Glosse

aus telegraph 02/1990, vom 22. Januar

Trotz gefälschter Kommunalwahl arbeiten die aus ihr hervorgegangenen Kommunalparlamente unverdrossen, wenn auch nicht besonders effektiv.

Ein besonders komisches Dokument erhielten wir aus der Stadtbezirks­verordnetenversammlung Berlin-Pankow:

„Stadtbezirksversammlung Berlin-Pankow

Berlin, den 09. 01. 1990
Werte Abgeordnete!
Werte Nachfolgekandidaten!
Werte berufene Bürger!
Werte Gäste!

Auf der 4. Tagung der Stadtbezirksversammlung Berlin-Pankow wurde beschlossen, die 5. Tagung der Stadtbezirksversammlung am 18. 01. 1990 im VEB Bergmnann-Borsig / KKAB durchzuführen.

Nach nochmaliger Rücksprache mit dem Leiter des Kulturhauses des VEB Bergmann-Borsig / KKAB ist es nicht möglich, noch im Januar die 5. Tagung der Stadtbezirksversammlung Berlin-Pankow stattfinden zu lassen. Diesen Beschluß der 4. Tagung der Stadtbezirksversammlung Berlin-Pankow müssen wir zu Beginn unserer 5. Tagung durch die Abgeordneten aufheben lassen.

Wir bitten Sie sehr herzlich um Ihr Verständnis, daß für Donnerstag, den 8. Februar 1990, 8 Uhr die 5. Tagung der Stadtbezirksversammlung Berlin-Pankow einberufen wird.

Mit sozialistischem Gruß
Klaus Peters
Tagungsleiter“

Wir fragen uns nun sehr besorgt, was denn geschehen würden, wenn die Pankower Schildbürger-Parlamentarier am 8. Februar ihren Beschluß, schon am 18. Januar zu tagen, nicht aufheben, sondern auf seiner Erfüllung bestehen? Wenn dieser Beschluß nicht ordnungsgemäß ausgeführt wird – dann müßten sie doch eigentlich zurücktreten. Oder?

p.h.

© telegraph. Vervielfältigung nur mit Genehmigung des telegraph