aus telegraph 4/1990
von Dietmar Wolf und SD
Während der rechtskonservative DDR-Partner der CSU, die DSU, am letzten Wochenende weitgehend ungestört von Demonstranten ihren außerordentlichen Parteitag abhalten konnte, lief der erste Versuch dazu in der Woche zuvor, am 10.2.89 im Großplanetarium am Ostberliner Ernst-Thälman-Park unter starkem öffentlichen Protest ab. Aber weder dies noch der erstmalige Einsatz der Volkspolizei zum Schutz einer rechten Partei wurden von östlichen und westlichen Medien geschildert. Dazu unser folgender Bericht:
Der Parteitag in Berlin wurde erst am Tage zuvor durch massive Plakatierung bekannt. Vor Veranstalltungsbeginn gegen 7.30 Uhr fanden sich spontan und ohne großartige Vorbereitung ca. 60 Gegner am Planetarium ein und blockierten die Zugänge. Gegen 8.30 Uhr, von den Veranstaltern informiert, rückten ein Mannschaftswagen und zehn Funkwagen der VP an. Mit einem Aufgebot von ca. 50 Polizisten wurde die Blockade gewaltsam durchbrochen. Dabei führten sie elf Personen unter Schlägen, Haareziehen und wegschleifen ab und hielten sie ca. eineinhalb Stunden auf dem Stadtbezirkspräsidium Prenzlauer Berg fest. Bis zehn Uhr war es dann nur noch möglich, eine Gasse zu bilden und die das Objekt betretenden Personen, unter anderem den Westberliner CDU-Chef Diepgen, auszupfeifen. Während der Aktion fiel den Demonstranten ein DSU-Ordner auf, der sich mit braunem Hemd, „GOTT MIT UNS“-Koppel und entsprechender Fasson-Schnitt offenbar besonders gefiel. Mit Empörung wendete man sich an die Polizisten. Die Reaktion darauf war Gleichgültigkeit und Achselzucken.
Immerhin – als Ergebnis der Blockade wurde erreicht, daß von 250 geladenen Gästen nur 100 (überwiegend Westler) der Zutritt zum Planetarium gelang und das auch nur durch die bereits erwähnte Polizeigewalt. Weiterhin gelang es, den Veranstaltungsbeginn um ca. eine dreiviertel Stunde zu verzögern. Am Nachmittag des gleichen Tages gingen drei Teilnehmer der Blockade erneut zum Planetarium, vor dem sich nun ein DSU-Werbestand befand. Als die Demonstranten begannen, mit den DSU-Leuten zu diskutieren, wurden sie aufgefordert, sich zu entfernen. Als das ignoriert wurde, öffnete ein DSU-Ordner mit den Worten:“Wir können auch anders“ seine Jacke und ein ca. 20 cm langes Messer mit Stehklinge kam zum Vorschein. Die umstehenden BürgerInnen, von dem Bedrohten aufmerksam gemacht, empörten sich. Das bereits empfangene DSU-Material wurde zerrissen und weggeworfen. Ca. die Hälfte des Materials landete im Papierkorb oder lag auf dem Vorplatz herum. Die DSU-Leute sahen sich gezwungen, ihren Stand abzubauen.
Bezeichnend für die gesamte DSU-Veranstaltung, war massive materielle Unterstützung durch westliches Kapital – drei nagelneuen Mercedes Transporter mit Münchner Kennzeichen inklusive Fahrern, vor dem Planetarium abgestellte Daimler-Benz-PKWs sowie tonnenweise Werbematerial (Vierfarbdruck-Hochglanz).
d.w., s.d.