Editorial telegraph #106

Ab jetzt trägt der telegraph nicht mehr die Unterzeile –ostdeutsche Quartalsschrift–.

Das ist eine Konsequenz unserer momentanen Situation. Es ist uns nicht möglich aller drei Monate ein neues Heft zu produzieren. Wir und unsere Autoren arbeiten unentgeltlich und sind, sicher wie Ihr, unsere Leser, unter größerem Druck, auf verschiedenste Art auch Geld fürs Leben zu organisieren. Das ist zunehmend schwerer geworden. Das Projekt telegraph wollen wir deshalb jedoch nicht aufgeben. Die Abo-Bedingungen bleiben wie bisher für vier Nummern bestehen.

„Inzwischen sterben die Rebellen von einst dahin. … Heiner Müller hatte den Reigen – Totentanz – nach der „Wende“ eröffnet, wenn ich mich recht erinnere. Ich bin geneigt, hier auch die Anzeichen eines Umbruchs zu erblicken.“ (Hans-Jochen Vogel, telegraph 105)

Leider setzt sich dieser Reigen fort. Vor allem an die Autoren Lothar Feix, gestorben Anfang März im Alter von 48 Jahren und Sean McGuffin, gestorben Ende April, zwei Tage vor seinem 60. Geburtstag, wollen wir hier erinnern. In den letzten telegraph – Heften konnte man einige Texte von Ihnen nachlesen.

„Mit Lothar Feix starb einer, der schon dabei war, als es in Prenzlauer Berg noch nichts gab, das ein Dabeisein verlangte – keinen Mythos, keine Szene und erst recht keine Café-Monokultur. Wie Freunde und Legende berichten, ist er ein Bohemien von beeindruckender Konsequenz gewesen.“ (FAZ, 17. Mai 2002)

„McGuffin bezeichnete sich selbst als Republikaner, Anarchist, intellektueller Hooligan und Schriftsteller – und als fetter Bastard. Er war bei jeder Runde dabei, die auf die IRA ausgegeben wurde, was ihm eine beträchtliche Leibesfülle einbrachte…“ (taz, 30. April 2002)

Wir werden in dieser Ausgabe mit Texten von ihnen und über sie Abschied nehmen. Das sich nun auch die PDS an der „organisierten Kriminalität“, der Privatisierung von Gewinnen und der Sozialisierung privater Verluste beteiligt und ihre Forderung nach sozialer Gerechtigkeit ad absurdum führt, kann im Artikel vAon Birger Scholz nachgelesen werden.

Die Zeitschrift telegraph hat ein Zusatzprojekt für literarische und für umfassendere Texte zum Zeitgeschehen gestartet. Die kleinformatigen Bände tragen den Namen surrogate und erscheinen von Zeit zu Zeit. Die Nummer 1 mit dem Titel Lothar Feix – Kneipen & so‘n Zeugs ist soeben erschienen. In dem Band stehen neben Kurzgeschichten von Lothar Feix, Texte über ihn von Alexandra Andreew, Uwe Radloff, Hugo Velarde und Bert Papenfuß. Der Band hat 64 Seiten und kostet 5,00 € . surrogate # 2 erscheint im 3. Quartal 2002 mit Texten von und über Sean McGuffin.

Lesen bildet, aber das Sterben muss ein Ende haben! Eure Redaktion telegraph

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