Zur Medienreform

aus telegraph 6/1989, vom 27. Oktober 1989

Die neue Führung hat eine große Wende ausgerufen und unternimmt Anstrengungen, dafür Glaubwürdigkeit zu erwerben. Wir begrüßen diesen Wechsel.
Es bleiben kritische Fragen. Auch sie müssen beantwortet werden, wenn wir Vertrauen in die Wende gewinnen sollen. Die erste Frage: Glasnost oder Knopfdruck? Innerhalb von 24 Stunden? Wie viele Wetterfahnen sind da umgeschwenkt? Wie konnten so viele im Apparat, in der Regierung, in der Volkskammer, in den „bewährten Formen und Foren“ so lange sprachlos sein und wie durch eine Wunderheilung die flüssige Rede wiederfinden?
Wer garantiert, daß nicht mit dem nächsten Knopfdruck dieser Schweigechor erneut einsetzt?
Welche Kontrolleinrichtungen sind notwendig, um das in Zukunft zu verhindern?

Hier sind Antwortvorschläge:
Schafft ein, zwei, drei, … viele neue Foren, in denen Bürger Fragen stellen und Verantwortliche Antwort stehen können, ebenso aber auch Regierende die Probleme darlegen und die Bürger Lösungen diskutieren und auswerten können. Erkennt das NEUE FORUM an! Verlangt von ihm, daß es seinen Status an die Verfassung anbindet, aber gebt ihm das Recht, sich über brennende Probleme zu äußern. Daß es mit Eingaben die Volkskammerausschüsse aufwecken kann, wenn diese wieder einschlafen. Daß es die Parteiführer einladen kann, wenn sich in deren Verantwortwortungsbereich Hindernisse auftürmen. Daß es in den Medien Fragen stellen und Anhörungen organisieren kann und eine eigene Zeitung herausgeben kann.

Das Neue Forum will kein Meckerklub werden, sondern die Arbeit der Verantwortlichen in Partei und Regierung kontrollieren kontrollieren und qualifizieren helfen!

NEUES FORUM, 23.10.1989

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