aus telegraph 5/1990
vom 15. März 1990
Verweigerung von Zivildienst und Widerstand gegen Musterung wurden Kavaliersdelikte
Nun ist sie heraus, die Ministerratsverordnung vom 8. Februar 89 über den Zivildienst in der DDR, der Íffentlichkeit noch vorenthalten. Pragraph 21 legt die Strafbestimmungen fest. Wer sich dem Zivildienst entzieht, ist demnach mit Verwarnung oder Ordnungsstrafe bis 500.-M zu belegen. Dies wiederspricht zwar dem Beschluß des „Runden Tisches“, Totalverweigerer wie in den vergangenen vier Jahren nicht mehr strafrechtlich zu verfolgen, aber zumindest droht ihnen vom Gesetz her keine Inhaftierung mehr.
Auch die Musterung betreffend gibt es einen neuen Erlaß, der bereits ausgeteilte Musterungsaufforderungen zu Makulatur werden läßt: Eine polizeiliche Zuführung nicht Musterungswilliger zum Wehrkreiskommando ist demnach nicht mehr zulässig. Es wird empfohlen, Gespräche mit den sich der Militärverfassung Widersetzenden zu suchen, um sie dabei auf die Gesetzeswidrigkeit ihres Handelns hinzuweisen. Auch dies wird in den bisherigen Pressemeldungen verschwiegen.
Beratungen bietet der Freundeskreis Wehrdiensttotalverweigerer an, jeden 1. und 3. Donnerstag, 17-20 Uhr in der Französischen Friedrichstadtkirche (Jugendcafe), gegenüber dem Berliner Schauspielhaus. Telefonische Nachfragen auch über das Berliner Kontakttelefon für unterlassene Nachrichten, jeden 2. und 4. Donnerstag 15-17 Uhr, Tel. 2292912.
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