aus telegraph 10/1989
vom 20. Dezember 1989
So titelte die Westberliner TAZ einen Bericht über einen „einsamen Pressetermin“ der Umwelt-Bibliothek Berlin im Internationalen Pressezentrum. Nur ein paar Journalisten seien anwesend gewesen.
Mehr war natürlich im Schatten des Kohl- und Mitterand- Besuches und des Runden Tisches auch gar nicht zu erwarten. Es ging auch gar nicht um eine größere Runde, sondern eben darum, diejenigen Pressevertreter zu erfassen, die sich ehestens noch für die Basisgruppen interessieren. Diese Gruppen, Bürgerinitiativen vor Ort nämlich, werden zur Zeit vom Wahlkampfgeschrei der alten und neuen Partei übertönt. Aber nach wie vor sind sie fast die einzigen, die Kompetenz zu erwerben versuchen und Inhalte und Interessen von DDR-Bevölkerung vertreten, wie sich erst unlängst beim Besuch des Bundesumweltministers Töpfer zeigte. Parteien sind eben zunächst an ihrer eigenen Vertretung interessiert und gehen deshalb oft an den realen Problemen vorbei, soweit dies keine Wählergunst einbringt. Daß „Partei und Basidemokratie ein Widerspruch in sich“ sind, löste aber bei der TAZ offensichtlich nur Unverständnis aus.
Darum ging es bei der Pressekonferenz und um den Entschluß der Umwelt-Bibliothek Berlin, die Strukturen der Evangelischen Kirche aufzugeben, sich als eigenständiger Verein zu konsttituieren und zusammen mit anderen Bürgerinitiativen ein Haus zu verlangen. Die Umwelt-Bibliothek will sich in das Aktionsbündnis von Umweltgruppen Grüne Liga einbringen. Als weitergehendes politisches Konzept wurde ein größeres Mitspracherecht von Bürgerinitiativen bei politischen Entscheidungen, relativ große Eigenständigkeit der künftigen Länderregierungen und eine stark basisdemokratisch bestimmte Struktur dieser Länder genannt.
r.l.
© telegraph. Vervielfältigung nur mit Genehmigung des telegraph