FRONDA – GESEGNETER FASCHISMUS IN POLEN

von Kamil Majchrzak
aus telegraph #111

15 Jahre nach der Wende kämpft eine polnische Generation von selbsternannten Torquemadas gegen die Orientierungslosigkeit der Postmoderne und die Auslieferung vieler ziel- und wertsetzender Funktionen der katholischen Kirche an eine säkulare, nicht nationalstaatliche Herrschaft und die globalisierte Weltwirtschaft. 

Die gegenwärtige kulturpolitische Diskussion in Deutschland und Polen ist gekennzeichnet durch das schleichende Verwischen von Grenzen zwischen einer wertkonservativen und rechtsradikalen bzw. faschistoiden Haltung. Verkörpert wird diese Entwicklung durch den siegreichen Einzug eines neurechten Diskurses in der Mitte sowohl der deutschen als auch der polnischen Gesellschaft. Dieser äußert sich in Deutschland in einem neuen deutschen „Wir“. In Polen wird dieses „Wir“ zwar mit anderen kulturell bedingten Merkmalen aufgeladen. Beide Länder eint jedoch die Ablehnung der angeblich herrschenden political correctness in der Haltung gegenüber dem Holocaust, ethnischen, kulturellen und sexuellen Minderheiten, sowie der Bestimmung einer ethnisch und kulturell homogenen Leitkultur. Den intellektuellen Prototyp zur Schaffung einer Grauzone zwischen Wertkonservatismus und Chauvinismus entwarf im internationalen Kontext die „Nouvelle Droite“, die Neue Rechte. Oberflächlich betrachtet scheint diese kaum Gemeinsamkeiten mit einer rechtsradikalen Haltung zu haben: Eindeutige gewalttätige Assoziationen in Form von marschierenden Glatzen mit schwarz-weiß-roten Fahnen werden vermieden und durch Begriffe und Symbolik ersetzt, die eine fin de siècle Stimmung verbreiten. Die vorsintflutlichen Bilder der Neuen Rechten verfolgen das Ziel angeblich im Geist der Nation vererbte „ewige Werte“ zu reaktivieren und sie als Lösung postmodernen Chaos und Werteverfalls gesellschaftsfähig zu machen.

In Polen stehen „Neues Mittelalter“, „orthodoxer Katholizismus“ und „Ethnopluralismus“ als das ideologische Programm einer „konservativen Revolution“, die um soteriologische Züge erweitert wird. Die polnische „Kulturrevolution von rechts“ verfolgt die Absicht, das bedrohte christliche Bewusstsein Europas zu retten.

Die Entstehungsgeschichte der „Nouvelle Droite“ wurde bereits vielfach beschrieben. Eine Gruppe junger französischer Intellektueller vereinnahmte Ende der 60er Jahre das Konzept des italienischen Kommunisten Antonio Gramsci, wonach keine Veränderung in der gesellschaftspolitischen Ordnung der Macht möglich sei, wenn nicht zuvor die politische Transformation schon in den Köpfen stattgefunden hat. Eine konservative Revolution, die den ersehnten politischen Wandel schafft, setze be-reits die Umwandlung der bestehenden Mentalitäten und Wertvorstellungen voraus. Sie vollzieht sich über eine langfristige und geduldige ideologische Vorarbeit in der zivilen Gesellschaft. Im Rahmen des Kampfes um die „kulturelle Hegemonie“ und als Reaktion auf die 68′ Studentenrevolte wurde ein Verein zur Unterstützung von wissenschaftlichen Untersuchungen der europäischen Zivilisation (GRECE – Groupement de Recherche et d’Etudes pour la Civilisation Européenne) gegründet.

Nach zehn Jahren intensiver „Forschungs- und Bildungstätigkeit“ ging die GRECE verstärkt an die Öffentlichkeit. Die Ideologie der französischen Neue Rechte veränderte das konservative Lager. Viele bisher als rechtsradikal qualifizierte Tabus wie Faschismus, Antisemitismus und Chauvinismus sind nun salonfähig geworden.

Im Zeichen der Wiederentdeckung der nationalen und kulturellen Identität sind auch in Polen und Deutschland viele althergebrachte Gegensätze und Vorbehalte aufgelöst. So treten zum Beispiel in der neurechten Zeitschrift „Criticon“ Autoren christlich-konservativer Herkunft zusammen mit Alain de Benoist auf und vergessen dabei, dass der intellektuelle Wortführer der französischen Neuen Rechten dem christlichen Universalismus den Kampf angesagt hat. Wolfgang Strauß – ein nationaler Sozialist und Repräsentant der neuen westdeutschen „Nationalrevolutionäre“, die sich auf die Tradition von Ernst Niekisch berufen, ist regelmäßiger Mitarbeiter des, in Polen oft zitierten, katholischkonservativen Herausgebers der Herder-Bücher-Reihe „Initiative“ Gerd-Klaus Kaltenbrunner. Niekisch – ein Theoretiker des Nationalbolschewismus in der Weimarer Republik, der mit seiner „Widerstandsideologie“ einen Brückenschlag zwischen Arbeiterbewegung und völkischem, rechtskonservativem und antidemokratischem Denken zu schlagen versuchte, wird nicht nur zunehmend in linken Kreisen populär. Als Feind alles Römisch-Katholischen, jener Geistesrichtung für die der Herder-Verlag publizistisch wirkt, wird Niekisch in seiner Ablehnung des Pluralistischen Chaos ein Partner im Kampf gegen das moderne christliche Abendland und die „Fehlentwicklungen“ in der katholischen Kirche.

Ähnlich wie Gerd-Klaus Kaltenbrunner in der Jungen Freiheit den „Geist des Mittelalters“ gegen „nationale Dekadenz“ verficht, so kämpft in Polen eine ganze Generation von 30- Jährigen im Sinne dieses „universalistischen Geistes“ mit Hilfe der Zeitschrift Fronda für eine verbindliche Auslegung der Wahrheit für Polen und Europa. Eine polnische Perspektive dieser „Konterreformation“ eröffnete die Diskussion um die Verankerung „christlicher Werte“ in der EU-Verfassung und die Unterstützung fundamentalistisch-religiöser Gruppen im jüngsten US-Präsidenten – Wahlkampf.

Offensive Bestimmung der geweihten „Wahrheit“
Fronda hieß in der altfranzösischen Sprache eine Schleuder, mit der zur Zeit der Französischen Revolution – in Anlehnung an den biblischen Kampf David gegen Goliath – diejenigen bezeichnet wurden, die sich gegen den Revolutionsterror aussprachen, v.a. die Aristokraten. Wie der kleine David mit dem Riesen Goliath, wie die Aristokraten mit der Revolution, so stellt sich die Zeitschrift Fronda als geistige Elite Polens zum Ziel, jegliche Erscheinungen des „Bösen“ in der Welt zu bekämpfen. Eine moralische Grundlage dazu bildet der Katholizismus.

Bereits in der ersten Ausgabe der Zeitschrift von 1994 erklärt Fronda ihren Rückgriff auf Religion über den Abdruck eines Textes des polnischen Faschisten Jan Mosdorf (1904-1941), einem der Führer und Chefideologen von Obóz Narodowo Radykalny [National-Radikale Bewegung], einer faschistischen Terrortruppe, die durch Mordanschläge auf Juden und Anschläge auf jüdische Geschäfte Bekanntheit erlangte. Die am 14. April 1934 ins Leben gerufene prokatholische ONR verstand den Staat als nationale Organisation von Streitkräften in der der „Soldatengeist“ die Nation durchzieht. Des Staates wichtigstes Ziel ist die Erziehung der Polen zum Militärdienst. Die Grenzen eines solchen ur-polnischen Staates sollten durch den Einflussbereich der „polnischen Zivilisation“ bestimmt werden. Juden und Deutschen als Assimilierungsunfähigen werden dabei alle politische Rechte aberkannt.

In einem 1936 verfassten Aufsatz, unter dem Titel „Der Glanz der Katholischen Renaissance“, erklärt Mosdorf die Rückwendung der jungen Generation auf die katholische Religion „nicht als flüchtige Mode sondern als Rückbesinnung zu den Quellen der Geisteskraft, dem permanenten Hafen in Zeiten der tobenden Gewitter (…) Und diese Rückkehr erfolgt nicht auf dem Weg von kompliziertem Denken, sondern ist ein Akt innerer Pflicht, ohne den wir nicht in der Lage wären etwas von den wirren Ereignissen in uns und um uns zu verstehen.“

Die bereits in der ersten Ausgabe von Fronda eingeschlagene Richtung der unkommentierten Wiedergabe von faschistischen bzw. rechtsradikalen und antisemitischen Texten ist eine Strategie von Fronda – einem nicht nur inhaltlich religiös straff organisierten sondern auch wirtschaftlich konsequent im Kapitalismus agierendem Unternehmen. Der hauseigene Fronda -Verlag bringt jährlich über 20 Titel heraus. Darunter Bücher wie:
Jean-Didier Lecaillon „Familie als Grundlage des Wohlstandes“, Dietrich von Hildebrand „Das trojanische Pferd in Gottes Stadt. Die Ursachen der Krise in der katholischen Kirche“, Robert Tekieli „Homöopathie – Populäre Enzyklopädie des New Age“, Jacques Maritain „Kunst und Vernunft“, Marian Zdziechowski „Das Gespenst der Zukunft“ und Marek Jan Chodakiewicz „Die geraubte Erinnerung: Bürgerkrieg in Spanien 1936–39“ und „Nationale Streitkräfte [Narodowe Sily Zbrojne]. Der Zahn gegen zwei Feinde“. Die Zeitschrift selbst hat eine Auflage von 5.000 Exemplaren und kommt in unregelmäßigen Abständen zwei bis drei Mal im Jahr heraus. Daneben wurden in den Jahren 1995 bis 2001 8 ca. 20-30 minutenlange TV-Sendungen für das staatliche polnische Fernsehen TVP 1 produziert. Das Verlagsprogramm ist damit breit gefächert und reicht vom orthodoxen Katholizismus und Theologie über verkappten Antisemitismus bis zur Geschichtsklitterung. In der Serie Judaica werden drei Bücher geführt, die nach Angaben des Verlages Zeugnisse der Konversion von Juden zum Katholizismus darstellen: Eugenio Zolla, Karl Stern und Bernard N. Natanson.

Die A5-Hefte von Fronda sind gut layoutet und haben einen Umfang von meist 350-400 Seiten. Bemerkenswert ist die graphische Gestaltung und Ästhetik der Titelseite, auf die es nicht nur die Heilige Maria, Erich Honecker mit Nazifahnen und einem Trabbi sondern auch ein Soldat der SS-Einheit Lettlands geschafft hat.

Am Ende jeder Ausgabe befindet sich ein an Inquisition anmutender Index verbotener Bücher, auf die Carl Gustav Jung, Theodor Adorno, der Dalai-Lama, Jürgen Habermas, Martin Heidegger, Friedrich Nietzsche und Ernst Gellner gesetzt wurden. Der Herausgeber Rafal Smoczynski äußerte sich dazu in einem Interview: „Manche Bücher sind einfach objektiv schädlich“.

An den wirtschaftlichen Betrieb lehnt sich die Produktion von CDs, T-Shirts („Let them be born“, „Stop Abortion“, „Die Mädchen warten auf Dein Gebet – 24 Stunden“, etc.) an.

Fronda bekennt sich auf ihrer Homepage unter der Überschrift „Unsere Meister“ zu Ideen der Personen Clive Staples Lewis, Eric Voegelin, Gilbert Keith Chesterton, Jacques Maritain, Papst Johannes Paul II, Kardinal John Henry Newman und Nikolai Berdjajew. Einige von diesen Meistern will ich hier kurz vorstellen.

Lewis – es reicht nicht ein guter Mensch zu sein
Das Christentum versteht sich als Religion der Wahrheit. Die Verkündigung des Evangeliums ist eine seiner wichtigsten Aufgaben. Die Moderne brachte eine zunehmende Verwissenschaftlichung des sozialen Diskurses und zwang auch die Theologie über den Sinn des christlichen Bekenntnisses in fundierter Form Rechenschaft abzulegen.

Die Vermittlung der christlichen Identität und die Auseinandersetzung mit Kritik ist die Aufgabe der Apologetik, zu deren bekanntesten Verfechtern Clive Staples Lewis gehört.

In seinem Buch „Die große Scheidung“ karikiert Lewis in der Person eines anglikanischen Bischofs den „Jargon eines modernen Intellektuellen“, der die Suche nach Wahrheit zum Selbstzweck erhebt und dem Finden selbst keinen Wert beimisst. Im Kontext dieser Auseinandersetzung fragt Lewis in „Gott auf der Anklagebank“: „Warum Christ werden? Genügt es nicht, ein guter Mensch zu sein?“. C. S. Lewis antwortet: „Wenn mich aber jemand fragt: „Kann ich nicht ein guter Mensch sein, ohne dass ich Christ bin?“, dann hat er offensichtlich andere Voraussetzungen. Wenn er nichts vom Christentum wüsste, könnte er diese Frage gar nicht stellen. (…) Dieser Mensch verlangt tatsächlich die Erlaubnis, mit seinem „Gutsein“ durchs Leben zu kommen, bevor er alles daran gesetzt hat zu erfahren, was überhaupt „gut“ heißt; diese Antwort sollte genügen. Aber etwas muss dazu noch gesagt sein: Wir müssen gar nicht untersuchen, ob Gott ihn für seine Feigheit und Faulheit bestrafen wird; solche Leute bestrafen sich selbst. Dieser Mann drückt sich. Er versucht absichtlich (sic!), nicht zu wissen, ob der christliche Glaube wahr oder unwahr ist, denn er befürchtet unabsehbare Schwierigkeiten, falls er sich als wahr erweist. Dieser Mensch ist wie einer, der absichtlich „vergisst“, einen Blick aufs Anschlagbrett zu werfen, weil er befürchtet, er könnte dort seinen Namen entdecken und irgendeine unangenehme Arbeit verrichten müssen. Er ist wie einer, der sein Bankkonto lieber nicht anschaut, weil er Angst hat zu erfahren, was darin steht. Er ist wie einer, der nicht zum Arzt geht, wenn er einen verdächtigen Schmerz zu spüren beginnt, weil er Angst hat vor der ärztlichen Diagnose.“

In dem Buch „Pardon, ich bin Christ“ legt C. S. Lewis die verbindliche Auslegung des christlichen Bekenntnisses fest: „Wenn wir zulassen, dass die Leute das Wort Christ vergeistigen und verfeinern oder – wie sie es vielleicht ausdrücken würden – „vertiefen“, dann wird auch dieses Wort schnell entwertet sein.“

Clive Staples Lewis war Mittelpunkt des christlich geprägten Literaturkreises der „Inklings“ und lange Zeit eng mit J. R. R. Tolkien befreundet. Die beiden Autoren beeinflussten sich gegenseitig nicht unwesentlich. In Deutschland besteht seit 1983 die „Inklings-Gesellschaft für Literatur und Ästhetik e.V.“, die sich in Symposien und Gesprächskreisen außer mit C. S. Lewis auch mit anderen Fantasy-Autoren und Verfassern religiöser Literatur wie z.B. J. R. R. Tolkien, Dorothy L. Sayers, George MacDonald und G. K. Chesterton beschäftigt.

Voegelin – religiöse Erfahrungen als die notwendige Grundlage politischer Ordnung
Der 1922 bei Hans Kelsen und Othmar Spann promovierte Eric Voegelin entwickelte in ausdrücklicher Opposition zu positivistischen und szientistischen Ansätzen der Gesellschaftswissenschaften eine eigene Vorgehensweise in den Sozialwissenschaften. Eric Voegelin entwickelte eine eigentümliche Lehre von den religiösen Erfahrungen des Menschen als der notwendigen Grundlage politischer Ordnung. Damit ein politisches Gemeinwesen über eine stabile und im ethischen Sinne gute politische Ordnung verfügt, muss die politische Ordnung tief im religiösen Empfinden der Bürger verwurzelt sein. Das religiöse Empfinden geht dabei nicht vom Staat oder vom gesellschaftlichen Kollektiv aus, sondern entspringt dem existentiellen Erleben des Einzelnen. Nach Maßgabe dieses im individuellen Erleben verankerten religiösen Empfindens muss die politische Ordnung gestaltet werden. Damit dies funktioniert, ist die Intaktheit des religiösen Empfindens von größter Bedeutung. In diesem Sinne ist ein Rückgriff auf die inhaltliche Ebene der religiösen Dogmen und Erfahrungen erforderlich. Voegelin geht davon aus, dass die Wurzeln des Staates im „Wesen des Menschen zu suchen seien.“ In seinen Untersuchungen rezipiert er die naturwissenschaftliche Betrachtungen Darwins, weist jedoch gleichzeitig auf deren Unzulänglichkeiten hin. Unter Zuhilfenahme von Fichte betrachtet Voegelin den Menschen als Gesamtwesen in seiner leiblich-seelisch-geistigen Einheitsgestalt. Zentral für das Verständnis von Voegelins Rassen- und Staatslehre sind die Begriffe der „Idee“ und „Ideenlehre“, die an der Konstituierung politischer Gemeinschaften mitwirken. Diese Begriffe erläutert er in seinem 1933 erschienenen Buch „Rasse und Staat“: „Unter Idee soll die reale Einheit der in räumlicher und zeitlicher Mannigfaltigkeit sich ausgliedernden pflanzlichen, tierischen und menschlichen individuellen und kollektiven Ganzheiten verstanden werden. Die Person ist Idee im Verhältnis zum personalen Lebensablauf; die Menschheit Idee gegenüber der menschlichen Mannigfaltigkeit; die Tier- oder Pflanzenart gegenüber dem tierischen oder pflanzlichen artzugehörigen Individuum. Unter Idee verstehen wir also nicht einen Begriff, sondern die reale Substanz, die als Eine in einer Vielheit erscheint.“ Seine Untersuchung geht der Frage nach ob das Gestaltgesetz des Leibes mit dem der Seele übereinstimmt, ob also die Seele in dem Leib, in welchem sie wohnt, zugleich das zu ihr passende Ausdrucksfeld findet. Dies liegt dann vor wenn Seele und Leib demselben Gestaltgesetz folgen, die Seele in dem zu ihr gehörigen Leib das zu ihr passende Ausdrucksmedium findet. In diesem Fall spricht Voegelin von „reinem Blut“, wobei er dies nicht auf die biologische Bedeutung reduziert, sondern damit die Verbindung der Seele mit dem Leib als ihrem Ausdrucksmedium bezeichnet.

Dabei konstituieren Leibideen, als Unterfall der Rassenideen die Ordnung des Menschen in der Gesellschaft. Ihre hierarchische Anordnung besteht aus mindestens drei Stufen: die Idee der Menschheit, die Idee des Einzelmenschen und die Idee der begrenzten Gemeinschaft. Die begrenzten Gemeinschaften konstituieren weitere begrenzte Gemeinschaften – Kulturkreise, Nationen, Stämme. Die erste und oberste Idee der Menschheit betont den Aspekt des Gemeinsamen, die mittlere Idee der begrenzten Gemeinschaft betont dagegen den Aspekt des Trennens, um diese gegen andere begrenzte Gemeinschaften oder Einzelmenschen abzugrenzen.

Hierbei ist interessant, wie die Fortentwicklung der Leibideen im Verlaufe der Neuzeit bestimmt wird. Im Übergang des Mittelalters zur Neuzeit wird die Auflösung der Idee eines universalistischen christlichen Reiches durch die Idee des partikularen vollzogen. Die damit einhergehende Annäherung an das individuelle räumt dem Individuum einen Platz in dem historischen Prozess des göttlichen Weltplanes eine wichtige Rolle beim Aufbau des Ganzen zu.

In seinen Abschließenden Gedanken zur Rolle der nordischen Rassenidee in „Rasse und Staat“ macht Voegelin an der Entwicklung bzw. dem Niedergang der nordischen Rasse auch die Blüte bzw. den Niedergang der Kultur fest. Aufschlussreich sind dabei die Ausführungen Voegelins zur Stigmatisierung der Juden. In Anlehnung an Fichtes Säkularisierung der geschichtstheologischen Christ-Antichristlehre und dem Gegensatz Deutschland – Napoleonisches Frankreich geht Voegelin von der Existenz einer Gegenrasse aus. Die Stigmatisierung und Verfolgung der Juden hat somit weniger mit Antisemitismus zu tun sondern vielmehr mit der herausgehobenen „wirtschaftlichen Schädigung“ und „Kundgabe einer auserwählten“ Stellung der Juden selbst. Die Antinomie zwischen der nordischen und jüdischen Rassebestimmung als Gegenbilder oder Antithesen unmittelbar: Bodenständigkeit – Bodenlosigkeit, Geschichtsempfinden – Geschichtslosigkeit; Autonomie – Heteronomie; geistige Substanz – Substanzlosigkeit; Persönlichkeit – Nihilismus beschleunigen das Entstehen einer Idee der partikulären Gemeinschaft und somit auch die Entwicklung der eigenen Rassenidee. Der wissenschaftlich begründete Antisemitismus und die ihm inhärente „Massenwirkung der wissenschaftlichen Legitimation“ haben einen entscheidenden Beitrag zur Gemeinschaftsbildung geleistet.

Voegelins Philosophie kann nach Karl Popper treffend als „orakelnde Philosophien“ bezeichnet werden. Nach Voegelins Vorstellung von Wahrheit ist es unmöglich, diese im philosophischen Dialog herauszuarbeiten. Die typische Gesprächssituation, die Voegelins Philosophie zu Grunde liegt, ist daher nicht der Dialog unter Gleichgestellten, sondern stets das belehrende Gespräch, in welchem die Rollen von Lehrer und Schülern, von Führer und Gefolgsleuten, von Prophet und Jüngern klar verteilt sind. Eine legitime Pluralität von Weltanschauungen ist dadurch theoretisch ebenso ausgeschlossen ist, wie die gegenseitige Befruchtung gegensätzlicher Standpunkte. Die Kategorie des Bösen in die Politikwissenschaft einzuführen mag heutzutage befremdlich anmuten. Für Fronda bieten jedoch Voegelins Ausführungen zur Gegenrasse als Inkarnation des Bösen eine pseudo-wissenschaftliche Untermauerung ihres orthodoxen Fundamentalismus und Legitimierung zugleich.

Gilbert Keith Chesterton – die nicht zu Ende gewonnene Schlacht
Der nach seinem Tod von der katholischen Kirche durch Papst Pius XI mit dem Titel eines Defensor Fidei (Verteidiger des Glaubens) ausgezeichnete Gilbert Keith Chesterton – vor dem ironischerweise in England nur Heinrich VIII. mit diesem Titel bezeichnet wurde, der jedoch die anglikanische Kirche von Rom abspaltete – wurde in Deutschland durch die Verfilmung seiner Pater Brown-Kriminalkurzgeschichten mit Heinz Rühmann in der Hauptrolle bekannt.

Chesterton war ein Bewunderer des Mittelalters, das seiner Meinung nach in der Neuzeit oft unfair negativ dargestellt wird. Mit der deutschen Neuübersetzung des 1905 erschienenen Essaybandes „Ketzer. Eine Verteidigung der Orthodoxie gegen ihre Verräter“ wurde Chesterton in Deutschland nun auch als Pamphletist vorgestellt. Für Fronda, die das Buch in Polen herausgebracht hat, stellt es ein Bekenntnis der eigenen Geisteshaltung dar: „Man sollte erst dann schreiben, ja sogar sprechen, wenn man der Meinung ist, dass man Recht hat und der andere Unrecht – ansonsten sinkt man nach und nach zurück in die Unentschiedenheit der streunenden Tiere und die Bewusstlosigkeit der Gräser. Bäume haben keine Dogmen. Nur Rüben sind extrem weitherzig.“ Da Chesterton dagegen keine Rübe ist und deshalb alles andere als weitherzig schreibt er weiter: „Jeder Mann von der Straße muss ein metaphysisches System vertreten und unerschütterlich daran festhalten (…) Wenn irgendein geistiger Fortschritt möglich sein soll, dann muss es der Fortschritt beim Aufbau einer festen Lebensanschauung sein. Und diese Lebensanschauung muss richtig, und die anderen müssen falsch sein.“ Als britischer Reaktionär und Modernefeind hält Chesterton aus diesem Grund den Vollstreckern der mittelalterlichen Orthodoxie ihre Ketzer-Verbrennungen zugute, da die damaligen Henker ihre Opfer mit ihren Meinungen ernst genommen haben, während in der Gegenwart nur noch die pure Werteindifferenz regiere. „Selbst wenn das Ideal solcher Männer nur darin bestand, andere Männer mit einem Fußtritt die Treppe hinunterzubefördern, dachten sie wie Männer an das Ziel, nicht wie Krüppel nur an ihr eigenes Funktionieren.“

Das Mittelalter war für Chesterton das Zeitalter von echtem Fortschritt, in dem die Menschheit in kurzer Zeit aus der Barbarei in die Zivilisation zurückkehrte. Diese Entwicklung zur kulturellen und geistigen Einheit wurde plötzlich aus der Bahn geworfen. Die Menschheit betrat einen falschen Weg. Gegenwärtig geht es darum diesen Bruch der Weltgeschichte aufzuspüren und auf den richtigen Weg zurückzukehren. Den Grund für den Untergang des Mittelalters sieht Chesterton in der Schlacht mit dem Islam, einer Schlacht die nicht zu Ende gewonnen wurde und deren Folgen wir bis heute spüren.

Nicolai Berdiajew – die Rückkehr zum Mittelalter
In einer ihrer Fernsehsendungen von 1995 beschrieb Fronda die „Krise der heutigen Zivilisation“ und beklagt, dass Intellektuelle sich lediglich auf die Beschreibung dieser Krise konzentrieren anstatt Lösungsvorschläge zu präsentieren. Als ein Lösungsweg wurde in der Sendung „Das neue Mittelalter“ präsentiert. Dabei handelt es sich nach eigenen Aussagen des Magazins nicht nur um eine historische Forderung, sondern um eine, in einem kulturellen Modell angelegte Lösung.

Für Nicolai Berdiajew ist die Moderne eine Epoche der Zersplitterung in Aufklärung, Humanismus, Liberalismus, Individualismus sowie Irreligiosität. Berdiajew plädiert für eine neue universalistische, kollektivistische Epoche. Ähnlich wie das Mittelalter als Einheit, in der die katholische Kirche alles Gültige und Verbindliche definiert hat, fordert Berdiajew ein „Neues Mittelalter“ der Einheit von Staat und Kirche.

In dem von Fronda herausgegebenen Buch von Nicolai Berdiajew unter dem Titel: „Rosyjska idea“ [Die russische Idee] analysiert der Autor ausgehend von der orthodoxen russischen Religion nicht nur, was die Russen über sich selbst denken, sondern was Gott selbst dem russischen Volk in seiner Vorsehung als Aufgabe gestellt hat.

Die Verinnerlichung dieser religiösen Vorseh-ung und Erleuchtung gehört zur Grundlage der religiösen Überzeugungen von Fronda. Bei einer Veranstaltung der „Studierenden Jugend“ in Warschau unter dem Titel „Die Rolle Polens auf der geistlichen Landkarte Europas“ erklärte Rafal Smoczynski, Chefredakteur von Fronda: „Wenn wir Analogien suchen, was in dem heutigen Christentum vor sich geht, dann müssen wir mit unseren Gedanken zu den Anfängen des Mittelalters zurückkehren, als die barbarische Kultur herrschte“.

Berdiajew wurde 1922 aus dem kommunistischen Russland ausgewiesen. In der Pariser Emigration gründete er mit anderen Emigranten und Denkern des sog. „silbernen Zeitalters“ die Monatszeitschrift „Put“. Dieser Kreis beeinflusste jedoch mehr die katholische Theologie des 20. Jh. als die orthodoxe Kirche in Russland. Fronda schreibt mit anderen russischen Autoren wie Solovjov dem „einfachen russischen Volk“ ein immanentes messianisches Denken zu. In einer angeblichen „russischen Seele“ wird auch eine höhere Teilhabe an der Universalität der Kirche als bei der kirchlichen Hierarchie verortet. Damit steht Russland als Mitbegründer eines „Neuen Rom“ bzw. „Neues Jerusalem“ potentiell als Verbündeter des traditionellen, vor-modernistischen Katholizismus. Bereits der russische religiöse Denker Vladimir Solovjov brach mit der bisherigen Grundvoraussetzung des russischen Messianismus – nach der es nur ein auserwähltes Volk, nämlich Russland geben kann. Nach der Einheit der Kirche suchend kam er zu dem Schluss, dass der Heilige Stuhl in Rom das Zentrum der Universalkirche darstellt. 1889 veröffentlichte er in Paris sein Buch „Russland und die Universalkirche“ in dem er Bedingungen nannte unter denen die Orthodoxen Rom anerkennen können, ohne aufzuhören gleichzeitig orthodox zu bleiben. Berdiajew widersetzt sich in seiner Arbeit „Die russische Idee“ ähnlich wie Solovjov dem „uneingeschränkt herrschenden rationalistischen Konstruktivismus“ und schlägt vor, die Spekulation durch Kontemplation und die Schaffung künstlicher rationaler Systeme durch die Entdeckung der ewigen Gesetze Gottes zu ersetzen.

Das Herz der Politik
Die Postmoderne wird oft als der Verlust des Interesses an allem „Höheren“ wie Anspruch, Moral, Sinn, Normen, Grenzen, Werte, menschliche und politische Ziele gedeutet. Die neuen Schlüsselwörter sind: Konsum, Spaß und Erlebnis, Pluralismus, Dezentralisierung, Lifestyle, Solipsismus, Egoismus. Ethik und ethische Fragen gibt es in diesem Sinne nicht mehr. Mit dem Kapitalismus hat sich die Postmoderne bis in alle Lebensbereiche hinein abgefunden. Geld regiert die Welt und legitimiert Macht. Hierin liegt auch der Grund, warum die Postmoderne ein ideales Stratum für den Neoliberalismus bildet. So betrachtet ist die Postmoderne jedoch eigentlich nicht orientierungslos, sondern weist eine einheitliche Orientierung am Kapital auf. Diese Absurdität des Lebens ist der Sand, auf dem die Postmoderne sich reproduziert und dem Fronda den Kampf angesagt hat.

Seit Alain de Benoist‘ Konzept der „Kulturrevolution von rechts“ und der Initiierung intellektueller Kaderschmieden, aus denen die künftige geistige Elite hervorgehen soll, hat der intellektuelle Diskurs auch in Polen seine Unschuld verloren. Ähnlich wie Benoist geht es auch Fronda um eine langfristige und systematische, auf schrittweise Normenveränderung angelegte Strategie zur Erringung „kultureller Hegemonie“. So zitierte der Fronda -Aussteiger Pawel Dunin-Wasowicz in seinem Buch „Rewelaja“ den Fronda -Herausgeber Rafal Smoczynski, der auf die Frage: „Was macht ihr wenn ihr an die Macht kommt?“ antwortete: Wenn wir an die Macht kommen „werden wir nicht mehr schreiben, sondern marschieren“.

In einer Fronda-Anthologie der Zeitschrift, die eigens zur Frankfurter Buchmesse in deutscher Sprache aufgelegt wurde, als Polen vor drei Jahren Gastland der Messe war – bekennen sich die Frondisten bereits in der Einleitung: zu einer „konservativen Kontestation“. Einer Art rechter Revolution. Weiter heißt es dort: „Das Milieu von Fronda wahrt jedoch der Politik gegenüber eine gewisse Distanz, weil, wie T.S. Eliot sagte, „die Politik eine Funktion der Kultur ist und das Herz der Kultur heißt Religion“. In einem Artikel von Wojciech Wencel in dieser Anthologie unter dem Titel „T.S. Eliot und die „Beschützer der Demokratie““ wird in Anlehnung an Eliot der Kampf gegen das postmoderne „menschliche Chaos des kontinuierlichen und ewigen Fortschritts“ angesagt. Die „göttliche Ordnung des Stillstands“ ist laut Wencel die einzige Wahrheit, die die verborgene Ordnung enthüllt. Die Hüter des Zugangs zu dieser Wahrheit sowie ein diesbezügliches Copyright darauf werden selbstverständlich durch Fronda verwaltet. Erst in diesem Zusammenhang können die bereits genannten Meister von Fronda wie Lewis, Voegelin, Berdiajew und Chesterton in ihrem ideologischen Kontext betrachtet werden.

Die Identifizierung von Fronda mit dem oben zitierten T. S. Eliot ist ebenfalls nicht zufällig. Der in den zwanziger Jahren intensiv mit der Ideologie des Faschismus beschäftigte enge Freund des französischen Faschisten Charles Maurras, sah die Lösung der Probleme der gesellschaftlichen „Unordnung“ in der deterministischen Anordnung von Pflichten: Eines jeden Aufgabe ist es, an seinem Platz seine Pflicht zu erfüllen. Diesen Platz – geographisch wie sozial – bekommt die überwältigende Mehrzahl der Bevölkerung schon bei Geburt zugewiesen. Die gleichzeitige Theokratisierung seiner gesellschaftlichen Utopie kann am Titel von „The Idea of a Christian Society“ von 1939 abgelesen werden. Die von Eliot in der Wahlheimat England geschätzte Konstanz und Traditionalität steht im Essay „Notes towards the Definition of Culture“ von 1948 implizit im Gegensatz zur Zivilisation Amerikas. Das Heterogene der europäischen Kultur soll sich in Form seiner Regionalität bewahren. Eliots Lob der Landschaften und sein kompromissloser Kulturrelativismus ist mit heutigen neurechten Konzepten des Ethnopluralismus zu vergleichen. Eliot sprach sich dabei jedoch auch für die „Missionierung der Kultur der Kolonialvölker“ aus, was dem missionarischen Ansatz von Fronda entspricht.

Konservative Kontestation – Nicht den Frieden sondern das Schwert
Wenn die westliche Postmoderne in den 1960er und 1970er Jahren lokalisiert werden kann, so gilt für Polen nicht das Jahr 1968, sondern das Jahr 1989. Rafal Smoczynski, derzeit am Institut für Philosophie und Soziologie der Polnischen Akademie der Künste in Warschau beschäftigt, deutet seine Erleuchtung Anfang der 1990er Jahre „als antiklerikale Einstellungen bei der Jugend im Kommen waren und schon als Intelligent-Sein galten“ folgendermaßen: „Die damalige Situation[in Polen] zeigte ein bestimmtes Modell des Kampfes um die Führerschaft um den Nationalen Geist. Demoliberale Vereinigungen aspirierten zur führenden Elite der Nation, wollten bestimmen was rechtens sein soll, was unangemessen, was modern und was abergläubisch. Der Erfolg dieser Mission verlangte die Dethronisierung der katholischen Kirche und die Schwächung ihrer Autorität (…) Die neue Religion hieß moralischer Relativismus und weltanschaulicher Agnostizismus, der sich unter Phrasen über die weltanschauliche Neutralität des Staates versteckte“.

Ausgehend von dieser eschatologischen Analyse der moralischen Verfassung Polens und der Welt formuliert Fronda eine eigene Heils-Lehre. Angesichts der dem Untergang geweihten bisher bestehenden Welt ist Fronda überzeugt, dass aus der alten Welt, die einer Erlösung bedarf, eine neue Welt hervor gehen muss. Diese neue Welt ist jedoch nicht gleichbedeutend mit der Auflösung sozialer und wirtschaftlicher Ungerechtigkeit sondern mit einer Gleichschaltung von Wertvorstellungen, Handlungsnormen, des religiösen Gewissens und Denkens. Die Vision ist in ihrer fundamentalis- tischen und kompromisslosen Katholizismus-Version antisemitisch, rechtsradikal und sieht keinen Platz für Andersdenkende.

„Ich bin nicht gekommen, um Frieden zu bringen, sondern das Schwert!“ – dieses Zitat aus dem Matthäus-Evangelium steht nach Auslegung der Frondisten als Symbol ihres kompromisslosen Kampfes gegen Andersdenkende. Von dem kulturhistorischen und sozialen Kontext der Bergpredigt bereinigt setzt sich Fronda in ihrer wortgetreuen Bibelexegese – in überraschender Übereinstimmung mit islamistischen Fundamentalisten für das Schwert ein, nach dem Motto: „Wer nicht mit uns ist, ist gegen uns“.

Da die Frondisten den Untergang der „alten Welt“ nicht mehr abwarten können, versuchen sie bereits jetzt die „kulturelle Hegemonie“ der „alten Welt“ zu erringen.

Durch politische Mimikry, verbale Tarnung und diskursive Neu-Besetzung von Begriffen versucht Fronda größtmögliche Breitenwirkung, langfristig die Meinungsführerschaft und somit die Dominanz im politischen und kulturellen Mainstream-Diskurs an sich zu reißen. So arbeitet Fronda mit Symbolen, Fragmentarisierung und als Kunst getarnten Aktionen. Fronda macht damit ihre antisemitischen, rassistischen, faschistischen und homophoben Inhalte für Gleichgesinnte zugänglich ohne dabei gleichzeitig als solche stigmatisiert zu werden.

So liest sich die Autorenliste von Fronda wie ein Gruselkabinett von Faschisten und Verbrechern aus der Hölle, der man doch vorgibt entfliehen zu wollen. Darauf angesprochen antwortet Smoczynski, dass es sich bei diesen Autoren um Menschen handelt „die sich nicht mit der derzeitigen demoliberalen Zivilisation zufrieden gaben und in den Wahnsinn getrieben wurden (…) Es ist ein gutes Recht der Redaktion aufzuzeigen, welche Handlungs-Möglichkeiten den in die Verzweiflung getriebenen Menschen zur Verfügung stehen, die auf den falschen Weg der Gewalt gekommen sind, um die Welt zu verbessern“. Von den Inhalten dieser „verzweifelten Weltverbesserer“ wollte sich die Redaktion jedoch nicht distanzieren, dazu gehören: Ernst Jünger, Julius Evola, Corneliu Codreanu, António de Oliveira Salazar, Augusto Pinochet und seine Generäle (Julio Canesso Robert, Jose Teribio Merino und Jose Pinero), Yukio Mishima, Eduard Limonow, Alexander Dugin und Vladimir Zhirinovsky. Vollständig wird die Autorenliste erst mit dem bei Fronda abgedruckten Unabomber-Manifest, dem Antimodernisteneid von Papst Pius X. und zahlreichen Artikeln von polnischen Antisemiten und Rechtsextremisten wie Barnim Regalica alias Jaroslaw Tomasiewicz (der neuerdings ungestraft in der von der Heinrich-Böll-Stiftung mitherausgegebenen Zeitschrift „Unabhängige Kulturzeitschrift «Ï»“ veröffentlicht), Olaf Swolkien, Remigiusz Okraska. Allesamt Führer des rechtsunterwanderten polnischen Attac. In der Attacnahen Zeitschrift „Obywatel“ publizierten sie vor kurzem auch einen in diesem Zusammenhang nennenswerten Artikel von Horst Mahler unter dem Titel „Die Globalisierung als das höchste Stadium des Imperialismus, welche die Auferstehung der deutschen Nation erzwingt“. Die Krönung dieser Top-Ten der „Weltverbesserer“ schließt der Neo-Faschist Tomasz Gabis (Herausgeber der rechtsextremen Zeitschrift „Stanczyk“), Kämpfer gegen den „zersetzenden Mechanismus der parlamentarischen Demokratie“, führender Demaskator der „Holocaustreligion“, für die sich auch Fronda nicht zu schade ist, und Agitator für die Holocaust-Lügen David Irvings und der Ideen von Robert Faurisson und Fred Leuchter.

Ganz im Sinne des neurechten Diskurses schreibt der polnische Neo-Faschist Tomasz Gabice in der Fronda (8/1997) unter dem Titel „Die konservative Revolution“ unter ausdrücklicher Berufung auf Gerd-Klaus Kaltenbrunner, dass ein „Konservatist immer wieder von neuem anfangen muss. Dabei ist, nach Caspar von Schrenck-Notzing, der Konservatismus nicht eine einheitliche Ideologie sondern vielmehr eine Einstellung zur Welt und der historischen Veränderungen in der Gesellschaft. (…) Diese Einstellung erlaubt es erst einem die paradoxe Formel der Konservativen Revolution zu verstehen. Wir haben es hier mit einer Erscheinung zu tun, deren Repräsentanten eine sehr kritische Einstellung gegenüber der Moderne haben, gleichzeitig jedoch mit ihr nicht gänzlich brechen, sie benutzen ihre Instrumente, und versuchen immer wieder neue Mittel zur Legitimierung der eigenen Konzepte und Visionen zu finden um eine Welt zu beschreiben, die sie umgibt, dabei eine neue Sprache finden, neue Ausdrucksformen, und die Herausforderung der gegenwärtigen Zeit auf sich nehmen ohne dabei sich selbst von Anfang an zum Scheitern zu verurteilen.“

Gleichschaltung der Wertvorstellungen

In diesem Sinne ist auch die „Jüdische Ausgabe“ der Fronda (19-20/2000) in meisterhafter Form komponiert. Nicht etwa eine chaotische Ansammlung von Antisemitismus-Aufsätzen, sondern eine mysteriöse Konstruktion die nur ein Ziel hat. Nach der Lektüre von Fronda ist der Kommunismus einzig und allein Produkt des Judentums und der tatsächliche Ursprung des Marxismus im jüdischen Messianismus zu verorten. So werden alte Stereotypen belebt und letztendlich geht es dabei darum, den eigenen Antisemitismus zu verdecken und Übergriffe auf Juden lediglich als Kampf mit dem atheistischen Kommunismus zu rechtfertigem. So wird der Mord an Juden in Jedwabne lediglich als legitime Gegenwehr des polnischen Volkszorns und der Rache an den atheistischen Kommunisten gedeutet. Der Talmud lehre ja ohnehin die Juden einzig und allein den Hass alles Nicht-Jüdischen, die Philosophie des Dialoges sei ein Märchen, das die wahren jüdischen Intentionen verdeckt. Was am Ende vom Judentum und der jüdischen Kultur bleibt ist … „leider“ das Alte Testament. Aber wenn man dieses nur richtig lese, dann bleibt einem Juden ja nichts anderes übrig als zum Katholizismus zu konvertieren. So stellt in diesem Kontext auch der Fronda -Meister Kardinal John Henry Newman ein lebendes Beispiel der Rückkehr in den wahren Glauben außerhalb dessen es keine Erlösung geben kann. Für diese absolute Haltung ist auch ein Interview in der Fronda mit Kardinal Ratzinger bezeichnend. In der Frage: „Sollen wir für Juden beten?“ ist in Wirklichkeit eine Feststellung enthalten: „die Juden leben in Sünde solange sie nicht zum Christentum übertreten“.

In einer anderen Ausgabe beweist Grzegorz Górny in einem „Bericht der Minderheiten“, dass es keine angeborene Homosexualität gibt. Es handelt sich dabei um eine übernommene Neigung. Es stellt sich heraus, dass gerade Holland die größten „Heilungserfolge“ zu verzeichnen hat. Dort arbeitet Prof. Gerard van den Aardweg, einzigartiger Psychotherapeut, der seit 30 Jahren Hunderte von „angeblich“ Homosexuellen in die Heterosexualität führte. In dem Interview mit Aardweg entpuppt sich die Homosexualität als eine sexuelle Neurose einer vom Werteverfall gezeichneten Gesellschaft.

Unter Berufung auf Eliot betrachtet Fronda dabei ohnehin Sex als die Tyrannei eines Körperteils über das Körperganze. Die Gefährlichkeit von Fronda liegt dabei in dem Kontext und dem Mimikry und nicht so sehr in dem ausgesprochenen Wort. Gefakte Selbstzeugnisse einer angeblich nekrophilen Frau, die mit sich selbst kämpft, gehören ebenso dazu wie erfundene Todesanzeigen. Als Kunst getarnte pseudo-intellektuelle Spielchen appellieren dabei an den Atavismus der LeserInnen und versuchen bestehende Vorurteile und Xenophobie auf einen bestimmten Diskurs hin zu mobilisieren. So findet man in einer Ausgabe (9-10/1997) eine gefakte Todesanzeige der liberalen „Gazeta Wyborcza“ über den Autounfall von Jolanta K., der Frau des derzeitigen polnischen Präsidenten. Als Todesursache wird eine angebliche Romanze von Jolanta K. mit einem, so wörtlich: „Neger-Playboy“ und das Fremdgehen ihres Ehemannes angegeben. Am Grab von Jolanta wird ein Gaysong angestimmt und die polnische Hare Krishna Kirche denkt an die Seligsprechung etc. Eine Fotoausstellung in der Fronda (7/1996) unter dem Titel „Die moderne Kirche braucht keine Reformen sondern neue Märtyrer“ verabreicht der als GeStaPo-Mann verkleidete Smoczynski dem KZ-Ausschwitzhäftling Maksymilian Kolbe eine Todesspritze.

Bei der Gleichschaltung des Denkens gewinnen nicht nur der Spanische Bürgerkrieg und die Morde von Pinochet oder Salazar, sondern auch die polnische Geschichte eine neue Bedeutung. In einer Aufklärungs-Kampagne um die „Wahrheit“ über die Nationalen Streitkräfte [Narodowe Sily Zbrojne] – einer radikalen, chauvinistischen und antisemitischen Formation innerhalb der Armia Krajowa [Landes-Armee], die sich auch nach der Auflösung der Armia Krajowa nicht demobilisieren lassen haben und den Kampf mit den Kommunisten auch nach dem Krieg fortführten, wird versucht diese über ihren Antikommunismus reinzuwaschen.

Eine ähnliche Tendenz ist kürzlich auch unter DDR-Bürgerbewegten zu verzeichnen. In der Ausgabe 45/2004 von „Horch und Guck“ entstehen Allianzen zu den nationalistischen rumänischen Widerständlern. Die kompromisslose Ablehnung des Kommunismus durch den Widerstand in Rumänien, ihre christliche Kultur-Prägung und der Antilaizismus der nationalistischen und teilweise antisemitischen Verbände, die mancherorts Verbindungen zu Faschisten aufweisen, heben sich durch angebliche Ungebrochenheit des moralischen Rückrats, Würde und Selbstachtung von ihren Feinden ab und sind moralisch überlegen. Dabei werden Orientierungskriterien an der byzantinischen Kirche festgemacht ohne dabei ihre Zusammenhänge mit der faschistischen „Eisernen Garde“ und später den Arrangements unter dem kommunistischen Regime zu berücksichtigen.

Diese Haltung ist auch bei Fronda charakteristisch, die Texte von Codreanu ohne jeglichen Kommentar abdruckt oder die Waffen-SS-Einheiten Lettlands als Befreiungs- und Widerstandsbrigade darstellt. Die unkommentierte Wiedergabe von faschistischen Texten ist letztendlich nichts anderes als faschistische Propaganda. An der Tatsache ändert auch nichts, dass Fronda die „Eiserne Garde“ nicht als politische sondern „nur“ religiöse Bewegung unter ihrem ursprünglichen Namen „Legion des Erzengel Michael“ vorstellt. So ähnlich könnte man die konterrevolutionären und antisemitischen Terrortruppen im zaristischen Russland – „Schwarze Hundertschaften“ (sog. Cernaja sotnja) aufgrund des gleichen Erzengels als Patron, als eine religiöse Bewegung vorstellen und ihren Führer, den Dumaabgeordneten Vladimir Puriskevic, als Mitglied eines Gebetskreises.

Die ausgebliebene Dekommunisierung der alten Nomenklatura, die fehlende Abrechnung mit dem alten Regime steht im Bewusstsein von Fronda als Symbol einer nicht zu Ende gefochtenen Schlacht. Es scheint als würden die Frondisten darunter leiden, dass die Revolution von 1989 doch so friedlich verlaufen ist und sie nicht in der Tradition und im Ruhm der alten ungebrochenen polnischen Soldaten auf die Straße kam, um ein bisschen die AK-47 heißlaufen zu lassen. Fronda erscheint in diesem Sinne auch als Kompensation des unerfüllten Wunsches nach religiös motivierter, radikal antikommunistischer kultur-politischer Einheitsfront, wie es zum Beispiel der ungarische – ehemals oppositionelle – Bund der Jungdemokraten (FIDESZ) darstellt, der die letzten EU-Wahlen in Ungarn klar gewonnen hat. Die einstige Antikommunistische Einheit, die 1989 alles so einfach machte und in eine Carl Schmittsche „Wir und der Feind“-Welt einteilte, konnte im politisch zerstrittenen Polen bereits bei den ersten freien Wahlen nach 1989 nicht wiederhergestellt werden.

Der Weg ins III. Jahrtausend
Fronda ist sich in ihrem Kampf gegen den Untergang des Abendlandes auch nicht zuschade auf den Faschisten Julius Evola zurückzugreifen, dessen Texte zusammen mit Ezra Pound zum Standardrepertoire von Fronda gehören. Den Abschied von der Verantwortung für das publizierte Wort hat dabei schon die etwas ältere Zeitschrift „BruLion“ vollzogen, die Texte von Himmler, Celine und Pound ohne Kommentar abdruckte. Was bei „BruLion“ jedoch angeblich als künstlerische Provokation gedacht war steht bei Fronda als inhaltliches Programm.

Die Popularisierung der Gedichte Pounds, in denen er mit einer neuen Sprache nach „dem Wirklichen“ suchte und ebenso sehr von Mussolinis hierarchischen Ordnungs- und Unterordnungsprinzipien fasziniert war, ist kein Zufall, sondern ergänzt die religiös-politischen Auffassungen von Fronda und bringt sie als „kulturelle Bereicherung“ auf einer gleichgeschalteten Kultur-Ebene mit der Politik in Einklang. Während Eliots Faszination am Faschismus nie in ein explizites und offenes Bekenntnis umgeschlagen ist, so ist in Pounds literarischem und politischem Schaffen die Auflösung zwischen Bekenntnis und Politik bereits unwiderruflich vollzogen. Seine idiosynkratische Version des Faschismus ist Manifest geworden. Die politischen Auffassungen von Schriftstellern wie Eliot und Pound laufen im immer wieder artikulierten Antiliberalismus zusammen. Der anfängliche Relativismus Pounds setzte sich selbst absolut, bis der Wandel seiner künstlerischen Ausdrucksformen und Geschichte überhaupt nur noch als Variation des Ewig-Gleichen toleriert wurde. Fronda übernimmt paradoxerweise frei nach Pound die Hinwendung zu einer statischen, undifferenzierten Geschichtsvorstellung und untermauert so die eigenen Konzepte der Umdeutung historischen Beweismaterials. Die beharrliche Arbeit von Fronda endet dann mit alten antisemitischen und an den Ex CDU-Abgeordneten Martin Hohmann erinnernden Verknüpfungen von Juden und Kommunismus; Antikommunistischen Widerstand und Nationalismus.

Schließlich fallen alle religiös fanatischen Vorstellungen und ihre literarische Ergänzung in fantastischen Visionen der Zukunft zusammen. In einem von Fronda herausgegebenen Buch unter dem Titel „Quo Vadis III Jahrtausend“ wird in Anlehnung an den Roman „Quo Vadis“ des polnischen Nobelpreisträgers Henryk Sienkiewicz eine unchristliche und despotische Macht ausgemacht – Die Vereinigten Staaten der Welt. Die einzige Macht, die sich diesem Imperium entgegensetzen kann, ist die katholische Kirche. Diese bekämpft den Konsum und Werteverfall dieses Imperiums. Das Imperium simuliert eine globale Krise, um die Verantwortung dafür der katholischen Kirche zuzuschieben. Diese angebliche Krise wird dazu benutzt eine Abrechnung und Generaloffensive gegen die letzte „das Imperium kontestierende Gruppe“ zu rechtfertigen.

Ähnlich wie die Jugendlichen des letzten Schuljahrgangs, die die Jugendweihe anstatt in der DDR plötzlich in einem wiedervereinigten Deutschland feiern sollten, fanden sich auch viele junge polnische Intellektuelle in einem für sie neuen kapitalistischen Polen wieder. War die Welt vor 1989 einfach und schwarz-weiß, so konnte man innerhalb kurzer Zeit nicht mehr klar zwischen Freund und Feind unterscheiden. Die heute als „pokolenie brulion“ [Generation BruLion, brulion – poln. Schmierheft] bezeichnete Generation – von nach 1960 geborenen – wurde in einer national-katholischen Tradition und realsozialistischem Umfeld erzogen und sucht seitdem unter postmodernen Bedingungen nach neuen Ankern. Anfang der 1990er Jahre schien die Explosion der Freiheit, der privaten Initiativen und die Vitalität des Engagements vieler Polen auch den Beginn einer lange – vor allem in Kontrast mit der Krise der 1980er Jahre – erwarteten Erneuerung einzuleiten. Plötzlich stellte sich jedoch heraus, dass parallel zu der Zersplitterung der einst starken Solidarnosc-Bewegung in Hunderte sich gegenseitig bekämpfende Teile, die neue Zeit auch differenzierte Meinungen zur autonomen Lebensgestaltung brachte. Die erhoffte Demokratie entpuppte sich für viele als derivative ideologische Mangelerscheinung und Sinnverlust.

Jean François Lyotard, einer der ersten Theoretiker der Postmoderne, beschreibt ein vergleichbares Phänomen, wenn er vom Ende der großen narrativen Projekte spricht. Weltbeschreibungen, die Universalansprüche für sich geltend machen, haben ihre Glaubwürdigkeit verloren.

Kein polnisches Ragout an intellektueller Verstopfung leidender Männer
In vielerlei Hinsicht erinnert die Sprache von Fronda an Peter Sloterdijk. Fronda betreibt eine intellektuelle, mit Nebelbomben ausgestattete Rhetorik zur Wiedererweckung und Erneuerung einer Art Mystizismus oder Gnosis, als Form eines modernen Protests gegen die Kulturkrisen. Es erinnert an eine Imitation von spätantiker Erlösungslehre im Gewande mystischer Visionen die klar gegen Aufklärung gerichtet ist. In der ahistorischen Art der Parallelisierungen zwischen den von Fronda ausgesuchten Autoren, Gedanken und sogar Epochen als Zufluchten metaphysischer Konstrukte ist keine rationelle Diskussion, keine Kontrolle und angeblich auch keine Kritik mehr möglich. Fronda stellt letztendlich – konsequent zu Ende gedacht – eine als europäische Gegenreligion und Alternative zur Kultur der Aufklärung getarnte anti-christliche Ideologie … die an dem Papst vermutlich nur insoweit festhält als er eben doch noch Pole ist. Bereist jetzt wirft Fronda vielen religiösen DenkerInnen vor, das II. Vatikanum werde durch „unchristliche“ Interpretierer verfälscht. Es ist zu vermuten, dass nach dem Tod Johannes Paul des II. sich bei Fronda eine Dynamik in Richtung einer traditionellen Kirche nach Marcel Lefebvre und der Priesterbruderschaft St. Pius X. entwickelt. Vielleicht muss Fronda aber auch gar nicht auf den Weg dorthin, weil in der katholischen Kirche genügend Anzeichen für eine antimodernistische Revolte zu finden sind.

Die „Neue Rechte“ ist zwar an sich heidnisch und interessiert sich nicht für die Frage nach der Existenz Gottes, sie nimmt aber die Religion als gegebene Größe hin und versucht diese politische Größe in ihrer „Identität“ zu beeinflussen. Denn: Wenn auch viele Zeitgenossen in der liberalen westlichen Welt an Gott nicht glauben, so bedeutet dies noch nicht, dass inhaltlich normative Vorstellungen von dem, was man theologisch als „Wohlergehen“, „Heil“ und „Wahrheit“ betrachten kann, nicht kulturprägend, und somit politisch relevant sein kann. In diesem Zusammenhang hat die „Neue Rechte“ ein Interesse daran einen Graben zwischen den Religionen und Kulturen und der jüdisch-christlichen Tradition aufzureißen.

Angesichts der Globalisierung und der Knappheit der Ressourcen ist in diesem Kontext eine Erneuerung von Nationalismen und des Rassismus im Rahmen eines angeblich unvermeidlichen Zusammenpralls der Kulturen a la Huntington zu einer self fulfilling prophecy geworden. Die Islamophobie führender Politiker und weiter Teile der Gesellschaft ist die Knetmasse der Frondisten, die auf latent vorhandene Stereotypen und Vorurteile der Gesellschaft zurückgreifen können und bereits jetzt durch ihren neurechten Diskurs die Medien dominieren. Die Atmosphäre in Deutschland erinnert in vielerlei Hinsicht an die Tage vor Rostock, Hoyerswerda, Mölln und Solingen. In Polen zieht die Brandschatzung zunächst durch weite Kreise der Intellektuellen. Die konservativ-katholische Revolution in Polen steht jedoch mit ihrem konterreformatorischen Ansatz als potentieller Verbündeter der Neuen Rechten in Deutschland und Europa insgesamt. Dabei geht es im Rahmen dieser Ausei-nandersetzung bei der Fronda hauptsächlich darum, die Einzigartigkeit der christlichen Religion für sich zu beanspruchen und von allen jüdischen Elementen zu „reinigen“.

A. de Benoist bekannte in den 1980er Jahren unmissverständlich, dass im Vatikanum II eine gewisse Judaisierung des Katholizismus stattgefunden habe. Dennoch bricht er nicht gänzlich mit der christlichen Tradition: „Man braucht nicht an Jupiter oder Wotan zu glauben[…], um Heide zu sein.“. Vielmehr geht es um die mit dieser heidnischen Glaubensweise verbundenen „Wertesysteme“. Nach Carl Schmitts Vorbild versuchen in Deutschland auch die Autoren und Redakteure der Jungen Freiheit die – ähnlich wie die Fronda in Polen – Lehren der katholischen Kirche „aufzuwerten“. Dies aber nur insoweit, als es um den hierarchisch-autoritär geprägten fundamentalistischen Katholizismus geht. Die Junge Freiheit steht hier im Gegensatz zu der sonst eher neuheidnisch geprägten Neuen Rechten wenn sie von der „Selbstjudaisierung der christlichen Kirchen“ spricht und sich für einen angeblich theologisch legitimen und notwendigen Antijudaismus einsetzt.

Fronda versucht sich durch Umdeutungen von dieser jüdischen Tradition zu befreien. Theologisch ist es eine „Vater-Verleugnung“ des jüdischen Ursprungs der christlichen Religion. Es ist dabei nicht entscheidend, ob Fronda in ihrem katholischen Fundamentalismus „nur“ den neurechten Diskurs verinnerlicht hat um ihren religiös gefütterten Rechtsradikalismus zum Sieg zu verhelfen oder ob sich die Neue Rechte konservativ-katholischer und extremistischer Bewegungen wie der Fronda mittlerweile bedient, um Multiplikatoren für die konservative Revolution zu gewinnen. Letztlich ist hier das faschistoide Resultat entscheidend.

Ob dies auch eine Parallele zum gegenwärtigen innerkirchlichen katholischen Machtkampf zwischen Reformern und Traditionalisten darstellt ist dabei ebenfalls von sekundärer Bedeutung. Jedenfalls beschreiten die Frondisten damit nach einem christlichen Ethos den Weg der Häresie und ihr Einfluss in Polen wächst zunehmend nicht nur unter konservativen Kreisen und jungen Intellektuellen.

Nach Lyotard gibt es keine beliebigen, wiederholbaren und nach einem einmütigen Protokoll definierte Verfahren, um die Wirklichkeit eines ideellen Gegenstandes im Allgemeinen zu ermitteln. So existiert auch kein Protokoll zur Ermittlung des Universums. Diese Beschreibung ist aber in einer Zeit fortschreitender Globalisierungsprozesse, neuer Kriege und sozialer Ungerechtigkeit unzureichend. Diese Analyse führt zwar zur Dekonstruktion bestehender Systeme, da ihr jedoch ein Programm fehlt, bleibt diese Kritik letztendlich als Affirmation des Vorgefundenen stehen.

In der Auseinandersetzung um eine soziale und gerechte Welt ist auch ein Beitrag der Kirchen denkbar und angesichts der zahlreichen Manipulationen der konservativen Pioniere der Globalisierung auch notwendig, um nicht über die Privatisierung der Religion das Tor zur Bildung fundamentalistischer Sekten zu öffnen.

Wie der ehemalige Studentenpfarrer aus Chemnitz, Hans-Jochen Vogel schreibt, müssen sich die Menschen als Allein- und Letztverantwortliche für die Verhältnisse in dieser Welt und ihre Veränderung erkennen. Die Kirche darf ihnen jedoch kein Bedürfnis einreden, das sie nicht haben wollen. Wenn die Kirche eine Botschaft zu sagen hat, dann muss es eine für „religionslose“, „mündige“ Menschen sein, sie sind der Adressat des Evangeliums. Alles andere ist nicht Bearbeitung der bestehenden Ungerechtigkeit sondern der Totalitarismus selbst.

Eckhart Arnold: „Die Bewußtseinsphilosophie Eric Voegelins (als Grundlage politischer Ordnung)“
Christina Bendicks: „Die Apologie des Christentums bei C. S. Lewis und ihre möglichen Auswirkungen auf die religionspädagogische Praxis“
Józef Niewiadomski: „Das Denken der „Neuen Rechten“ aus theologischer Sicht“

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