MELDUNGEN

aus telegraph #104

TODESFASTEN IN DER TÜRKEI
Seit Oktober letzten Jahres sind politische Gefangene in der Türkei in einen Hungerstreik getreten. Sie wehren sich gegen die Einführung von kleinen Zellen und Isolationshaft in den neu gebauten Gefängnissen des F-Typs. Die F-Typ Isolationsgefängnisse zielen auf die physische und politische Vernichtung der Gefangenen. Durch Vereinzelung und der Zerschlagung der Gefangenen-Kollektive soll ihr Widerstand bekämpft werden.

Am 19. Dezember 2000 stürmten türkische Sicherheitskräfte ca. 20 Gefängnisse. Ziel der Operation war die Beendigung des Hungerstreiks von über 1000 Gefangenen. Bei der Militäraktion starben 28 Menschen.

Daraufhin schlossen sich Angehörige und Freunde dem Todesfasten an.

Seit dem 20. Oktober 2000 haben bis zum Redaktionsschluss 54 Gefangene und Angehörige bei dem Todesfastenwiderstand ihr Leben verloren und weitere 50 Gefangene wurden infolge einer Zwangsernährung und bewusst falschem medizinischen Eingriff zu lebenden Toten verwandelt.

Der türkische Staat hat es weder mit Massaker, noch mit der Zwangsernährung geschafft, den Widerstand der Gefangenen und den der Angehörigen zu brechen. Die Gefangenen, die für haftunfähig erklärt und freigelassen wurden, setzen draußen ihr Todesfasten fort. Zwei neue Todesfastengruppen haben sich in den Gefängnissen dem Hungerstreik angeschlossen.

ERKLÄRUNG DER GEFANGENEN
Die Forderungen unseres Widerstandes sind folgende:
– Die F-Typ Zellengefängnisse, deren Bau bis heute andauert, und die mit Methoden der Isolation, Vereinsamung und Folter zu unserer Kapitulation führen sollen, müssen geschlossen werden.
– Das Anti-Terrorgesetz 3713, das ein ganzes Volk mit der „Terrorismus“- Demagogie beschuldigt und „anklagt“, das Folter, Mord und Hinrichtung legalisiert, muss aufgehoben werden.
– Das „Dreierprotokoll“, welches Einschrän-kungen der juristischen Verteidigung und ärztlicher Behandlung der Gefangenen beinhaltet, muss rückgängig gemacht werden.
– Die Staatssicherheitsgerichte, die seit 1984 Sondergerichte sind, müssen abgeschafft und alle von ihnen erlassenen Strafen mit all ihren Folgen aufgehoben werden.
– Die Gefängnisse müssen, von einer Delegation aus ausgewählten Rechtsanwälten, Ärzten, Vertretern von Angehörigenvereinen, Gewerkschaftler und Mitgliedern demokratischer Organisationen, in bestimmten Perioden kontrolliert werden.
– Die Personen und Befehlshaber, die für die Massaker in türkischen Gefängnissen, von 1995 bis 2000 verantwortlich sind, müssen auf schnellstem Wege vor ein öffentliches Tribunal gestellt und bestraft werden.
– Unsere Freunde, die an verschiedenen Krankheiten leiden, die verletzt sind und nicht behandelt wurden, müssen auf der Stelle freigelassen werden.
– Die Personen, die uns gefoltert haben, müssen ausfindig gemacht, vor ein offenes Tribunal gestellt und bestraft werden.
– Alle anti-demokratischen Gesetze, die vor die Demokratie und Freiheit der Völker gestellt wurden, müssen abgeschafft und die Unterdrückung der kurdischen, sowie der anderen nationalen Minderheiten muss beendet werden.

USA- STRAHLENMESSUNG ENTSPRICHT HAUSDURCHSUCHUNG
Der US Supreme Court, der höchste Gerichtshof der USA, hat eine sehr wichtige Entscheidung in Hinblick auf die Zukunft der Strafverfolgung getroffen. Wichtig ist diese Entscheidung vor allem, weil sie observierten Personen- ohne Kenntnis über die weitere technische Entwicklung bei den Methoden der Strafverfolgung – den Schutz der Wohnung vor ungenehmigten Durchsuchungen gewährleistet.
www.nytimes.com/2001/06/12/national/12SEAR.html

Es ging bei dem Verfahren um einen viele Jahre zurück liegenden Fall, über den auch MSNBC vor Monaten berichtete. Laut dieser Darstellung sollten Polizeibeamte im Jahr 1992 auf richterliche Anordnung mehrere Wohnungen und Häuser von außen nach auffälliger Abwärme untersuchen. Die Anordnung war erfolgt, weil der Verdacht bestand, in den Häusern werde Marihuana angepflanzt. Das dafür notwendige Kunstlicht erzeugt Wärme, die wiederum durch eine Messung nachgewiesen werden kann.
www.intern.de/news/1493.html

Die Polizisten richteten dabei aber das, für damalige Verhältnisse neuartige, Messgerät „testweise“ auch auf ein Haus, für das keine Anordnung vorlag und wurden fündig. Die Abwärme aus der Garage sprach für eine Marihuana-Pflanzung. Sie beantragten darauf hin eine Hausdurchsuchung, bei der 100 Pflanzen sicher gestellt wurden. Der Besitzer des Hauses wurde verurteilt, klagte aber jahrelang gegen das Zustandekommen des Urteils, weil seiner Meinung nach die Wärmemessung eine Art illegaler Hausdurchsuchung darstellt. Es habe sich bei dieser „Strahlenmessung“ um einen illegalen Eingriff in seine Wohnung gehandelt.

Der Supreme Court gab ihm jetzt recht. Nach Ansicht der Richter müsse derartigen Methoden der Strafverfolgung gerade deshalb ein Riegel vorgeschoben werden, weil niemand die weitere technische Entwicklung kenne.
Es sei durchaus denkbar, dass es in einigen Jahren möglich ist, die Vorgänge in einem Haushalt bildlich darzustellen, ohne in diesen Haushalt einzudringen. Doch solche – heute noch futuristisch anmutenden Methoden – stellen nach Ansicht der Richter ein der Hausdurchsuchung gleich zu stellendes Vorgehen dar.

Hausdurchsuchungen sind in den USA, wie in Deutschland, nur auf richterliche Anordnung bzw. „bei Gefahr im Verzug“ möglich. Da aber neuartige Methoden, wie in diesem Fall die Messung der Wärmestrahlung, nicht durch Gesetze geregelt sind, bestand Klärungsbedarf. Das Urteil verdient im übrigen auch in Deutschland Beachtung, denn dem oftmals prophezeiten „Großen Lauschangriff“ steht die in der Verfassung geschützte Unverletzlichkeit der Wohnung entgegen.
http://www.intern.de/news/1883.html

ENTLASTENDES MATERIAL FÜR MUMIA ABU JAMAL
In einer Pressekonferenz ist das neue Vertei-digungsteam des zum Tode verurteilten afroamerikanischen Journalisten Mumia Abu-Jamal vor die Öffentlichkeit getreten und hat Dokumente präsentiert, die zum ersten Mal belegen, dass ihr Mandant im Juli 1982 unschuldig zum Tode verurteilt worden ist. Der Berufskiller Arnold R. Beverly gesteht darin, dass er den Polizisten Daniel Faulkner 1981 im Auftrag der Unterwelt ermordet hat. Abu-Jamal war vorgeworfen worden, am 9. Dezember 1981 in Philadelphia den Polizeibeamten Faulkner erschossen zu haben, als dieser Abu-Jamals Bruder William Cook auf offener Strasse misshandelte. Abu-Jamal selber hatte damals eine schwere Schussverletzung davongetragen und nur knapp überlebt.

In einer ersten Stellungnahme hat die Sprecherin der Staatsanwaltschaft in Philadelphia, Cathie Abookire, die eidesstattliche Erklärung von Beverly als »lächerlich« und »erfunden« bezeichnet.

MONDO W.E. WE LANGA (DAVID RICE) UND EDWARD POINDEXTER MÜSSEN FREIGELASSEN WERDEN!
Mondo we Langa und Edward Poindexter waren „Black Panthers“, radikale Kritiker der amerikanischen Gesellschaft und speziell auch der Polizei in Omaha/Nebraska. Sie wurden im April 1971 wegen Polizistenmordes zu lebenslanger Haft verurteilt und sind seit August 1970 (über 30 Jahre!) in Haft.

Mondo we Langa (David Rice) und Edward Poindexter waren Ende der sechziger Jahre die führenden Mitglieder einer Black Panther Gruppe in Omaha/ Nebraska und setzten sich aktiv für die Rechte der Schwarzen ein. Sie kritisierten Rassendiskriminierung und Polizeiwillkür in ihrer Stadt und wurden aufgrund ihrer radikalen Einstellung zur Zielscheibe der lokalen Polizei, sowie des FBI.

Als am 14. August 1970 ein Polizist durch eine Bombe getötet wurde, die in einem leerstehenden Haus deponiert worden war, fiel der Verdacht sofort auf die Black Panther, und man versuchte, die beiden führenden Köpfe zu belasten. Dies gelang mit Hilfe eines 15 jährigen Kronzeugen, der gestanden hatte, die Bombe dort plaziert zu haben. Er war nach Einschüchterung und Bedrohung durch die Polizei schließlich bereit, die zwei schwarzen Führer zu beschuldigen.

Als weiteres Beweismittel führte die Polizei Dynamit vor, das bei einer illegalen Hausdurchsuchung in Rices Haus gefunden worden sein soll. Mondo stellte sich freiwillig den Behörden, um alle Vorwürfe zu entkräften. Obwohl sich der jugendliche Kronzeuge bei der Verhandlung in Widersprüche verwickelte und keine eindeutige Indizienkette zwischen dem Dynamit und dem Mordanschlag hergestellt werden konnte, erkannten die fast nur weißen Geschworenen die Angeklagten als schuldig. Sie wurden zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt und sind seitdem in Haft.

Nach dem Prozess kam heraus, dass die Polizei und das FBI mehrere Beweismittel dem Gericht vorenthalten hatten. Es ist in all den Jahren nicht gelungen, eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu erreichen.
Bisher ist eine Begnadigung an der unnachgiebigen Haltung der Politiker in Nebraska gescheitert.

NACH FAST 30 JAHREN ISOLATIONSHAFT WURDE ROBERT KING WILKERSON AUS DEM KNAST ENTLASSEN
Am 8. Februar 2001 wurde Robert King Wilkerson, einer der ‚Angola 3‘, aus dem berüchtigten US-Gefängnis Angola im Bundesstaat Louisiana entlassen. Der 57jährige wurde 1973 aufgrund belastender Aussagen von zwei Mitgefangenen, wegen Mordes an einem Vergewaltiger zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt, obwohl ein anderer Gefangener den Mord gestand und dafür auch verurteilt wurde. Wilkerson war seit seiner Verurteilung nahezu ständig in Isolationshaft untergebracht.

Schon vor Jahren sagte der Täter aus, er habe allein gehandelt. Ebenso die beiden Zeugen, die erklärten, dass die Gefängnisleitung deren Aussagen erpresst hatten.“Ich bin vielleicht Angola los, aber Angola wird mich nie los“, sagte Wilkerson und kündigte an, für die Freilassung der anderen beiden Gefangenen der ‚Angola 3‘ zu kämpfen. Albert Woodfox und Herman Wallace wurden 1972 wegen angeblichen Mordes an einem Gefängniswärter zu lebenslänglich verurteilt. Wie Wilkerson haben sie immer beteuert, unschuldig zu sein und von der Gefängnisleitung verfolgt zu werden, weil sie im Gefängnis eine Ortsgruppe der Black Panther Party aufbauten. Vor Jahren gelangten Beweise an die Öffentlichkeit, dass Zeugen bestochen wurden, um gegen sie auszusagen. Trotzdem sind sie immer noch, nunmehr seit 29 Jahren, in Isolationshaft. Im März letzten Jahres klagte die Bürgerrechtsorganisation „American Civil Liberties Union“ vorm Bundesgericht, dass die 29 Jahre andauernde Isolationshaft der ‚Angola 3‘ gegen die US-amerikanische Verfassung verstoße. Das Gericht hat bis jetzt darüber kein Urteil gefällt.

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