aus telegraph 5/1990
vom 15. März 1990
Pressekonferenz am 5. März im DDR-Tscheka-Zentrum Magdalenenstraße
Die besten Ergebnisse konnte am Montagabend der Vertreter des Schweriner Bürgerkomitees vorweisen (Er ist gleichzeitig Koordinator der Bezirklichen Bürgerkomitees zu Auflösung des MfS/ANS).
In Schwerin begann die Arbeit sehr früh und nicht ohne Spannungen (Angehörige des MfS/ANS waren damals noch Waffenträger). Beim stellvertretenden Leiter der Bezirksbehörde fand man einen Blanco-Ausweis der rumänischen Securitate. Drei Staatsanwälte entdeckte man als Auftragnehmer der DDR-Tscheka. Solche Staatsanwälte wurden als „A1“ bezeichnet. In Schwerin können auch Schriftstücke gesichert werden, die darauf hindeuten, dass die Sicherheitsdoktrin Mielkes nicht nur gutgeheißen wurde. Die Schriftstücke stammen allerdings erst aus dem Frühjahr 89.
Bereits Mitte der 70er Jahre nahm die Arbeit der Behörde krankhafte Züge an. Technik wurde größtenteils aus dem Westen gekauft. Tausende ungelöschte Kassetten von mitgeschnittenen Telefon-Gesprächen sind in Berlin gelagert. Alle Zahlkarten der Zollverwaltung wurden aufgehoben und auf Film gespeichert. Verschiedene Abteilungen legten verschiedene Akten oft von einer Person an.
Dabei schleifte es anscheinend bei der Zusammenarbeit. Kaderleiter in allen Betrieben etc. waren verpflichtet, Auskunft zu erteilen. Oft wurden Schreiben aus den Kaderakten abgelichtet und abgeheftet. „IM“ (inoffizielle Mitarbeiter), auf hochdeutsch Spitzel, sorgten dafuer,
dass der Stasi sich ungehemmt auf das Netz der Post klemmen konnte. Die Sammelwut kannte keine Grenzen, nichts war zu teuer.
Gesammelt wurden aber auch unzählige Wischinsky-Bilder und andere Nachbildungen in Holz, Metall, Gips, etc.. Hinzu kommen Pokale, Teller und anderer stalinistischer Kitsch.
Und noch eines wurde klar: Warum die Akten zurückgehalten werden. Durch diese Maßnahmen, so erklärte die Staatsanwaltschaft, sollen die ehemaligen Mitarbeiter bzw. Zuarbeiter des MfS/ANS weiterhin gedeckt werden. „Gründe des Personenschutzes“, so offiziell. Wie es scheint, hat sich der Stasi, wenn auch verfassungsfeindlich, auf geltendes DDR-Recht gestützt. Und dies ist kein Widerspruch! Staatliche Beamte können demnach nicht für die Inhaftierung, Vernehmung und Bespitzelung von Menschen angeklagt werden, sondern bestenfalls wegen Hinterziehung von staatlichen Geldern zur persönlichen Bereicherung.
chr.h.
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