Es geht

aus telegraph 8/1989
vom 16. November 1989

Unter dem ursprünglichen Thema „Rettet die DDR“ fanden sich am 10. November Vertreter verschiedener Gruppen zusammen und verabschiedeten folgenden Aufruf:

Was uns zusammengebracht hat, ist die Sorge um den Ausverkauf und die Angst um die Existenz unseres Landes. Uns schmerzt der Gedanke, daß die Ideale einer gerechten Gesellschaftsordnung nach 40 Jahren DDR-Wirklichkeit endgültig mißbraucht und vergessen erscheinen. Soziale Gerechtigkeit – nach dem Maß des Möglichen, eine gesellschaftliche Einigung darüber, daß die Schwachen und Entrechteten nicht hinten abfallen dürfen – das alles droht von heute auf morgen gegenstandslos zu sein.

In unserer gemeinsamen Verantwortung für uns, unsere Kinder, das Land und die Um-Welt, in der wir leben, begannen wir heute als PartnerInnen zusammen zu arbeiten. Daraus ergibt sich für uns notwendigerweise:

1. Die Anerkennung aller gesellschaftlichen Gruppierungen, Parteien, Inititiativgruppen, jede Versammlungsform engagierter Menschen und deren sofortige Zusammen-Arbeit;
2. Die Änderung des Artikel 1 der Verfassung (Streichung des verfassungsrechtlichen Führungsanspruches einer Partei);
3. Auf der Grundlage eines neuen Wahlgesetzes verbindlicher Termin für freie, allgemeine, geheime Wahlen bis spätestens Sommer 1990;
4. Sacharbeit am Runden Tisch auf allen Ebenen zu Fragen der gesellschaftlichen Konzeption.

Wir haben heute mit Punkt Vier begonnen – es geht!

Berlin, den 11. November 1989

Unterschriften:
Beate Bormann: Mitglied der Initiativgruppe zur Bildung einer Vereinigten Linken
Rainer Börner: Sekretär der FDJ-Bezirksleitung Berlin
Dankward Brinksmeier: Studentenpfarrer, Sprecher des Bezirksparteirates der SDP
Martin Colden: Maler, Graphiker, Verband Bildender Künstler, Neues Forum
Andreas Dywicki: 2. Sekretär der FDJ-Bezirksleitung Berlin
Ben Farby: Evangelische Studentengemeinde Berlin
Petra Hübner-Isermann: Feministin aus Berlin
Wolfram Hülsemann: Evangelische Jugendarbeit, Stadtjugendpfarrer
Ivo Klatte: Vorsitzender des Jugendbeirates der LDPD beim Kreisvorstand Dresden-Stadt
Matthias Kort: Rockband Mixed Pickles
Jörg Richert: Vorsitzender des Jugendbeirates der LDPD beim Bezirksvorstand Berlin
Dietmar Wolf: Mitarbeiter der Autonomen Antifa – Berlin in den Räumen der Kirche von Unten

© telegraph. Vervielfältigung nur mit Genehmigung des telegraph