ZU DEN GESCHEHNISSEN IM IRAK UND IN DEN USA

Amerikaner in Berlin gegen den Krieg

aus telegraph #108

Als US-BürgerInnen in Deutschland haben wir in den letzten zwei Monaten unsere Stimmen gegen die Pläne für eine Invasion des Irak erhoben. Unsere Aktivitäten als Amerikaner in Berlin gegen den Krieg sollten das Volk unseres Gastlands daran erinnern, dass die US-Bevölkerung keineswegs geschlossen hinter der Politik der Bush-Regierung steht. Als US-AmerikanerInnen wissen wir, dass die Bush-Politik nicht dazu dient, die Vereinigten Staaten zu verteidigen, sondern ganz im Gegenteil gefährdet die Regierung die Interessen der Bürger. Diese Regierung hat unser Land international isoliert und Ablehnung in der Welt geschaffen. Durch unsere Abweisung dieser Kriegspläne stehen wir mit der großen Mehrheit der Weltbevölkerung, ebenso in den wenigen Ländern wie Großbritannien, Australien und Spanien, die die amerikanische geführte Koalition unterstützen. Darüber hinaus schließt sich mindestens die Hälfte der US-Amerikaner uns an. 

Wir haben mit Bestürzung zusehen müssen, wie die Bush-Regierung eine Reihe von Gründen für einen sogenannten Präventivkrieg gegen den Irak vorgestellt hat, wobei es nicht an Plagiate, Fälschungen und dreisten Lügen fehlte, die allesamt mühelos von den vorliegenden Beweisen widersprochen werden konnten. Wir sind entsetzt über die Art und Weise, mit der die Bush-Regierung das große Verbrechen und die Tragödie des 11. September 2001 als Vorwand instrumentalisiert hat, um den Irak anzugreifen, obwohl nie irgendwelche glaubwürdigen Beweise für eine Verbindung zwischen dem Regime von Saddam Hussein und den Angriffen des 11. Septembers gezeigt wurden.

Da nun dieser ungerechte Überfall erfolgt ist, weigern wir uns zu schweigen. Die Doktrin des Präventivkrieges bleibt eine Missachtung der US-Verfassung, des Völkerrechtes und der Charta der Vereinten Nationen. Daher werden wir weiterhin die volle Wahrheit über die tatsächlichen Motive der Bush-Regierung bei der Kriegsvorbereitung und -führung erforschen und weitergeben. Wir werden nicht vergessen, genauso wenig werden wir zulassen, dass die Macht der Ereignisse die Geschichte unseres Landes begräbt.

Hinsichtlich der US-Rolle im heutigen Irak fordern wir daher einen raschen Übergang zur irakischen Selbstregierung durch einen demokratischen Prozess unter der Ägide der Vereinten Nationen und einen raschen Rückzug aller ausländischen Mächte. Der Irak darf nicht zu einer amerikanischen Kolonie werden, wodurch der Krieg sich in neuer Form fortsetzen würde und was wahrscheinlich zu einer ausufernden Katastrophe für alle Beteiligten führen würde. Die amerikanische Besatzung des Iraks zeichnet sich durch eine sträfliche Missachtung der Sicherheit und Wünsche der Zivilbevölkerung aus. Dass die U.S. Truppen sich geweigert haben, Plünderung und Lynchjustiz zu verhindern, dass Rumsfeld zynisch von der „Unordentlichkeit der Freiheit“ spricht, dass irakische Proteste ignoriert bzw. mit Gewalt unterdrückt werden – all das verheißt nichts Gutes für die amerikanische Präsenz im Irak.

Wir Amerikaner in Berlin gegen den Krieg werden unsere Arbeit fortsetzen – auf der Straße, in Hochschulen, durch Vorträge, auf Kulturveranstaltungen usw.. Wir werden Kontakte zu gleich gesinnten Gruppen von US-Bürgern in Europa knüpfen und mit ihnen für die folgenden Ziele zusammenarbeiten:
Wir werden Opposition gegen die schädliche Bush-Politik mit friedlichen und demokratischen Mitteln, in Solidarität mit all denjenigen, die dies in der Heimat bzw. in den Gastländern leisten. Wir werden Forschung und Aufklärung über die politischen Entwicklungen in unserem Land treiben, was diese Invasion überhaupt erst ermöglicht hat, was zu weiterer Aggression zu führen droht, und was unsere wertvollen Freiheiten zu Hause gefährdet.

Wir werden gegen die schreckliche Entwicklung von Staatsgeheimnissen und einer Abschwächung von Menschenrechten unter einem Zustand von geplanter Hysterie und einem ewigen Notzustand arbeiten. Wir werden für eine Ablösung dieser Regierung, die diese Bedingungen zu verantworten hat, mit demokratischem und friedlichem Mittel und für die Aufhebung des „USA-Patriotengesetzes“, sowie anderer verfassungswidriger Maßnahmen, die unsere Demokratie aushöhlen, arbeiten.

Wir stehen für den wahren Geist Amerikas, dem Geist, den Thomas Jefferson im Jahre 1776 vertrat, als er in der Unabhängigkeitserklärung schrieb:
Wir halten diese Wahrheiten für ausgemacht, dass alle Menschen gleich erschaffen wurden, dass sie von ihrem Schöpfer mit gewissen unveräußerlichen Rechten begabt wurden, worunter sind Leben, Freiheit und das Bestreben nach Glückseligkeit. Dass zur Versicherung dieser Rechte Regierungen unter den Menschen eingeführt worden sind, welche ihre gerechte Gewalt von der Einwilligung der Regierten herleiten; dass sobald einige Regierungsformen diesen Endzwecken verderblich wird, es das Recht des Volks ist sie zu verändern oder abzuschaffen, und eine neue Regierung einzusetzen; die solche Grundsätze gegründet, und deren Macht und Gewalt solchergestalt gebildet wird, als ihnen zur Erhaltung ihrer Sicherheit und Glückseligkeit am schicklichsten zu sein scheint.
Die Zukunft ist ungeschrieben.

22.04.2003

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