aus telegraph 3/1990
von Wolfgang Rüddenklau
Während der Ostberliner Magistrat bereits die ersten Westberliner Anträge auf Gewerbeflächen auf dem ehemaligen Todesstreifen der Berliner Mauer für den März genehmigt hat, rührt sich der Widerstand an der Basis und in den Stadtbezirken für eine weniger prosaische Nutzung des denkwürdigen Geländes. Wir brachten bereits den Aufruf der Gruppe „Mauerblümchen“, die eine alternative Nutzung des Grenzstreifens im Rahmen der Begrünung vorschlug. Auch die „Initiative gegen Frühjahrsmüdigkeit“ möchte eine Grünzone und nicht das triste Westberliner Gewerbe auf dem Gebiet sehen, auf das wir jahrelang mit Trauer und Zorn schauten.
Auch der Stadtbezirksversammlung Prenzlauer Berg ist von ihrer Ständigen Kommission Umgestaltung und Umweltschutz ein detaillierter Plan zur Gestaltung eines „Mauerparks“ vorgelegt worden, samt der Aufforderung an die Stadtbezirksversammlungen Pankow und Mitte, sich diesem Projekt mit ihrem Mauerstück anzuschließen und so ökologischen, lufthygienischen, stadtgestalterischen und denkmalschützerischen Gesichtspunkten gerecht zu werden.
Wie sehr auch die Stadtbezirksversammlungen infolge ihrer Herkunft aus dem letzten Kommunalwahlbetrug an Legitimität verloren haben, dieser lobenswerte lokale Aufstand gegen den kruden Gewerbs¬sinn der Zentrale sollte doch erhalten und fortgesetzt werden. Natürlich entspringt der Impuls dem verzweifelten Versuch um Rehabilitierung, aber sollte das unter allen Umständen negiert werden? Die Runden Tische, nicht nur auf Stadtbezirksebene, sollten dieses Vorhaben unterstützen.