Revolutionäre Besonnenheit = Keine Gewalt?

aus telegraph 7/1989
vom 04. November 1989

Prof. Dr. Rita Schober, Präsidiumsmitglied des P.E.N.-Zentrums der DDR hat sich in einem Schreiben an den Generalsekretär Walter Kaufmann unter anderem

„… für eine energische Distanzierung von jenen gewaltsamen Provokateuren, die Gut und Leben gefährden und friedliche Demonstranten in Mißkredit bringen und angemessene Bestrafung.“ erklärt.

„Keine Gewalt“ ist nach dem Wort „Dialog“ der beliebteste Slogan bei jung und alt. Seltsam nur, daß diese Aufforderung scheinbar vor allem an Demonstranten gerichtet ist.

Nach der Amnestie für gewaltfreie Demonstranten stellten die Mahnmachen zeitweilig ihre Tätigkeiten ein, alle-sind glücklich und beruhigt.

Die sogenannten gewalttätigen Demonstranten können demnach ruhig in den menschenzerstörenden Knästen sitzen. Sicher hat auch Götz Selöttke aus Dresden, aktiv in der Künstlergruppe Meier und zu 1 Jahr Knast verurteilt, als er lieb und höflich von Polizistinnen in schicken Uniformen zum Dinner geladen wurde, mit Wasserwerfern, Hunden und Knüppel geantwortet. Und das kurz vorm Dialog-Befehl.

Wacht auf! Die Gewaltdiskussion hat doch nur den Sinn uns zu spalten.
Wer bestimmt denn, was Gewalt ist? Wie kann überprüft werden, ob wirklich Gewalt angewendet worden ist? Wann wird endlich über Widerstand gesprochen? Von wem geht denn die Gewalt aus?

– Polizei- und Überwachungsapparat, Armee, GST, Kampfgruppen
– Disziplinierungs-Strafen in Kinderkrippen, Kindergärten und Volksbildung
– politische Paragraphen und Knäste

Die Gewalt geht immer vom Staat aus!! Wenn sie vom Volke ausgehen würde, hätten wir ja schon Kommunismus, oder was …

Steinwürfe oder andere verzweifelte Wutaktivitäten sind sicher unnütze Aktionen. Aber bei der brutalen Terrormaschinerie der VoPo zumindest verständlich und nachvollziehbar und deshalb – Freiheit für alle Inhaftierten!
Natürlich gibt es eine Gruppe bei Demos, die nicht zum Zuge kommen darf – Menschen mit faschistischen; antisemitischen, nationalistischen Absichten. Bei der Demo vom 24.10. in Berlin gab es leider solche Sprüche wie (zu Soldaten gewandt) „ihr Votzen, ihr Schweine, euch sollte man hängen!“ oder „Auf zum Brandenburger Tor – ich will Hamburger essen!“ oder faschistische Flugblätter-auf der Demo vom 4.11.
Linke müssen verhindern, daß sich Faschisten und Spießbürger, die jetzt aus ihren Löchern kriechen, auf unseren Demos austoben.

Trotz alledem! Viel Spaß FÜR DIE NÄXTE DEMO! VENCEREMOS!
D.T.

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