Wiedervereinigte deutsche Polizei?

aus telegraph 5/1990
vom 15. März 1990

Wir berichteten im letzten Heft bereits ueber eine Besetzung des DDR-Mauerstreifens durch Westberliner Autonome. Einen ersten Räumungsversuch der Westberliner(!) Polizei wehrten die DDR-Grenzorgane ab. Durch eine Vereinbarung des Westberliner und Ostberliner Polizeipräsidenten wurde dann der Mauerstreifen für die Westpolizei geöffnet. Die Besetzer zogen nach einem Ultimatum ab.

Wir fragten im Ostberliner Polizeipräsidium, ob das nicht eine Aufgabe von Souveränitätsrechten der DDR wäre.

Antwort: „Na, die paar Meter hin und her! Wir haben die Besetzer durch die Westberliner Polizisten räumen lassen, weil sie für Westberliner zuständig sind. Es gibt eine Anzahl Vereinbarungen über Zusammenarbeit, z.B. auch bei der Sicherung des Mauerabrisses.“

Wir fragten nicht, ob die Westberliner Polizei auch hinzugezogen wird, wenn etwa ein Westberliner in Karl-Marx-Stadt (Tschuldigung, Chemnitz) die Geschwindigkeit überschreitet. Wir fragten stattdessen, ob es darüber hinaus schon allgemein Absprachen für
die künftige Zusammenarbeit mit dem Westberliner Landeskriminalamt oder dem bundesdeutschen BKA gibt.
Antwort: „Mit dem BKA nicht, aber mit dem LKA gibt es im Rahmen der ständigen Kontakte Absprachen, Gespräche und Gedanken über eine künftige Zusammenarbeit. Geplant ist, die Volkspolizei analog den westlichen Polizeistrukturen zu organisieren. Das hängt aber
natürlich von den Anordnungen des neuen Ministers des Inneren nach der Wahl am 18. März ab. Aber die Volkspolizei hat bereits Konzepte und Ideen und ist voll kooperationsbereit.

r.l.

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