Kommentar: Und manche sind gleicher

aus telegraph 11/1990
von Rüdiger Rosenthal

Einen Rechtsstaat wollen sie basteln aus zweierlei Deutschlands. Vor
den Gesetzen sollen alle gleich sein! Gegen ehemalige militante
AntikapitalistInnen wird Diestel-Schäuble aktiv, gegen
Schreibtischtäter üben sich Innenminister in Nachsicht. Bis heute
gab es keine Prozesse gegen jene Leute, die fast ein halbes Volk
terrorisierten. Herr Schalck-Golodkowski aus Ostberlin zum Beispiel
soll jetzt in der Nähe von Pullach wohnen. Herr Wolfgang Biermann
vom Carl-Zeiss-Jena Unternehmensberater in Bonn sein. Interessiert
das nach einem halben Jahr noch jemanden? Eine Chemielaborantin aus
Berlin-Marzahn mit terroristischer Vergangenheit vor über zehn
Jahren wird ausgeliefert, die Herren Milliardenschieber und
Volksbeklauer nicht. Susanne Albrecht gelte weiterhin als
Bundesbürgerin, meint der DDR-Generalstaatsanwalt. Die Herren
Schalck und Biermann sind immer noch DDR-Bürger. Bisher haben sich
manche Dunkelmänner hinter dem eisernen Vorhang verschanzt; wer
alles in die Deutsche Einheit abtauchen wird, steht in jenen Akten,
die west- und ost-staatstragende Experten gemeinsam vernichten
wollen. RAF und Verfassungsschutz, Stasi und BND; welche
Querverbindungen gab es.

Zur Klärung dieser Fragen helfen auch Schäuble-Diestels
Kooperationen gegen ausgestiegene Ex-TerrroristInnen und die
militante Szene nicht: blind auf welchem Auge?