Alltag zwischen Widerstand, Anpassung und gelebter Utopie
aus telegraph 6/1996
Einst galten sie als Bürgerschreck, heute führen sie ein eher stilles, scheinbar idyllisches Dasein: Kommunen, die sich abseits von Großstadt-Hektik, Massenkultur und industrieller LandwirtSchaft in den Nischen alternativen Subkultur eingerichtet haben. Mitglieder von elf Gruppen haben jetzt ihre Ziele und Erfahrungen in einem Buch zusammengestellt – dem“KommuneBuch“, das (so der Untertitel) vom „Alltag zwischen Widerstand, Anpassung und gelebter Utopie“ berichtet.
Die ersten Kommunen entstanden Ende der sechziger Jahre im Zuge der Studentenbewegung. Nach den Anfangswirren um die“Kommune l“ zogen sich die meisten Projekte aufs Land zurück, um dort ihre alternativen Gesellschaftsentwürfe zu verwirklichen. Manchmal ist es nur ein knappes Dutzend, manchmal sind es über 80 Leute, die zusammen wohnen und arbeiten. Ihre Lebensweise ist politisches Programm: gemeinschaftliches Eigentum, ökologische Ernährung, kollektive Haushaltsflührung,
Gleichberechtigung von Mann und Frau. Was von den anfänglichen Utopien im Alltag übrigblieb und ob die Kommunen auch heute noch als politische Modelle Zeichen setzen können, darüber gibt das Buch anschaulich Aufschluß. Die Autorinnen und Autoren haben scheinbare Gewißheiten und die Flucht ins Theoretisieren vermieden. Nach einem längeren Beitrag zur Geschichte der Kommune und einer kritischen Auseinandersetzung mit New Age-Gruppen lassen sie vor allem die alltägliche Realität sprechen: die Schwierigkeiten des gemeinsamen Wirtschaftens, die Mühsal der Selbstverwaltung, die Reibereien zwischen den Geschlechtern, der Seiltanz um die Kindererziehung und die Versuche mit Spiritualität. Solche Erfahrungsberichte vom „Experimentierfeld Kommune“ beeindrucken vor allem durch Offenheit, Nachdenklichkeit und zuweilen durch Selbstironie. Der ehrliche Ansatz macht das Buch lesenswert auch für jene, die den Schritt zum „Ausstieg“ für sich selbst scheuen, die aber ein Leben in bürgerlichen Zwängen nicht für der Weisheit letzten Schluß halten.
304 Seiten, mit ca. 100 Fotos. ISBN 3-89533-162-7, DM 29,80 / sFr 29,80 / öS 221,Erschienen im Verlag Die Werkstatt, GÖttingen.
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