aus telegraph 8/1989
vom 16. November 1989
Eine farbige DDR-Bürgerin berichtet
Am Ende einer Veranstaltung im Berliner Jugendclub „jojo“ hatten wir am 26. Oktober eine unangenehme Begegnug mit mehreren anscheinend überwiegend nationalistischen Schulklassen. Zwei Freunde und ich wurden von den Schülern umringt, die uns mit Beschimpfungen unmißverständlich neofaschistischen Charakters überhäuften. Ich war auch im weiteren Verlauf der Auseinandersetzungen wegen meiner dunklen Hautfarbe ständiger Mittelpunkt der Angriffe. Als Beispiele seien nur einige genannt wie „Drecksnigger“, „Türkenschwein“, „Judensau“ und ähnlich sattsam bekanntes Vokabular neofaschistischer Gruppierungen.
Als wir den Jugendclub verließen, waren 30-40 Schüler versammelt und warteten auf uns. Sofort begannen wieder die Provokationen. Ein Freund von mir und ich wurden mehrere Male geschlagen und mit Füßen getreten. Dabei tat sich ein Jugendlicher auf besonders brutale Weise hervor. Einer meiner Freunde nahm diesen beiseite, um mit ihm zu reden. Der ließ sich aber nicht beruhigen und begann zu schlagen. Mein Freund verlor einen Schneidezahn. Während die anderen zusahen, drängten mehrere Schüler auf mich ein und begannen mich von Neuem zu beschimpfen, zu treten und zu schlagen. Die für uns zunehmend gefährliche Situation löste sich auf, als beim Eintreffen eines VP-Streifenwagens alle Schüler flüchteten.
A. / r.l.
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