Kinderläden auch nach der Wende nicht möglich?

aus telegraph 4/1990
von JK

Das Honecker-Regime hat bekannterweise jede eigenständige Initiative von unten als staatsfeindlichen Akt betrachtet und zerstörte so Anfang der achtziger Jahre in Ostberlin zwei Kinderläden – Selbsthilfegruppen von Müttern, die sich zur gemeinsamen Betreuung ihrer Kinder zusammengetan hatten. Die Wende kam, die Sabotage an jeder Initiative von unten ist geblieben, nur daß sie jetzt viel versteckter, nämlich über Sachzwänge erfolgt.

Das erfuhren auch 20 Frauen, die für einen Kinderladen geeignete Räume suchten und beim Berliner Stadtbezirk Prenzlauer Berg die freundlichsten Zusagen bekamen. Entgegen diesen Versprechungen wird aber jetzt eine voll ausgerüstete Kinderkrippe in der Kollwitzstraße 62, die vor drei Jahren rekonstruiert wurde, in Spielplatznähe liegt etc., in eine private Arztpraxis umgewandelt. Die Frauen erhielten vom Stadtbezirksarzt MR Dr. Lengsfeld eine abschlägige Antwort, in der er die Notwendigkeit von Hausärzten erläuterte.

Auffallend, daß auch das seit Ende Dezember in der Stubbenkammerstraße illegal eingerichtete „Cafe ZK“ auf Betreiben des gleichen Stadtbezirksarztes ebenfalls mit dem Argument einer künftigen Arztpraxis herausgeschmissen werden sollte. Wir wollen hoffen, daß sich die Behörden des Stadtbezirks Prenzlauer Berg nach der Wahl etwas orginellere Sachzwänge ausdenken!