aus telegraph 5/1989
vom 22. Oktober 1989
Augenzeugenberichte von Kollegen und eigene Erlebnisse haben bei uns Schrecken und Empörung ausgelöst über die Wahllosigkeit und unverhohlene Brutaltät, mit der Polizei und Sicherheitskräfte während und nach den Feierlichkeiten zum 40. Jahrestag der DDR gegen unterschiedliche Teile der Bevölkerung vorgegangen sind.
Dieses unerwartete Vorgehen hat in unserer Stadt zu einem unverkennbaren Klima von Angst, Panik und weiterem Vertrauensverlust geführt. Wir befürchten, daß die Folgen dieser Ereignisse uns von der dringenden Notwendigkeit zum Dialog aller gesellschaftlichen Kräfte immer weiter entfernen, was eine Eskalation der Gewalt bis hin zum offenen Haß in unseren Straßen bedeuten würde.
Wir rufen die verantwortlichen Politiker auf, sich sofort ihrer gesellschaftlichen Verantwortung zu stellen und jegliche Gewaltanwendung gegenüber Menschen unseres Landes zu unterbinden.
Berlin, den 9. Oktober 1989
Anlage: Unterschriften
Zusatz zur Resolution vom 9.10.89:
Wir fordern eine öffentliche Untersuchung dieser Vorgänge. Wir fordern eine Stellungnahme des Ministers des Inneren und des Ministers für Staatssicherheit sowie die Bestrafung der für die Brutalität Verantwortlichen.
Diese Untersuchungskommission sollte unseres Erachtens folgende Zusammensetzung haben: Vertreter von Bürgerinitiativen zur demokratischen Erneuerung, Rechtsanwälte, Vertreter des Generalstaatsanwalts und des Bezirksgerichtes Berlin, der Bezirksbehörde der VP und des Magistrats. Navch Bedarf müssen weitere Institutionen hinzugezogen werden. Die Ergebnisse der Untersuchungen müssen veröffentlicht werden.
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