JAZZ – LYRIK – PROSA

aus telegraph #104
von  Josh Sellhorn

Musik und Literatur waren in der Geschichte der Menschheit schon immer ein Paar, das in enger Beziehung zueinander stand – vom frühen Theater, das Musikalisches in die Dramatik einbezog, über die Gesänge aller Zeiten, die ja nicht ohne Texte auskamen, bis zum Jazz unserer Tage als einer der vielen musikalischen Ausdrucksformen, der sich immer wieder mit moderner, zeitgenössischer Lyrik verband. Der schwarze amerikanische Dichter Langston Hughes zum Beispiel hat schon vor vielen Jahren mit solchen Programmen von sich reden gemacht. Die Beatniks – eine literarisch-gesellschaftliche Bewegung mit subjektiv-anarchistischen, protesthaften Dichtungen – machten seit den späten vierziger Jahren und besonders in den fünfziger Jahren besonders in Kalifornien mit ihren Programmen „Jazz and Poetry“ Furore, bei denen sie ihre Verse mit dem damaligen Cool Jazz und West Coast Jazz kombinierten. Auch in der alten Bundesrepublik gab es entsprechende Bestrebungen: „Jazz und Heine“, „Jazz und Benn“, „Jazz und Texte von Peter Rühmkorf“, „Jazz und Ernst Jandl“ und so weiter, die in Veranstaltungen und Rundfunksendungen vorgestellt und zum Teil auch auf Schallplatten veröffentlicht wurden.
Auch in der DDR fanden sich solche Versuche. So verband man in den Programmen „Negerlyrik – Negermusik“ und „Blues“ im Theater im dritten Stock der Volksbühne Berlin den Jazz mit der dichterischen Sprache der Schwarzen Afrikas und Amerikas, so las beim „Treffpunkt Jazz“ in Berlin der Schriftsteller Jens Gerlach eigene Jazzgedichte zur Musik der Jazz-Optimisten. Man muss dazu wissen, dass das Interesse für Lyrik damals in der DDR sehr groß war – immerhin traten damals solche neuen Talente wie Sarah und Rainer Kirsch, Wolf Biermann und Volker Braun erstmals in den Vordergrund. Und als ich als seinerzeitiger Werbeleiter des Verlages Volk und Welt Berlin gedrängt wurde, Werbeveranstaltungen für unsere Bücher zu organisieren, kam ich auf die Idee, mein Hobby und meinen Beruf zu verbinden. So entstand das Projekt „Jazz und Lyrik“, unterschieden von ähnlichen Projekten durch seinen Charakter als Verlags-Werbe-Unternehmen, was heißt, dass nicht ein Thema oder ein Autor im Mittelpunkt standen, sondern eben eine bunte Mischung auf hohem literarischen Niveau, gespeist aus dem Repertoire des Verlages.

Man schrieb das Jahr 1963. Ich ignorierte, dass mir das Kulturministerium der DDR in Gestalt des Abteilungsleiters Dr. Uschkureit ein Jahr zuvor jegliche weitere öffentliche Beschäftigung mit dem Jazz streng untersagt hatte (der damals bei vielen Kulturdogmatikern immer noch als Prototyp „amerikanischer Unkultur“ galt). Die Rückendeckung durch Volk und Welt schien mir ausreichend zu sein. Mein Freund Manfred Krug, gerade durch erste Filmerfolge in der Publikumsgunst aufgestiegen, sollte rezitieren und singen, die Amateur-Dixielandband „Jazz-Optimisten Berlin“ ihren swingenden traditionellen Jazz beisteuern. Zunächst ging alles gut, von gelegentlichen schrillen Warnungen einiger Kulturfunktionäre und Androhungen von Veranstaltungsverboten abgesehen. Dank der Popularität von Krug wurde „Jazz und Lyrik“ zu einem Begriff; von Rostock bis Suhl gab es ausverkaufte Konzerte und stürmischen Applaus des Publikums. (Noch heute gibt es Fans, die beispielsweise Krugs Interpretationen von Erich Weinerts „Zerstörtem Liebesglück“, Samuil Marschaks „Die sieben Sachen“ und – aus dem Nachfolgeprogramm „Lyrik – Jazz – Prosa“ – „Die Kuh im Propeller“ von Michail Sostschenko auswendig zitieren können.)

Für den 13. November 1964 bereiteten wir eine Veranstaltung in der damals neuen Kongresshalle am Berliner Alexanderplatz vor, bei der neben den Jazz-Optimisten und Manfred Krug auch der schon einige Male bei „Jazz und Lyrik“ aufgetretene Schauspieler Eberhard Esche vom Deutschen Theater Berlin und der Liedermacher Wolf Biermann mit von der Partie sein sollten. Zu dieser Zeit hatte Biermann, der für uns alle damals ein vorbildlicher Typ war, der in seinen Liedern das aussprach, was wir auch dachten, aber nicht so gut ausdrücken konnten, noch kein Auftrittsverbot, galt aber schon länger für die Offiziellen als „Unperson“, mit dem man sich lieber nicht einlassen sollte. Ein Freund, der auch wusste, dass bereits meine wieder aufgenommene Beschäftigung mit dem Jazz für die Kulturfunktionäre problematisch war, hatte mich vor der Einbeziehung Biermanns gewarnt, indem er mir einen Witz aus den USA erzählte: „In New York sitzt ein Schwarzer auf einer Bank und liest eine jüdische Zeitung. Da kommt ein Rassist vorbei und murmelt durch die Zähne: ‚Nigger allein genügt wohl nicht!’“ Die Ankündigung von Biermanns Mitwirken beim Konzert ließ einige „150%ige“ Funktionäre nicht ruhen. Ein Verbot der Veranstaltung hielt man allerdings nicht für opportun; aber Biermanns Auftritt wollte man möglichst verhindern oder wenigstens durch strenge Zensur seiner Lieder entschärfen.

Nach einem Hin und Her von Verhandlungen zwischen uns, der Verlagsleitung und „offiziellen Stellen“ kam es zu einem Kompromiss: Fünf seiner Lieder waren allseitig „abgesegnet“ worden (die vergleichsweise harmlosen Stücke „Ballade von der weißen Sophie“ und „Himmelfahrt in Berlin“ sowie die in den Augen der Zensoren schon etwas „bedenklicheren“ Lieder „Warte nicht auf bessre Zeiten“ und „Kunststück“, außerdem „Mein Vaterland, mein Vaterland“ als Zugabe). Ich kommentierte das in der Konzertansage ironisch unter dem Gelächter des Publikums mit den Worten: „Wir haben weder Mühe noch Schweiß gescheut, vier brauchbare Lieder von ihm auszusuchen …“ Außerdem sang Biermann noch zwei Songs von Kurt Tucholsky in der Vertonung durch Hanns Eisler („Der schlimmste Feind“ und „Zuckerbrot und Peitsche“).

Das Konzert in der Kongresshalle wurde ein Riesenerfolg. Die Zuhörer jubelten, und neben den musikalischen Darbietungen waren Krugs salopp-schnoddrigen Gedichtvorträge und Esches genüssliche Interpretation der „Ode an die Seeaalsuppe“ noch lange Gesprächsthema. Alle großen DDR-Zeitungen druckten begeisterte Kritiken. Die Zeitschrift „Eulenspiegel“ kleidete sein Lob in den spaßigen Satz: „Die nächste ‘Jazz-und-Lyrik-Schaffe’ wird wegen der hohen Beteiligung im Cantian-stadion veranstaltet.“ Auf dem Plattenlabel „Amiga“ wurde ein auszugsweiser Mitschnitt veröffentlicht, bei dem allerdings auf alle Darbietungen von Wolf Biermann verzichtet werden musste. Nur Biermanns „Ballade vom Briefträger William L. Moore“, gesungen von Manfred Krug. war von uns durch die Zensur geschmuggelt worden und auf die Schallplatte gekommen. Das bewirkte insofern eine ungünstige Konsequenz, als es deswegen zu DDR-Zeiten nie zu einer Nachauflage der LP „Jazz und Lyrik“ kommen durfte. Der Verlag Volk und Welt gestaltete die seinerzeit aufwendige Plattenhülle und übernahm außerdem die Produktion eines umfangreichen Beiheftes, das in das Doppelcover eingelegt wurde; der darin enthaltene Abdruck des Textes der „Ballade von William L. Moore“ und eines Fotos der „Unperson“ Wolf Biermann löste zusätzlich erheblichen Eklat aus.

Nach dem großen Erfolg von über hundert Veranstaltungen „Jazz und Lyrik“ beschlossen wir, nun im größerem Maße auch Prosabeiträge ins Programm aufzunehmen. Die Premiere der neuen Folge „Lyrik – Jazz – Prosa“ fand am 31. Oktober 1965 als Doppelkonzert wieder in der Kongresshalle am Alexanderplatz statt. Diesmal hatten wir einen größeren Kreis von Gastsolisten dazugeladen: Eberhard Esche, die Schauspielerin Annekathrin Bürger, den Kabarettisten Gerd E. Schäfer und den Leipziger Free-Jazz-Pianisten Joachim Kühn. Schon wochenlang vorher waren die Konzerte ausverkauft. Ein ursprünglich geplanter erneuter Auftritt von Wolf Biermann wurde uns von meinem Verlagsleiter unter Berufung auf eine „Weisung von höherer Stelle“ verwehrt; immerhin war die Veranstaltung wenige Wochen vorm Erscheinen des denunziatorischen Anti-Biermann-Artikels „… der nichts so fürchtet wie Verantwortung“ von Klaus Höpcke im „Neuen Deutschland“ vom 5. Dezember 1965 und dem berüchtigten 11. Plenum des ZK der SED vom Dezember 1965, das einen nicht wiedergutzumachenden Kahlschlag in der DDR-Kultur anrichtete und auch das elf Jahre dauernde faktische Auftrittsverbot Biermanns bis zu seiner Ausbürgerung aus der DDR im November 1976 besiegelte. Weil er damals allerdings wenigstens als Besucher unserer Premiere dabei sein wollte, schickte ich ihm auf seinen Wunsch hin eine Karte, fügte aber keine Rechnung hinzu, was sich später ungünstig für mich auswirken sollte. (Man schmiss mich aus dem Verlag, weil ich ihm eine „Ehrenkarte“ geschickt hatte; ein Vermittlungsangebot, mich durch das Verfassen eines Artikels gegen Biermann für das „Neue Deutschland“ zu retten, lehnte ich ab.)

Biermann erschien dann auch zum zweiten der beiden Konzerte, wurde von der Staatssicherheit vor der Kongresshalle abgefangen, verhaftet und auf einem Mannschaftswagen der Volkspolizei abtransportiert. Als wir von seiner Verhaftung erfuhren, beschlossen das ganze Ensemble spontan, das zweite Konzert nicht früher zu beginnen, als dass er wieder freigelassen wäre. Alle Drohungen meiner Vorgesetzten im Verlag und anderer anwesender „hochgestellter Persönlichkeiten“, uns würde es schlecht ergehen, wenn wir unseren Streik nicht beendeten, ließen wir unbeachtet. Die Zeit verstrich, die Spannung wurde fast unerträglich, die Besucher in der Kongresshalle harrten fast eine Dreiviertelstunde geduldig auf ihren Plätzen aus, dass das Konzert vielleicht doch noch, auf jeden Fall aber verspätet beginnen würde. Endlich kam die Erlösung: Ein höherer Stasi-Offizier ließ uns Mitwirkende im Garderobentrakt zusammenrufen und teilte uns mit, dass „der Bürger Wolfgang Biermann soeben auf freien Fuß gesetzt“ worden sei. Wie sehr uns die Affäre jedoch mitgenommen hatte, lässt sich auf dem Mitschnitt an meiner belegten Stimme hören, mit der ich zur Erkennungsmelodie der Jazz-Optimisten „When It’s Sleepy Time Down South“ die Begrüßungsansage machte. Das von uns gemeinsam im Programm gesungene „We Shall Overcome“ drückte deutlich auch unsere trotzige Haltung aus, Schwierigkeiten zu widerstehen.

Auch „Lyrik – Jazz – Prosa“ wurde trotz der erwähnten Widrigkeiten ein voller Erfolg. Dem swingenden Dixieland der Jazz-Optimisten gaben die Arrangements von Hermann Anders, Volker Kaufmann und Hans Schätzke eigene Prägung. (Andre Asriels „Die Oliven gedeihn“, aufgezeichnet in dem Konzert von 1964, wurde von ihm übrigens speziell für das Bühnenstück „Der Frieden“ von Aristophanes geschrieben, mit dem das Deutsche Theater Berlin in der Bearbeitung durch Peter Hacks in den sechziger Jahren Triumphe feierte und in dem die Jazz-Optimisten als Band mitwirkten.) Eberhard Esche brillierte mit Jewgeni Jewtuschenkos „Engel“ und besonders mit Sergej Michalkows „Der Hase im Rausch“, bei dem er übermütig den Text des Gedichtes gegen die Zudringlichkeit eines übereifrigen Fotoreporters verwendete („Du Strohkopf willst es also wagen, mich zu belästigen …“). Gerd E. Schäfers „Älterer, aber leicht besoffener Herr“ von Kurt Tucholsky fand riesigen Beifall; ein Zwischenruf „Jawoll!“ aus dem Auditorium nach den Worten „Uffjelöst wern wa doch … rejiert wern wa doch …“ musste übrigens vor der Plattenveröffentlichung herausgeschnitten werden. Die Amiga-LP „Lyrik – Jazz – Prosa“ konnte nach langen Diskussionen und Querelen erst drei Jahre nach der Aufnahme erscheinen. Bei ihrer Zusammenstellung gab es schon einige Schwierigkeiten: Auf Joachim Kühns avantgardistische Pianobeiträge musste nicht nur verzichtet werden, weil sie gewissen Kulturfunktionären suspekt waren, sondern vor allem, weil er wenig später die DDR verließ (und im Westen ein Weltstar wurde). Von Annekathrin Bürger war nur das kurze Gedicht „Die arme Frau“ von Tucholsky zu hören, weil ihre längere Lesung aus Antoine de Saint-Exuperys „Kleinem Prinz“ den zeitlichen Rahmen der Edition gesprengt hätte. Ruth Hohmann ist leider nur zusammen mit Krug im „Neuen Abschiedsblues“ zu hören, weil die Mitschnitte ihrer anderen Titel technische Aufnahmemängel hatten. Hervorgehoben werden muss natürlich der Publikumsliebling Manfred Krug. Sein inzwischen zu einem „Klassiker“ gewordener Vortrag von Sostschenkos „Kuh im Propeller“, einer Satire auf parteichinesisches Funktionärsgeschwafel, und die komische Geschichte „Der Flaschenzug“ führten zu wahren Lachsalven. Seine jazzigen Gesangsvorträge fanden wohl ihren Höhepunkt in der meisterlichen Interpretation der wunderschönen Ballade „My Funny Valentine“.

Diese zuletzt genannten Ereignisse markierten schon sozusagen das Ende der damaligen Veranstaltungsserie. Der Verlag Volk und Welt zog sich zurück, einige der Mitwirkenden, die in der Kongresshalle den Protest mitgemacht hatten, waren in der Folgezeit beruflichen und politischen Bedrängungen ausgesetzt. Ich selbst wurde im Verlag Volk und Welt entlassen und durfte dann auch bis zum Ende der DDR nicht mehr in einem belletristischen Verlag arbeiten. Ohne den Verlag führten wir „Lyrik – Jazz – Prosa“ noch eine Weile weiter. Aber bald wurde es durch ein Programm „Jazz und Tanz“ mit den Jazz-Optimisten und Tänzern von der Staatsoper und vom Metropol-Theater abgelöst. Schließlich gab es noch das Programm „Jazz und Folksongs“ mit einer Sängergruppe vom Berliner Hootenanny-Klub (der damals noch nicht zum „Oktoberklub“ umbenannt war), Manfred Krug, Gerry Wolff und Eva-Maria Hagen, mit dem wir uns neue Probleme und Auseinandersetzungen einhandelten. Doch das ist hier nicht das Thema. Die Veranstaltungen mit Jazz und Literatur jedenfalls hatten ein Ende gefunden, wenn man einmal davon absieht, dass auch später Manfred Krug zum Beispiel in Konzerten mit der Klaus Lenz Band noch hin und wieder neben seinem Jazzgesang literarische Kostproben vortrug und andere Ensembles in dieser oder jener Form die Tradition weiterzuführen versuchten. Annekathrin Bürger hat sich in dieser Weise betätigt, Pat Friedrich versuchte sich bei Auftritten mit Panta Rhei, der Modern Soul Band und Bayon auf diesem Feld und auch ich habe mich gelegentlich – wenn die Finanzen für einen professionellen Schauspieler nicht reichten – mit dem Lesen mir gemäßer Texte bei gewissen Jazzveranstaltungen eingemischt. In der späten DDR war aber einfach die Zeit nicht reif für solche Unternehmungen wie in den sechziger Jahren. Damit kein Missverständnis aufkommt: Mit unseren Aktivitäten verstanden wir uns nicht etwa als Widerständler; aber ein bisschen gegen den Stachel der einengenden Kulturpolitik löken wollten und taten wir immer wieder.

Nach der Wende gab es für längere Zeit auch keine Möglichkeit für einen Neuansatz. Das Publikum im Osten wollte nun erst einmal zu lange entbehrte westliche Kulturäußerungen kennen lernen; für das Publikum im Westen war – und ist – diese spezielle Ost-Tradition unbekannt und darum kaum zu vermitteln. Erst 1997 hatten wir den Mut, einen Neubeginn zu wagen. Sich von Konzert zu Konzert ständig abwechselnde Schauspielerinnen und Schauspieler wurden gefunden: Annekathrin Bürger, Ursula Karusseit, Walfriede Schmitt, Barbara Dittus, Barbara Schnitzler, Madeleine Lierck, Rolf Römer, Günter Junghans, Daniel Minetti, Peter Bause, Pat Friedrich, Lutz Stückrath; außerdem Eulenspiegel-Autoren: Hansgeorg Stengel, Ernst Röhl, Jochen Petersdorf, Lothar Kusche, C. U. Wiesner, Mathias Wedel, Renate Holland-Moritz, Manfred Bofinger, Peter Ensikat. Auf der Seite des Jazz agierten und agieren im Wechsel die Gruppe Enfant (mit der Sängerin Uschi Brüning und dem Saxophonisten Ernst-Ludwig Petrowsky), Hermann Anders Band mit dem Sänger Karsten Troyke oder der Sängerin Ruth Hohmann, der Posaunist Conrad Bauer, das Macky Gäbler Quartett (auch mit Ruth Hohmann), das Ulrich Gumpert Trio (neuerdings mit der Sängerin Leta Davis aus den USA), Jazz-Collegium Berlin (auch mit Ruth Hohmann, deren „Stammband“ es ja ist), das Duo Brüning-Petrowsky, Papa Binnes Jazz Band, Trio „Scho?“ mit russischer Musik und das Manfred Dierkes Trio. Für den Herbst 2001 sind Auftritte mit der Jazz-Optimisten Revival Band vorgesehen, also mit Musikern, die in den sechziger Jahren die ständige Konzertband der Serien war. Als Gastsolisten auf der literarischen oder der musikalischen Seite waren bisher unter anderen Tom Pauls, Franziska Troegner, Wiglaf Droste, das Spardosen-Terzett aus Essen, Heinz Kahlau, Gerhard Branstner, Evelyn Künneke, Heide Bartholomäus und Bardo Henning, Dietrich Kittner und Suzanne Albarracin dabei. Neben dem Standardprogramm wurden und werden kleinere Sonderprogramme wie „Love and Blues“ (mit Walfriede Schmitt, Ruth Hohmann, Conrad Bauer und Ulrich Gumpert), „Lady sings the Blues“ (ein Billie-Holiday-Abend mit Barbara Schnitzler, Leta Davis und dem Ulrich Gumpert Trio), „Das literarische Kabarett“ (mit Madeleine Lierck, Lutz Stückrath und dem Jazz-Collegium Berlin) entwickelt.

Bis Ende 2001 wird es knapp 90 Konzerte „Jazz – Lyrik – Prosa“ gegeben haben. Das ist keine atemberaubend hohe Zahl; aber bei den ökonomischen Verhältnissen auf dem Gebiet der Kultur (denn die Programme haben schon ihren Preis) und wider die mäkelnden Stimmen, solch anspruchsvolle Darbietungen vertrügen sich nicht mit den meisten sonstigen Angeboten in der „Spaß-Gesellschaft“, ist es doch schon eine gewaltige Wegstrecke, die „Jazz – Lyrik – Prosa“ bisher bewältigt hat. Und es wird immer noch weitergehen, denn von unserem Vorhaben, den Interessierten gute Literatur und mitreißenden Jazz zu servieren, lassen wir nicht ab.

Bleibt noch zu erwähnen, dass neben der CD „Jazz – Lyrik – Prosa“, die fast alle Titel der beiden LPs aus den sechziger Jahren vereint (und die sich seit 1995 über 70.000 Mal verkauft hat), auch jetzt weitere CDs mit Aufnahmen von der neuen Serie erschienen sind: der Live-Sampler „Jazz – Lyrik – Prosa II“ (mit Mitschnitten aus Konzerten 1997 und 1999) und die in der Reihe „Ohr-Eule“ des Eulenspiegel Verlages herausgekommenen CDs „Breitmaulfrösche“ (Hansgeorg Stengel, Uschi Brüning & Enfant), „Lachen und lachen lassen – Eulenspiegeleien I“ (Edgar Külow, Lothar Kusche, Jochen Petersdorf, Ernst Röhl, C. U. Wiesner und Karsten Troyke mit Begleitung), „Lachen und lachen lassen – Eulenspiegeleien 2“ (Manfred Bofinger, Peter Ensikat, Renate Holland-Moritz, Mathias Wedel und Papa Binnes Jazz Band), „Kalauer Doppelsalto“ (Hansgeorg Stengel, Ruth Hohmann und das Macky Gäbler Quartett) und „Schlaf schneller, Genosse“ (Ursula Karusseit, Günter Junghans und das Trio „Scho?“ mit den Gästen Karsten Troyke und Suzanna Albarracin).

Josh Sellhorn ist Kenner der DDR – Jazzszene und lebt in Berlin.

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