von Andreas Will
aus telegraph #108
Nach fast 11 Jahren gelebten Widerstands gegen die Einrichtung des Bombodroms Wittstock droht im August der erste Bombenhagel. Der große Erfolg der BI FREIe HEIDe, eine dreifache Pattsituation auf der politischen, ökonomischen und juristischen Ebene erreicht zu haben, droht wie ein Kartenhaus zusammenzufallen.
Das von Innenminister Schönbohm durchgeführte Anhörungsverfahren war der vorläufig letzte Akt im ungleichen Spiel demokratisch-föderaler Mitbestimmungsmöglichkeiten und macht nun der Bundeswehr den Weg frei, das ehemals enteignete Bombodrom rechtstaatlich weiternutzen zu dürfen.
Angesichts der Signale aus dem Regierungslager, eine den USA ebenbürtige europäische Armee aufbauen zu wollen, kann man die Drohung von Struck, das Bombodrom noch in diesem Sommer in Betrieb nehmen zu wollen nicht ernst genug nehmen. Bis zum 5. August ist die Inbetriebnahme noch Gegenstand einer koalitionsinternen Prüfung.
Zur Erinnerung: zwischen Wittstock, Rheinsberg und Neuruppin, will die Bundeswehr einen Luftkriegs-Übungsplatz einrichten, dort wo einst von den sowjetischen Besatzern geübt wurde. Seit Stalin ist der Platz in 30 Jahren auf 14 200 ha gewachsen, indem man die Besitzer entrechtete. Es gibt unseres Wissens keinen größeren Platz in Europa, um das Bomben zu üben. Und damit ist auch der Grund benannt, warum die Bundesregierung trotz massiver Proteste an ihrem Plan festhält. Nur bei Wittstock können alle Einsatzverfahren geübt werden aus Höhen von 30 bis 4.000 m.
Entgegen den beiden Vorinstanzen wurde von der obersten Rechtsinstanz, dem Bundesverwaltungsgericht, festgestellt: Mit der Übergabe des Platzes an das Bundesfinanzministerium ist der Platz nicht entwidmet, die Bundeswehr braucht kein Planfeststellungsverfahren durchzuführen.
Außerdem nutze sie den Platz zum gleichen Zweck wie die DDR, zur Landesvertei-digung. – Wer lacht da? – Je höher der Beamte oder Richter, um so staatstragender sein Wirken! Kürzlich noch unterschieden die Richter zwischen den drohenden Angreifern aus Ost und den nie genug gestärkten Verteidigern in West.
Inzwischen ist ein Ex-General Wahlbeamter. Herr Schönbohm ist Innnenminister in Brandenburg. Alle vorherigen Beschlüsse des Landtages sind nur noch Makulatur und der neue Ministerpräsident Platzeck setzt dem nichts entgegen, sondern erfreut sich an 50 ‘Arbeitsplätzen´.
Nun hat erstmals eine Bundesregierung öffentlich gegen Krieg votiert und so die Wahl gewonnen. Millionen BürgerInnen unterstützten sie in der Haltung. Kaum ist die Phase des heißen Krieges vorbei, wird deutlich, das Ziel der Regierung war eine politische und militärische Einigung in Europa und die Durchsetzung eigener Interessen in der Golfregion. Zu welchem anderen Schlußss soll man kommen, wenn europäische ‘Schnelle Eingreifverbände´ geplant werden, wenn ein riesiger Bomber-Übungsplatz erzwungen werden soll, koste es was es wolle?
Eine ernst zu nehmende, nachhaltige Friedensbewegung kann diese Täuschung nicht gut heißen oder hinnehmen. Über 10 Jahre lang konnte eine Bürgerinitiative die Planer ausbremsen, obwohl diese im Bundesverteidigungsminister, ob schwarz oder rötlich (evtl. grün), willfährige Unterstützer und Finanziers fanden, trotz vielfacher gegenteiliger Rhetorik. Die nächsten 10 Jahre die Bomber aufzuhalten erfordert viel mehr Engagierte.
Das Gericht untersagte der Bundeswehr die militärische Nutzung, weil sich die Menschen in der Region hinreichend gewehrt haben. Gleichzeitig widmete es das Gelände als Truppenübungsplatz, weil die Regierung Militär brauche und auf das Bombodrom großen Wert legt. Es war ein Achtungserfolg für die BI. Daran kann man anknüpfen.
Krieg beginnt mit Rüstung und Training. Wittstock verhindern heißt, einen großen Stein auf den europäischen Weg zur militärischen Großmacht wälzen!
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H. Nehls und S. Hoch, Hrsg.: „Buch der FREIen HEIDe“, Espresso Verlag Berlin 2000
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