aus telegraph 7/1989
vom 04. November 1989
Kolleginnen und Kollegen!
Was hat der FDGB in 40 Jahren für uns getan?
Hat er die Frage der Arbeitszeitverkürzung als ständige Forderung an die Betriebsleitung gerichtet? Warum hat er nicht die 40-Stunden-Woche mit uns erkämpft?
Hat er dafür gesorgt, daß unsere Löhne der schleichenden Inflation angepaßt werden? Warum sind nicht ständige Tarifverhandlungen über Lohnerhöhungen geführt worden?
Wo stehen die Funktionäre des FDGB, wenn in unserem Betrieb neue Normen eingeführt werden? Auf unserer Seite? Verhindern sie die Normen, bevor nicht klar ist, daß wir auch entsprechend bezahlt werde?
Wie kann der FDGB als unsere angebliche Interessenvertreter es zulassen, daß wir im Durchschnitt 10 Tage weniger Urlaub haben, als unsere Kollegen im Westen?
Hat der FDGB sich für die Herabsetzung des Rentenalter stark gemacht?
Wir dürfen uns nicht mehr organisieren lassen, auch nicht von „neuen Männern“ – wir müssen uns selbst organisieren.
Die nächsten Jahre werden für uns kein Zuckerschlecken. Die Daumenscharauben werden angezogen werden. Die Preise werden steigen, die Löhne kaum. Wenn Subventionen wegfallen, trift dies vor allem uns.
Der Staat fordert Leistung, bald wird er mit Entlassung drohen. Wir sollen die Karre aus dem Dreck ziehen!
Wenn der Lebensstandard für die meißten von uns nicht erheblich sinken soll, brauchen wir eigene Interessenvertretungen,
– Beruft Vollversammlungen ein und fordert Rechenschaft von der Betriebsgewerkschaftsleitung
– Ernennt Kollegen aus euren eigenen Reiben zu Sprechern
– Laßt diese Kollegen eure Forderungen an die Betriebsleitungen stellen
– Stellt euch hinter diese Kollegen, wenn sie Schwierigkeiten bekommen
– Macht die Ergebnisse sofort öffentlich, das schützt vor Repressalien
– Sucht den Kontakt zu Kollegen in anderen Betrieben
– Gründet unabhängige Gewerkschaften!
Kontaktbüro: „Initiative für unabhängige Gewerkschaften‘ im Klub Conrad Conrad-Blenkle-Straße 1, Berlin 1055
© telegraph. Vervielfältigung nur mit Genehmigung des telegraph