 Lt. der Selbstdarstellung ihrer Nachfolge-Institution „Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS), Gesamtfinanzen der Treuhand und ihrer Nachfolgeeinrichtungen, Information der Presseabteilung der BvS, Berlin 4/1999.
29 Vgl. zum folgenden Harry Nick, „DDR-Wirtschaft: Weder weltmarktfähig noch marode“, in: Blätter 12/95, S. 1482ff.
30 II, S. 119ff. Was dogmatische Antikommunisten dabei am wenigsten gefallen wird, ist die Tatsache, dass sehr ehrgeizige (und erfolgreiche) Wohnungsbauprogramm und andere Verbesserungen des Lebensstandards, nach der von Honecker ausgegebenen Parole von der „Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik“ in den achtziger Jahren zu empfindlichen Verminderungen der Investitionsrate in der Wirtschaft führten. Edelbert Richter verweist darauf und gibt zu bedenken: „Wenn übrigens die DDR daran gescheitert ist, dass sie sich in ihren Sozialausgaben übernommen hat, dann hat sie zwar in ökonomischer Hinsicht versagt, nicht unbedingt jedoch in moralischer Hinsicht“ (II S. 199f.).
31 II, S.121
32 Ulrich Busch a.a.O. S. 101
33 I, S. 117
34 II, S. 200
35 „Das Ergebnis (der Treuhandpolitik; FV) ist historisch einmalig: der größte Teil einer prinzipiell funktionsfähigen Volkswirtschaft wurde so zerlegt und privatisiert, dass drei Viertel der industriellen Arbeitsplätze liquidiert wurden, massenweise vor kurzem noch leistungsfähige Betriebe den Bankrott erklären mussten oder auf ein Zehntel und weniger ihres früheren Potentials zusammenschrumpften. Aus einem Vermögen von mindestens 500 Mrd. DM … blieb nicht nur nichts übrig. Daraus wurde in der Abschlussbilanz der Treuhandanstalt sogar ein Verlust von rund 250 Mrd. DM sowie Zinsbelastungen von weit über 10 Mrd. DM, die jedes Jahr von den Steuerzahlern in Ost und West aufgebracht werden müssen“. Klaus Steinitz in II, S. 129 36 Der Handelsüberschuss der Alt-BRD im Handel mit Ostdeutschland betrug 1991 179 Mrd. DM und seitdem über 200 Mrd. jährlich. Dieser „Realtransfer“ war übrigens wesentlich höher als die Summen der finanziellen Transferleistungen von West nach Ost (1990 – 99: 1.628 Mrd. DM brutto), die die gewaltige ostdeutsche Nachfrage zu einem großen Teil finanzierte – ein wesentlicher Stabilisierungsfaktor der westdeutschen Konjunktur! Vgl. Busch/Schneider a.a.O. S.106ff. Seit 1990 wurde Ostdeutschland mit „fast 25 v.H.(!) aller Exporte… zum wichtigsten Absatzmarkt für westdeutsche Produzenten“ (G. Leis, Das deutsche Transferproblem der neunziger Jahre, Frankfurt/M u.a. 1994, S. 117).
37 Die differenziertesten Vorlagen von Alternativkonzepten für einen „Aufschwung Ost“ sind von der renommierten „Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik“ (AAW) unter Leitung von Rudolf Hickel erarbeitet und Jahr für Jahr aktualisiert worden, vgl. unsere Literaturliste: II, S. 249 u. 264 (Hickel), und das Schwerpunktheft „Memo-Forum Nr. 27: 10 Jahre Aufbau Ost. Widersprüche, Ergebnisse, Probleme und Alternativen“, Bremen 2000.
Wir haben in unserer Analyse wesentliche dieser ausführlich entwickelten Essentials einer effizienten Industriepolitik resümiert (II, S. 140-146): Stärkere staatliche Regulierung und Beteiligung an der wirtschaftlichen Entwicklung; Reformierung und langfristige Fortführung der Wirtschaftsförderung; Fortsetzung und Systematisierung einer aktiven Arbeitsmarktpolitik einschließlich kontinuierlicher Arbeitszeitverkürzung; Förderung regionalisierter Wirtschaft; Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen; Erweiterung finanzieller Spielräume für Länder und Kommunen.
38 Vgl. die Tabellen und Graphiken II, S. 126f, die veranschaulichen, wie in den neunziger Jahren eine massive Zunahme der Arbeitslosigkeit im Osten und die massive Kürzung arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen korrespondieren: Durch diese wurden 1991/92 ca. 1.800 000 Erwerbstätige vor der Arbeitslosigkeit bewahrt, 1998 aber nur noch ca. 300 000 – drastische Belege für die Möglichkeit bzw. die mangelnde Bereitschaft zu aktiver staatlicher Wirtschaftspolitik.
39 Sie wurden allerdings fälschlich, aus ideologischen Rechtfertigungsgründen, als spezielles finanzielles Opfer für Ostdeutschland deklariert. Tatsächlich waren nur 24 % der Überweisungen von 1.628 Mrd. Sonderzahlungen für die Neuen Länder. Vgl. die detaillierten Nachweise bei Busch/Schneider, a.a.O. S. 105
40 Die Zahl der modernisierten Firmen stagniert, lt. DIE WELT v. 1. 8. 2000; es gibt 23 Unternehmen mit mehr als 1 Mrd. Umsatz – im Westen nicht vier mal, sondern fast 30 mal soviel: 600 Firmen.
41 Nach der großen empirischen Studie von Wilhelm Bürklin u.a., Eliten in Deutschland, Opladen 1997, S. 67. Die Autoren beziehen sich auf unsere 1996er Studie (Anm. 4) und meinen zwar, angesichts ihrer Befunde könne zwar „von einer personellen Kolonisierung … nur bedingt die Rede sein …Allein in den Bereichen Verwaltung, Justiz, Wirtschaft und Militär bilden sie auch in den neuen Bundesländern eine solche Minderheit, dass von einer ‘Kolonisierung’ gesprochen werden kann“ (a.a.O. S. 114).
42 I, S. 84
43 Ausführlich belegt in der französischen Edition unserer Studien: Fritz Vilmar, Gislaine Guittard, La face cachée de l’unification allemande, Paris 1999, S. 147-151. Der Spiegel beurteilte die neue Monopolisierung der Meinungsmacht wie folgt: „Die Presselandschaft der Ex-DDR bleibt fast so einfarbig wie vor der Wende, nur diesmal schwarz statt rot“(17/1991).
44 Rolf Reißig, zit. II, S. 87
45 In einem eigenen Kapitel habe ich im Detail die sozialtheoretische Angemessenheit des von mir eingeführten Begriffs der Strukturellen Kolonialisierung mit allen seinen Bestimmungselementen nachgewiesen: II, S. 21-32. Bereits 1982 hatte Jürgen Habermas den Kolonialisierungsbegriff als aktuelle Herrschaftskategorie eingeführt.
46 Vgl. den Nachweis von Weisheit und Witt: I, S. 78-93
47 In unserem Sammelband II, S. 235-245 haben wir einen systematischen Überblick gegeben über die wichtigsten, in demokratisierter, modernisierter Form „aufzuhebenden“ soziokulturellen Einrichtungen der DDR.
48 Hans-Ulrich Derlien, „Elitenzirkulation in Ostdeutschland 1989-1995“, in: Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament v. 23. Jan. 1998, S. 17.
49 Christian Welzel: Demokratischer Elitenwandel. Die Erneuerung der ostdeutschen Eliten. Opladen 1997, S. 186. Als “Intellektuelle” bezeichnet Welzel diejenigen, die ein abgeschlossenes Hochschulstudium haben.
50 Vgl. II, S. 223-234
51 Vgl. a.a.O. und Konrad Hagedorn/Andreas Eisen (Hg.), Lernstücke. Genossenschaften in Ostdeutschland. Es gab 1999 immerhin 1190 ostdeutsche Agrargenossenschaften (1992: 1464) mit 76 000 Mitgliedern (a.a.O. S. 54ff.).
52 Ich verweise auf die weit verbreiteten Jugendweihen, die Nachfrage nicht nur nach ostdeutschen Marken, sondern auch nach ostdeutscher Pop- und Rock-Konserven in ihren Supermärkten. Der ehemalige Lektor des Aufbau-Verlages hat gemeinsam mit seinem Sohn in Leipzig den Verlag Faber und Faber gegründet, der unter anderem eine umfangreiche „Bibliothek der DDR-Literatur“ ediert. Nicht zuletzt aber ist die für westdeutsche Wohlfahrtsverbände völlig unerwartete Renaissance der „Volkssolidarität“ zu erwähnen. Dieser Verband hat – mit 456 000 Mitgliedern (Awo: ca. 50 000) – „alle West-Konkurrenz in den neuen Ländern abgehängt“ und unterhält in den neuen Ländern zahllose Pflegeheime, Sozialstationen, Altenwohnheime, Kindertagesstätten, Kinder-Erholungseinrichtungen etc. (Der Spiegel, 27/2000, S. 55ff.)
53 Vgl. dessen Zehnjahres-Bilanz in unserem Sammelband von einem der prominentesten ostdeutschen Soziologen, Rolf Reißig (auch er bis heute ohne den ihm gebührenden Platz in der neuen ostdeutschen Wissenschaftslandschaft!) II, S. 51-69.
54 Zitiert nach Ostsee-Ztg. v. 4. 8 2000. H.-J. Maaz gehörte schon früh zu denen, der bei aller notwendigen Kritik ostdeutscher autoritätshöriger Verhaltensweisen die westdeutsche Mit-Verursachung deutlich beim Namen genannt hat: „Wir erfahren Akte der Unterwerfung und Kolonialisierung, und da frage ich mich schon, warum das so sein muss. Hier weigere ich mich, das Primat von Sachzwängen anzuerkennen…Abwicklung, Evaluierung, Sanierung liegen in der Regel in westdeutschen Händen“. Maaz, Das gestürzte Volk, München 1991, S. 42

Fritz Vilmar ist Autor, Professor an der FU-Berlin/ Otto-Suhr-Institut und Vorsitzender des Arbeitskreises atomwaffenfreies Europa.

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