NKWD-Lager bei Ketschendorf soll Gedenkstätte werden

aus telegraph 9/1990, von Dietmar Wolf

Nach Alliierten-Recht durften in allen Besatzungszonen durch die Siegermächte Internierungslager errichtet werden, die zeitweilig für die Aufbewahrung von Personen gedacht waren, die den „Aufbau“ der „neuen Gesellschaft“ stören könnten bzw. Verbrechen begangen haben. Auf dem Gelände einer Arbeitersiedlung des dortigen Kabelwerks wurde gleich im Mai 1945 mit der Vernichtung aller Möbel die Grundlage für dass, später noch erweiterte, Speziallager Nr.5 geschaffen. Interniert wurde anfangs gemischt, später dann getrennt nach Alten, Frauen, Männern, Jugendlichen. Es gab dort auch Weißrussen, die auf der Seite der Wehrmacht gekämpft haben.

Wesentlich ist zu bemerken, dass dieses Lager nicht nur mit als Nazis bekannten, Personen gefüllt wurde. Gründe für Verhaftungen waren oft für die Bevölkerung nicht durchschaubar und wirkten willkürlich.

So sind zum Beispiel Jugendliche von der Straße weg verhaftet worden. Es gab eine große Anzahl von Denunziationen, ein Thema über das Fürstenwalder auch heute noch nicht gerne reden. Weil Mann/Frau vieles nur vermuten kann, bestehen Verdächtigungen noch bis in die heutige Zeit.

Dieses Lager existierte bis zum 17.2.1947 und die Taktik der Vernichtung bestand nicht in Schlägen, Folter, Vergasen, sondern im sich nicht kümmern. Das Lager wurde, was ein weiteres negatives Licht auf den Stalinismus wirft, ab November 1945 von einer deutschen Lagerleitung, aus ehemaligen NSDAP-Polizei-Offizieren übernommen. Getreu dem Spruch: „Wenn zwei sich zerfleischen, kann der Dritte die Hände in den Schoss legen.“ Und da erst begannen die Schikanen verschiedenster Art gegen die Inhaftierten.

Etwa 5.000 bis 8.000 Lagerinsassene (davon 800 bis 1.500 Jugendliche) kamen dort ums Leben. Die Internierungen erfolgten ohne Verfahren, Urteil, Möglichkeiten der Verteidigung. Angehörige wurden nicht benachrichtigt und die Inhaftierten galten als vermisst. Die hygienischen Verhältnisse waren katastrophal.

Von heutiger Sicht erscheint es schwer Schuld oder Unschuld, Recht oder Unrecht nachzuweisen, entscheidend ist erst einmal, dass dieses Lager existiert hat.

Es ist dann auch erst einmal recht und billig, dass ehemalige Inhaftierte Rehabilitierung fordern und sich zusammenschließen um dieses Recht einzufordern.

Jedoch ist dabei Vorsicht geboten und Mann/Frau muss hinterfragen welche Leute da am Wirken sind. Sind sie alle so unschuldig wie sie sagen? Gerade in Fürstenwalde erscheint es eigenartig, dass ausgerechnet die ehemalige Fürstenwalder BDM- (Bund deutsche Mädel) Führerin, Frau Marschhausen, sowie der ehemalige HJ- Führer des Ortes intensiv derartige Aktivitäten entwickeln.

Nun ist ein damals sechzehnjähriger HJ-Führer nicht gleich ein Nazischwerverbrecher, allerdings wenn er sich heute, 45 Jahre später, bezüglich Neonazis und Republikaner dahingehend äußert:“…eine Demokratie muss sich doch solche kleinen Minderheiten erlauben können…“, so stimmt dies doch etwas bedenklich. Bedenklich stimmt weiterhin, dass der Fürstenwalder Bund stalinistisch Verfolgter, in Persona Frau Marschhausen, dem Runden Tisch Fürstenwalde ihr Vorhaben, nämlich eine Gedenkstunde, auf dem Gelände des ehemaligen Lagers, am 8. Mai(hört, hört, welch ein Datum!) abzuhalten. Sie vermied dabei auch tunlichst, ihre NS-Vergangenheit, sowie die des Ex-HJ-Führers zu erwähnen.

Ach ja, der Runde Tisch! Anfänglich angemeldete Bauchschmerzen einiger Gruppierungen, bezüglich des heiklen Datums, wurden schnell beiseite gelegt. Handelt es sich doch bei diesem Datum, so Frau Marschhausen, um den Errichtungstag des Lagers. Auch hege man keinen Hass gegen die Russen und Mann/Frau wolle lediglich Aufarbeitung und stilles Gedenken. Der Runde Tisch ließ sich überzeugen und gab grünes Licht, sicherte sogar volle Unterstützung zu. Interessant ist weiter, dass die angebotene Zusammenarbeit der PDS und deren Institut für Geschichte der ArbeiterInnenbewegung, seitens des Bundes abgelehnt wurde.

Wie gesagt Mann/Frau sollte niemanden von vornherein oberflächlich als Nazi abstempeln, aber völlige Blauäugigkeit ist auch fehl am Platz. Eine eindeutige Hinterfragung dieser Leute wäre schon nötig. Für sie selber wäre ein klares Wort zu ihrer Vergangenheit, eine eindeutige Positionierung in der Öffentlichkeit nur ratsam. Das verhindert von vornherein Gerüchte und Verdächtigungen.

Und eins ist klar. Ob gewollt oder nicht gewollt, könnte solch ein Bund und solch ein Akt, wie der am achten Mai in Fürstenwalde, ein Sammelbecken alter und neuer Nazis, sowie für revanchistische, antisowjetische Propaganda sein.

Hier sind die Antifas von Fürstenwalde gefragt, diese Prozesse zu beobachten und rechtzeitig einzugreifen, sollte es eine derartige Entwicklung nehmen.

Abschließend ist zu sagen, dass die Leute vom Bund stalinistisch Verfolgter, sich an der Ehrung der gefallenen sowjetischen Soldaten beteiligen und das kann ein Zeichen sein, dass Mann/Frau es ernst meinen mit Versöhnung und Gedenken. Zu wünschen wäre es jedenfalls.

d.w.