Allgemein

Wer braucht ein grünes Gleitmittel?

von Jürgen Schneider

Wer braucht ein grünes Gleitmittel?

„Stuttgart 21 ist kein Rückbau, sondern gegenüber dem heutigen Kopfbahnhof ein Zuwachs“ – mit dieser Aussage hat der Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn von den Grünen am Mittwoch das Bahnprojekt gegen Angriffe der S21-Gegner verteidigt. Was Stadt, Region und Land an Ausbaumaßnahmen für die Schieneninfrastruktur untersuchten, seien „keine Reparaturmaßnahmen“ für Stuttgart 21. Es gehe um „Erweiterung oder zusätzlichen Ausbau“, so der einst vehemente Projektgegner Kuhn. Aus dem Regionalpakt mit den Partnern Land, Region und Landkreisen gebe es für ihn, so der OB, den Auftrag, Stuttgart 21 „zu optimieren und zu verbessern“. Noch vor fünf Wochen, als Kuhn der Grundsteinlegung für den neuen Bahnhof fernblieb, hieß es im „Spiegel“: „Zu Stuttgart 21 wahrten die Grünen auch als selbsternannte neue Wirtschaftspartei stets Abstand.“ Wenn es je so gewesen sein sollte, dank Kuhn ist damit nun endgültig Schluß. Sein grüner Parteikollege Kretschmann, der Ministerpräsident Baden-Württembergs, hatte vor der Grundsteinlegung betont: „Die Landesregierung ist vertraglich dazu verpflichtet, dieses Projekt zu unterstützen.“

Bereits im Dezember 2014 sagte der Theaterregisseur Volker Lösch bei der 250. Montagsdemo gegen Stuttgart 21, der „Wendehals“ Kuhn sei „vom kritischen Begleiter zum unkritischen Gleitmittel in den Windungen des Verdauungstrakts der Wirtschaft mutiert“.

Seit ein paar Tagen herrscht Feinstaubalarm in Stuttgart. Und was macht dieses grüne Gleitmittel Fritze? Er stellt den Verfechtern der Automobilmachung anheim, Öffis zu benutzen, ein Fahrverbot erlässt er nicht. Auf den Straßen Stuttgarts ist nicht erkennbar, dass die Bürgerinnen und Bürger auf ihren fahrbaren Untersatz verzichten würden. Au contraire. Dabei darf der Autofahrer, der seine Karre in der Garage stehen lässt, die Öffis mit einem Kinderfahrschein benutzen, wird also von Grün-Kuhn dafür belohnt, dass er zum Feinstaubaufkommen beigetragen hat. Es ist noch nicht lange her, da ließ Kuhn angesichts der Feinstaubbelastung die Fahrpreise im öffentlichen Nahverkehr erhöhen. So viel zum Primat der Ökologie, dem grünen Markenkern von anno dunnemals.

Kuhns Fritze tat sich einst auch als Experte in Sachen Entwicklungshilfe hervor, als er dozierte: »Tornados können ja auch dazu dienen, etwa unsere Soldaten zu sichern oder zu sondieren, wo Entwicklungshilfe rein kann.«