aus telegraph 6/1996
Brutale Polizei-Razzia in Schwulen-Kneipe in Halle
Wie erst jetzt zu erfahren war, stürmten 165 schwer bewaffnete und vermummte Polizisten am 7. Juni die Hallenser Schwulenkneipe „ZOOM“, in der sich zu dieser Zeit 70 Menschen auhielten. „Einzelne Personen“, heißt es in einer Information, „die auf den Befehl, sich sofort auf den Boden zu legen, nicht sofort reagierten, wurden zu Boden geschubst, mit Gummiknüppel geschlagen oder mit Barhockern bedrängt. Danach wurden die Besucher mit Plastikhandschellen gefesselt, was von den Leuten als sehr schmerzhaft empfunden wurde. Viele Besucher mußten so gefesselt längere Zeit auf dem Boden liegen bleiben. Während der ganzen Aktion über herrschte Sprechverbot. Die schmerzhaften Fesseln wurden bei den meisten Kneipen-Gästen erst nach 1 – 2 Stunden entfernt. Anschließend erfolgte eine entwürdigende Leibesvisitation, wobei sich die meisten bis auf die Unterwäsche und manche auch vollständig entkleiden mußten. Auch wurde einigen Betroffenen trotz Nachfrage von den Polizeibeamten nicht erklärt, warum sie festgehalten und dieser Leibesvisitation unterzogen wurden. Neben der Aufnahme der Personalien von allen Kneipenbesuchern wurden auch Videoaufnahmen angefertigt.“
Nachträglich wurde der Einsatz von der Polizei als Drogenrazzia gerechtfertigt. Gefunden hatte man freilich nur ein paar Ecstasy-Tabletten. Die örtliche „Schwul-lesbische Interessensgemeinschaft Lebensart“ sieht die Polizeiaktion als eine besondere Provokation im Vorfeld des Christopher Street Days an.
Aufgerufen wurde zu einer e-mail-Aktion gegen die Hallenser Polizei, die offenbar auch nach dem 26. Juni vom Schwulenverband Deutschlands weiter betrieben wird. Weitere Informationen im Internet unter „http://www.gic.de/macman/queer/csd/96/halle.html“
Kanther: Ostgrenze stärker sichern
An der deutschen Ostgrenze zu Polen und Tschechien sollen nach den Worten von Bundesinnenminister Manfred Kanther demnächst 1.500 Beamte zusätzlich eingesetzt werden. Diese Posten würden durch interne Umsetzungen besetzt, berichtete Kanther am 12. Juni im Innenausschuß. Allein für die Öffnung neuer Grenzübergänge seien 550 Polizisten nötig. Erhöht werden soll darüber hinaus die Zahl der an den westlichen Grenzen eingesetzten Beamten. Insgesamt 1.000 Frauen und Männer – 750 mehr als bisher – hätten dann die Aufgabe, für einen „Sicherheitsschleier“ an den offenen Binnengrenzen zu sorgen. Bei der Bahnpolizei sei eine Steigerung von 4.662 auf 5.412 Polizisten vorgesehen. Derzeit sind den Angaben zufolge beim Bundesgrenzschutz (BGS) von 29.500 vorhandenen Planstellen lediglich 28.172 Stellen besetzt.
In den Grenzflüssen Oder und Neiße sind zwischen 1993 und 1995 insgesamt 31 Personen tot aufgefunden worden. Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort (13/4722) auf eine Kleine Anfrage der PDS (13/4505) ausführt, besaßen sechs Personen die srilankische, vier die polnische, jeweils drei die rumänische bzw. pakistanische sowie jeweils eine Person die algerische und nepalesische Nationalität. Für den Rest lägen keine Hinweise zur Nationalität vor. In „mehreren Fällen“ seien die Aufgefundenen unbekannt geblieben. Über die Todesursachen liegen der Bundesregierung nach eigenen Angaben keine Erkenntnisse vor. Ermittlungsverfahren hierzu seien Sache der Länder. Wie es in der Antwort weiter heißt, sind im Grenzgebiet zur Tschechischen Republik von 1993 bis 1995 zwei Personen tot aufgefunden worden.
„WIB“; 19. Juni 1996, Informationszentrum für Rassismusforschung
Sommercamp gegen das Endlager für radioaktive Abfälle Morsleben
Um ihren Protest gegen die deutsche Atompolitik zu zeigen, veranstaltet ein Bündnis von Anti – Atom – und Umwelt – Gruppen vom 21. Juli bis 3. August ein Sommercamp. Es zeichnet sich durch ein vielfältiges Programm aus. Neben den vielen inhaltlichen und praktischen Arbeitskreisen, wird es ein umfangreiches Kulturprogramm geben. Geplant ist unter anderem
Filmabende und drei Benefiz-konzerte zu veranstalten. Am Mittwoch, den 24.7., Freitag, den 26.7. und am Samstag, den 27.6., dem Aktionstag, werden verschiedene Bands ohne Gage spielen. Am Aktionstag werden verschiedene Firmen Solar- und Windkraftanlagen ausstellen, viele Arbeitskreise, Büchertische und Infostände angeboten, und eine Überraschungsaktion wird für die nötige Aufmerksamkeit sorgen. Die Veranstalter gehen von einer bundesweiten Beteiligung aus. Trotzdem hoffen sie vor allem, Menschen aus der Region anzulocken. Die TeilnehmerInnen müssen bis auf die Verpflegung kein Geld für das Camp entrichten. Nähere Informationen gibt es bei der BürgerInneninitiative gegen das Endlager für radioaktive Abfälle Morsleben, Harsdorfer Str. 49 in 39110 Magdeburg. Telefonisch ist sie unter 0391/7315980 zu erreichen.
Mindestens 16 Container mit Atommüll rollen wöchentlich in das Endlager in Morsleben. Es ist das einzige offizielle Endlager für radioaktive Abfälle in Deutschland. Es wird auf Grundlage der Dauerbetriebsgenehmigung von 1986 bis zum Jahr 2000 weiterbetrieben. Bis zum Jahr 1991 wurden über 15 000 Kubikmeter radioaktiver Abfälle
unter teilweise katastrophalen Bedingungen eingelagert. So wurde ungefähr die Hälfte als Flüssigmüll in der Grube verspritzt und sollte dann mit Braunkohlenasche verfestigt werden. Dieses sogenannte Insitu – Verfahren funktionierte jedoch nur unzureichend, so das jetzt radioaktive Wasser durch die Grube sickern. Auch wenn westdeutsche Regierungspolitiker vor der Wende sicherheitstechnische Bedenken hatten, so haben sie doch keine Skrupel das Endlager heute für radioaktive Abfälle aus ganz Deutschland zu verwenden.
Doch während in Gorleben zehntausend auf die Straße gehen und gegen CASTOR – Transporte demonstrieren, verlaufen die fast täglichen Atomtransporte nach Morsleben fast unbemerkt. Sie finden an wechselnden Orten und zu unterschiedlichen Zeiten statt. Beobachtet wurden schon die Verladepunkte Magdeburg Sudenburg und Rothensee, Haldensleben, Flechtingen, Barleben, Hadmersleben und seit neuestem Groß Ammensleben. Einen stationären Kran gibt es jedoch nur auf den Containerbahnhof Sudenburg. Demonstrationen und Blockaden kamen bisher selten über die Größe von 50 Menschen hinaus. Vielleicht kann das Camp eine Initialzündung für den Widerstand um das Endlager Morsleben geben.
Presseinformation der BI gegen das ERAM
Osteuropäische Atommüllprobleme
Ein Lager für nuklearen Müll ist in Litauen beim Kraftwerk Ignalina geplant. Finanziert wird es von der Ontario Hydro Company. Weitere Finanzierungsangebote gibt es von der kanadischen AECL und der deutschen GNB. Schwach radioaktiver Müll ist heute in Ignalia in Unterwasserbehältern unter dem Reaktor des Atomkraftwerks gelagertt. Das Reservoire wird bald voll sein. Der Söuropa-Direktor der Ontario Hydro verkündete, daß seine Firma bereits mit dem Atomkraftwerk Ignalia zusammenarbeite, einschließlich der Durchführung eines Programms für die Verbesserung der Unternehmensführung.
In St. Petersburg findet ein Verfahren gegen Alexander Nikitin vor einem Miltärgericht statt. Nikitin wird wegen der Verletzung von militärischen Geheimnissen bei einer Umweltuntersuchung angeklagt, in der er sich der radiaktiven Verseuchung beschäftigte, die die russische Nordflotte verursachte. Nikitin arbeitete für die norwegische unabhängige Umweltorganisation Bellona. Nikitins Verteidiger versucht durch die Organisierung von öffentlichen Protesten gegen die Entscheidung zu rebellieren, daß Nikition vor einem nicht-zivilen Gericht steht.
Nach: X-USSR NUKE NEWS, ecodefense@glas.apc.org (Vladimir Slivyak)
ai im Internet gegen die Todesstrafe
Bonn, den 27. Juni 1996 – Drei Wochen vor Beginn der Olympischen Sommerspiele in Atlanta, Georgia hat die deutsche Sektion von amnesty international im Internet eine Unterschriftenaktion gegen die Todesstrafe in den USA gestartet. Darin weist die Menschenrechtsorganisation darauf hin, das diese grausame, unmenschliche und erniedrigende Strafe in 38 der 50 Bundesstaaten der USA und auch im Gastgeberland der Olympischen Spiele gilt; Georgia ist einer dieser 38 Bundesstaaten.
Die erste elektronische Unterschriftensammlung ist eine von vielen weltweiten Protestaktionen, mit denen sich ai gegen diese Menschenrechtsverletzung wendet: „Die legale Exekution von Straftätern ist eine barbarische Strafe. Sie schreckt niemanden ab und ist ein unwiderruflicher Verstoß gegen das Recht auf Leben“, so ai.
Im Rahmen ihrer Internet-Aktion ruft amnesty international Datenreisende dazu auf, online eine Petition an Präsident Clinton und die US-amerikanischen Gouverneure zu unterzeichnen, die die Todesstrafe als Verletzung der Menschenrechte verurteilt und deren Abschaffung fordert. Nach Unterzeichnung der Petition erscheinen die Namen der Unterzeichnenden auf einer Internet-Seite, so daß diese den Verlauf der Aktion jederzeit verfolgen können. Die Liste wird in regelmäßigen Abständen per E-Mail an Präsident Clinton geschickt.
Einloggen gegen die Todesstrafe kann man sich auf dem Server der Hamburger
Morgenpost unter http://www.mopo.de/ai.
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