Wohin mit den Müllbergen?

Konzept des Rot-Grünen Senats

aus telegraph 37/1990

Von den 1,21 Millionen Tonnen Hausmüll und ähnlicher Abfälle, die die Westberliner Stadtreinigung (BSR) im Jahre 1988 entsorgte, können nach Ansicht der Senatorin Michaele Schreyer (Stadtentwicklung und Umweltschutz) große Mengen wiederverwertet werden. Das betrifft v.a. Glas (85000 t pro Jahr), Papier und Pappe (112 000 t pro Jahr) und Garten- und Küchenabfälle (rd. 130 000 t pro Jahr). Das geht natürlich nur, wenn der Müll getrennt erfaßt wird. Deshalb wir die BSR im Frühjahr damit beginnen, in den Bezirken Steglitz und Zehlendorf grüne „Bio-Tonnen“ aufzustellen.

In ihrer Rede vor dem Westberliner Abgeordnetenhaus vom 18. Januar erklärte sie in Beantwortung einer großen Anfrage der CDU, daß für eine Politik der Müllvermeidung derzeit die rechtlichen Eingriffsinstrumente fehlten, weshalb hier die Bundesregie¬rung gefordert sei. Der Senat würde jedoch freiwillige Maßnahmen anregen. So arbeite er zur Zeit mit einer namhaften Handelskette ein Modell „Abfallarmes Einkaufen“ sowie das Projekt „Abfallarme Kantine“ vor. Es sei eine Schrift in Druck, daß dem Hotel- und Gaststättengewerbe Wege aufzeige, wie Abfall zu vermeiden sei. Frau Schreyer geht davon aus, daß durch derartige Maßnahmen die zu deponierende Müllmenge um 300 000 Tonnen jährlich gesenkt werden kann, was sogar die CDU im Abgeordnetenhaus für völlig unzureichend hielt. Was die gefährlichen Abfallstoffe anbelangt, werde sie in Zukunft vom „Bundesimmissionsschutzgesetz“ konsequent Gebrauch machen, d.h. es wird nur noch der Betrieb solcher Anlagen genehmigt, die den Anforderungen dieses Gesetzes entsprechen. Dieses Gesetz gelte leider nicht für kleinere und mittlere Betriebe, weshalb sie hier als freiwillige Maßnahme den Abschluß von sogenannten Branchenabkommen anrege. Bei öffentlichen Bauaufträgen wolle der Westberliner Senat dafür sorgen, daß keine asbesthaltigen Stoffe mehr verwendet werden.

Was die Kompostierung organischer Abfälle anbelangt, verhandele der Westberliner Senat mit der DDR, um von ihr Flächen dafür zu bekommen. Die DDR käme auch als Abnehmer für den Kompost in Frage. Eine Kompostierungswirtschaft könne sinnvoll nur gemeinsam mit der DDR gemacht werden. Was eine neue Müllverbrennungsanlage anbelangt, so werde dadurch nur die Müllmenge reduziert, der Rest müsse trotzdem deponiert werden. Deshalb wolle der Senat keine weitere Müllverbrennungsanlage bauen, ohne die Konzepte zur Müllvermeidung geprüft zu haben. Auch hier sei die Zusammenarbeit mit der DDR notwendig. Es müsse ein „integriertes Müllkonzept für den Ballungsraum Berlin“ geben. Die DDR-Regierung und der Magistrat von Ost-Berlin hätten bereits ihre Zustimmung zu diesem Plan signalisiert. Die Arbeitsgruppe Umweltschutz, Versorgung und Entsorgung des vorläufigen Regionalausschusses habe Expertengruppen gebildet.