Freiheit für Thomas Remschel

aus telegraph 7/1989
vom 04. November 1989

Torsten Röder, der wegen der Flugblattaktion “China ist nicht fern“ 93 Tage in Untersuchungshaft war, wandte sich am 29.Oktober mit einem Brief an Egon Krenz. Wir zitieren aus diesem Brief:

“ … Mein Hauptanliegen ist jedoch, Ihnen den Fall Thomas Remschel zu schildern, da ich im Zweifel bin, ob Personen, die nach §220 StGB verurteilt wurden, auch unter die Amnestie fallen. Ich hatte Gelegenheit, Thomas 7 Wochen in der Untersuchungshaft kennenzulernen. Er ist 29 Jahre alt und arbeitete als Koch in einer Berliner Gaststätte. Seine Unzufriedenheit mit dem bestehenden Wahlsystem ließ sein Gewissen aufbegehren. Er druckte in alleiniger Handarbeit Zettelchen mit folgendem Wortlaut:

Demokratie?
Menschenrechte = 0
Wahlfarce
Darum 7.5.89 NEIN

Diese Zettelchen verteilte er in Briefkästen seiner Wohngegend. Dafür wure er am 1.August 1989 zu 16 Monaten Freiheitsentzug verurteilt, da dies für das Gericht eine mehrfache öffentliche Herabwürdigung darstellte. Ich fordere seine sofortige Freilassung.

Desweiteren möchte ich protestieren, daß die Freilassung-der politisch Inhaftierten als Amnestie proklamiert wird, da es sich bei diesen Bürgern nicht um Straftäter handeln darf. Ich fordere diesbezüglich eine völlige Rehabilitierung und eine Entschädigung für alle politisch Inhaftierten.

Torsten Röder …“

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