Freiheit für Osman Murat Ülke

von Gerold Hildebrand
aus telegraph 1/1996 (#92) 

Am 8. Oktober 1996 wurde der Kriegsdienstverweigerer Osman Murat Ülke, Vorsitzender des Izmir Savas Karsitlari Dernegi (Verein der KriegsgegnerInnen Izmir) in Izmir verhaftet.

Osman hatte am 1. September 1995, dem Internationalen Antikriegstag, auf einer Pressekonferenz öffentlich seine Kriegsdienstverweigerung erklärt und seinen Wehrpaß verbrannt. Seit 14.10.96 wird er im Mamak Militärgefängnis in Ankara in Einzelhaft gefangen gehalten. Gegen ihn wird ermittelt nach Artikel 155 des türkischen Strafgesetzbuches, der die „Distanzierung des Volkes vom Militär“ mit Strafen bis zu zwei Jahren Haft bedroht. Mit diesem Paragraphen soll jegliche Kritik am türkischen Militär unterbunden werden. Aufgrund der unmenschlichen Haftbedingungen und aus Protest gegen seine Inhaftierung begann Osman Murat Ülke einen Hungerstreik.

Obwohl die Republik Türkei die allgemeine Erklärung der Menschenrechte und damit auch die Rechte auf freie Meinungsäußerung und Gedankenfreiheit unterzeichnet hat, muß ich feststellen, daß diese Rechte nicht respektiert werden. Dasselbe gilt in Bezug auf Kriegsdienstverweigerung, die laut Beschluß der UN-Menschenrechtskommission vom 8. März 1995 in Genf ebenfalls als Menschenrecht anerkannt ist.

Ich bin sehr empört über dieses Vorgehen und bitte Sie, sich einzusetzen für

• die sofortige Freilassung Osman Murat Ülkes und die Einstellung des Verfahrens gegen ihn
• die Respektierung der Kriegsdienstverweigerung in der Türkei
• die Einstellung aller weiteren Verfahren gegen Kriegs(dienst)gegner und Kriegs(dienst)gegnerinnen und die Einhaltung der Menschenrechte in der Türkei
• eine menschenwürdige Behandlung Osman Murat Ülkes.

Ich habe mich in der ehemaligen DDR gegen die SED für das Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung eingesetzt und bin betroffen, daß in Europa – 7 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer – noch immer Kriegsdienstverweigerer verfolgt werden und inhaftiert sind.

10. November 1996
Gerold Hildebrand

Ähnlich lautende Proteste an:
Premierminister Basbakani Erbakan, Basbakanligi Konulu, Ankara, (Fax +90-312-4 17 04 76)
Militärgefängnis Mamak Askeri Cezaevi Müdürlügü, Ankara, Türkiye
Generalstab, Fax +90-312-4 18 53 41
Justizminister, Fax 0090-312-4 17 39 54
Verteidigungsminister, Fax 0090-312-3 24 46 27
Türkische Botschaft, Utestraße 47, 53179 Bonn, Fax (02 28) 34 88 77

Weitere Informationen, Vorschläge für Protestbriefe und Unterschriftenlisten sind erhältlich bei: DFG-VK Nordrhein-Westfalen, Braunschweiger Straße 22, 44145 Dortmund, Fon (02 31) 81 80 32, Fax (02 31) 81 80 31, Email: dfg-vk.nrw@anarch.free.de
Für Solidaritätsadressen und die Kopie des Protestfaxes: Verein der KriegsgegnerInnen Izmir, 168 Sokak No. 14, Alsancak Izmir, Fon +90-232-4 64 24 92, Fax (00 90 232) 44 08 42.

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