Erste Schritte

aus telegraph 8/1989
vom 16. November 1989

Papier der Initiative für unabhängige Gewerkschaften

Welchen Weg gehen wir, um zu einer unabhängigen Interessenorganisation der ArbeiterInnen zu gelangen? Im Folgenden einige Vorschläge von uns, welche wir im Moment für geeignet halten. Die Erfahrungen werden zeigen, ob sie machbar sind. Wir glauben auch, daß wahrscheinlich verschiedene Wege in den einzelnen Betrieben, Städten und Regionen möglich bzw. notwendig sein werden.

1.Schließt euch in kleinen Gruppen zusammen, bildet in eueren Betrieben Arbeiteraktive, nehmt dazu Kontakt zu Gleichgesinnten in allen Abteilungen auf. Es gibt die Erfahrung, daß z.Zt. vor allem junge Facharbeiter, Sachbearbeiter und Techniker die Initiative haben. Diskutiert die bisherigen Vorschläge und setzt sie entsprechend den konkreten Bedingungen in euren Betrieben und Einrichtungen um.
2.Diskutiert die Unzulänglichkeiten des geltenden FDGB-Statuts nach Struktur und Inhalt sowie die Praxis der bisherigen Gewerkschaftsarbeit.
3.Beruft Abteilungs- und Betriebsbelegschaftsversammlungen ein. Ruft dazu in allen Abteilungen auf und fordert Rechenschaft von jetzigen Gewerkschafts- und Betriebsleitungen.

4.Fordert die Neuwahl von Vertrauensleuten und Gewerkschaftsleitungen in Euren Betrieben und Einrichtungen nach den neuen Maßstäben an Inhalt und Struktur der Gewerkschaftsarbeit. Dabei sollten alle KollegenInnen, unabhängig von der Mitgliedschaft im FDGB aufgerufen sein. Das alte Statut wird als außer Kraft gesetzt betrachtet. Die neuen Betriebsgewerkschaften und ihre gewählten Vertretungen betrachten sich als unabhängig vom alten bürokratischen Zentralapparat und nehmen Kontakt zu anderen Betrieben auf.Die Mitgliedsbeiträge werden nicht mehr an den alten Apparat weitergeleitet, sondern verbleiben bis auf weiteres in einer Kasse auf Betriebsebene.
5.Während dieses Prozesses sollten Konferenzen von Vertretern der ArbeiterInnenaktive verschiedener Betriebe stattfinden, um über die konkreten Ergebnisse und Erfahrungen zu informieren und zu beraten.

6.Zu gegebener Zeit müssen Kongresse der autonomen Betriebsgewerkschaften auf Kreisebene, Bezirks und Landesebene einberufen werden. Dort wird über die neue Verwaltungsstruktur und das neue Statut Beschluß gefaßt werden. Auf den Kongressen werden die neuen Leitungen der jeweiligen Ebene gewählt und gleichzeitig wird demokratisch abgestimmt werden, was mit dem Schatz und den Einrichtungen, Ferienobjekten usw. des alten Apparates geschehen soll.

Für die Verhandlungen mit dem alten Gewerkschaftsapparat und den Betriebsleitungen bezüglich eventuell einzugehender Kompromisse halten wir folgenden Grundsatz für notwendig: Die Gewerkschaft muß für die Werktätigen da sein und nicht die Werktätigen für die Gewerkschaft oder gar für einen schmarotzenden Apparat!

Initiative für unabhängige Gewerkschaften

Kontakt:
Klub Conrad-Blenkle-Straße 1
Berlin 1055

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