Allgemein, Osten, Politik

ROLLE RÜCKWÄRTS

Die AA/B0 in Berlin/Brandenburg – Eine Analyse

Von Ralf Rosen

Ein Text aus der jüngeren antifaschistischen Geschichte und zur Organisierungsdebatte der 1990er Jahre in Deutschland.

(Aus telegraph #1/1998)

Im telegraph 7+8/93 schrieben wir das erste mal über die Antifaschistische Aktion/Bundesweite Organisation (AA/B0). Damals steckte diese Organisation noch in der Gründungsphase. Es war schnell klar, daß es den Propagandisten dieser Organisation im wesentlichen um die Erringung einer politischen Vormachtstellung in der Linken Szene ging: „Für uns ist Antifaschismus immer noch der beste Hebel für die Vermittlung antiimperialistischer Politik, weshalb wir uns unter diesem Vorzeichen organisieren wollen“ (Diskussionspapier der Antifa M Göttingen, vom September 1991).

Doch die erhoffte Debatte über die AA/B0 blieb leider aus. In den folgenden Jahren gab es immer wieder Versuche, eine Diskussion über den zunehmenden Einfluß von ML- oder gar Stalinistischen Gruppen in der Antifaszene anzuregen, jedoch ohne Erfolg.

Im Jahr 1998 ist die Situation nicht besser geworden. Im Gegenteil: mittlerweile ist der AA/B0, zumindestens in Teilbereichen, das gelungen, was sie sich 1993 vorgenommen hatte. Sie ist mittlerweile zu einer der „wichtigsten“ -Antifa-Gruppierungen geworden. Antifa-Arbeit an der AA/B0 vorbei ist nur noch schwer zu machen.

Also Grund genug, sich wieder einmal mit ihr auseinander zu setzen. Dabei sollen diesmal der B0-Musterschüler, die „Antifaschistischen Aktion Berlin (AAB)“ und ihrer stalinistische (ebenfalls Berliner) Schwestergruppe „Rote Antifaschistische Initiative „RAI)“ genauerer Betrachtung unterzogen werden. Diese beiden Gruppen, aber besonders die AAB, haben in beeindruckender Weise gezeigt, wie es gelingen kann, in einer Region (Berlin/Brandenburg) in der die gewachsenen Antifazusammenhänge die AA/B0 stets ablehnten, eigene Gruppen zu schaffen und durch diese innerhalb von wenigen Jahren, vorherrschenden Einfluß auf das zu haben, waß Antifapolitik in dieser Region ausmacht. Aber es muß auch gefragt werden, wie dies möglich war. Wo waren die anderen Gruppen die es „besser“ wissen müßten?

Letztendlich steht die Frage, welche Alternativen sich zur AA/B0-Politik bieten. Dies insbesondere dadurch, daß Berlin/Brandenburg ausgerechnet im Osten liegt und diese Szene nun gerade besonders kritisch und mißtrauisch gegenüber „zentralistich“ ausgerichteten Strukturen sein müßte, die mit den Geruch von leninistisch/stalinistischem Avandgardismus behaftet sind.

A+P/AAB: Phönix aus der Asche
Für die AA/B0 war Berlin anfänglich ein ziemliches Problem. Trotz intensivem Werben wollte keine Gruppe in die AA/B0 investieren. Nachdem sich dann auch das Antifaschistische Infoblatt (Berlin), die bekannteste, bundesweit erscheinende Antifazeitschrift, resigniert aus dem sich formierenden AA/B0-Verbund zurückzog und damit alle Träume, die Zeitschrift zum B0-Kampfblatt zu machen, zerplatzten, war für die AA/B0 alle Hoffnung auf Berlin gleich Null. Doch offensichtlich wollte man auf die „Hauptstadt“ nicht verzichten. So öffnete die AA/B0 ein Hintertürchen, durch die das Erhoffte doch noch erreicht werden sollte.

Etwa 1993 tauchten auf verschiedenen öffentlichen Veranstaltungen und Treffen Leute auf, die im breitesten bayrischen Dialekt erklärten, sie seien Vertreter einer Gruppe aus dem Prenzlauer Berg, die sich Analyse und Praxis (A+P) nennt. Schnell war klar, daß es sich hierbei um Retortengebilde der AA/B0 handelt. Die A+P-Gründer waren Kader einer bayrischen AA/B0-Gruppe, die später durch Kader aus Niedersachsen verstärkt wurden. Sie waren zum Teil schon auf den allerersten AA/B0-Treffen bekannt, auf denen, wie bereits erwähnt, zeitweise auch Berliner Beobachter anwesend waren. Übrigens machen diese Kader noch heute den überwiegenden und vor allem tonangebenden Teil der Gruppe aus.

Nachdem die Gruppe zunächst ein bedeutungsloses Schattendasein fristete, stieg sie dann doch allmählich zu einer gewissen Bedeutung auf. So war mittlerweile die wichtige Jugendarbeit im wesentlichen von der A+P, später in Antifaschistische Aktion Berlin (AAB) umbenannt, bestimmt. Außer den Edelweißpiraten und der Antifa Jugendfront stehen alle Jugendantifagruppen mehr oder weniger unter dem Einfluß der A+P/AAB. Partiell muß sich die Jugendfront das auch vorwerfen lassen, obwohl diese sich doch weitgehend unabhängig hielt, wandern immer wieder Leute zur A+P/AAB ab.

Dabei geht es den „Protagonisten“ der A+P/AAB nicht so sehr um die Heranbildung einer antifaschistisch eingestellten Jugend oder der Schaffung einer antifaschistischen Jugendkultur, sondern vielmehr um die bedingungslosen Rekrutierung und Ausbildung möglichst vieler, unter ihrem Einfluß stehender Jungkader. Ihre Kader stützen sich dabei auf eine, auf blanken Populismus reduzierte Politik. Aufklärung und soziale Verantwortung für die Kids wird durch einen krankhaften Hasskappenkult, mackerhaften Militanzfetischismus und auf maximale Pressewirksamkeit ausgerichtete Schnellschußaktionen ersetzt. Den Kids wird vermittelt, sie wären umringt von Faschisten und nur die AA/B0 bzw. die A+P/AAB würden dagegen etwas tun. Dabei kommt es gelegentlich auch vor, das die Jungkader in unverantwortlicher Weise, in Situationen geraten, auf die sie nur schlecht oder gar nicht vorbereitet sind. So wurden in meheren Fällen 12-15jährige in ihrer Schule von AABlern für Demos und Aktionen angeheuert, ihnen aber nicht die Gefahren aufgezeichnet. Die Kids, die nicht mal das Minimum an Verhaltensregeln auf Aktionen vermittelt bekamen, keinen Anwalt kannten und wahrscheinlich noch nie in Auseinandersetzungen mit Faschisten oder Polizei geraten sind, wurden Situationen ausgesetzt, denen sie oftmals nicht gewachsen waren. Derartiges endet dann schnell, im Krankenhaus, der Gefangnensammelstelle oder vor dem Haftrichter.

Ein anderes Mittel der A+P/AAB, aber auch der gesamten AA/B0 ist die Erlangung einer politischen Hegemonie auf der Straße. So wird massiv versucht, aktuelle, politische Termine vor allen anderen aufzugreifen und propagandistisch für sich zu benutzen. Man erinnere sich nur an die Berliner 1. Mai-Demos der letzten beiden Jahre oder der alljährlichen Gedenkdemonstration zum Todestag des Ex-DDR-Oppositionellen und Berliner Hausbesetzers Silvio Meier, die mittlerweile von der A+P/AAB in Generalregie ausgerichtet wird und zur AA/B0-Propagandaschow verkommt. Der 1992 von Nazis ermordete Silvio Meier ist auf dieser Veranstaltung nur noch Aufhänger und spielt eine Nebenrolle. So bleibt den „Alten“ nur noch, erstaunt und bestürzt festzustellen, wie ihnen die A+P/AAB ein „antifaschistisches high-light“ nach dem anderen aus der Hand nimmt.

Ein weiteres Beispiel der Machtpolitik der A+P/AAB ist das erfolgreiche Unternehmen, die Antifastrukturen des Landes Brandenburg unter ihre Kontrolle zu bekommen. Nachdem es ihr gelungen war, an den diversen Vernetzungs- und Aktionstreffen der regionalen Brandenburger Antifagruppen teilzunehmen, begann die A+P/AAB, zeitweise mit ihrer AA/B0-Schwester der stalinistischen Roten antifaschistischen Initiative (RAI), entscheidenden Einfluß auf diese Strukturen zu bekommen. Die Situation war schnell so, das die AA/B0-Gruppen mit ihren vorgefertigten Konzepten, Aktionen, Vorgehensweisen und Denkschematas auf den Treffen erschienen und die übrigen Gruppen nur noch, dankbar und von der eigenen jugendlichen Naivität und Faulheit getrieben, abnicken mußten. Versuche einzelner Leute und Gruppen, der Politik der AA/B0lern entgegenzusteuern, scheiterten an der Gleichgültigkeit der übrigen Brandenburger Antifas. Ihnen war der Spatz in der Hand lieber, als die Taube auf dem Dach.

Die Stalinisten bitten zum Tanz
Da es Zunehmend auch Leninisten/Stalinisten gelingt, in Antifaschistischen Strukturen mitzumischen und sich mit ihrer Ideologie festzusetzen, ist es noch einmal nötig, sich mit der AA/B0-Gruppe Rote Antifaschistische Initiative (RAI) und ihrer Unterorganisation dem Roter Geschichtsarbeitskreis (RGAK), zu befassen.

Mit Hochglanzbroschüren, Flugblättern und Agitationsveranstaltungen verfolgen RAI und RGAK ein wesentliches Ziel: Erneut und wie vor ihnen schon von der SED versucht, soll die KPD, ihre paramilitärischen Organisationen RFB und Antifaschistische Aktion und ihre Götzen Thälmann und Stalin von den dunklen Flecken gesäubert werden und als strahlende Leitbilder am antifaschistischen Himmel aufsteigen. Mit ausgelutschten Parolen wie „Hinter dem Faschismus steht das Kapital!“ werden die Feindbilder klassisch reduziert.

Die dabei von diesen Gruppen in Flugblättern, Broschüren und Reden verwendete Sprache, durchwoben mit Begriffen wie Angriff, zerschlagen, mobilisieren, Offensive, ist zutiefst militaristisch.

Nachfolgend soll belegt werden, wie die Geschichtsrevision von RAI und RGAK abläuft. 1996 führten beide Organisationen eine Veranstaltungskampangne zum 110. Geburtstag von Ernst Thälmann durch. Dazu wurde ein Veranstaltungsfaltblatt erstellt, das die „Geschichte“ Thälmanns beschreibt. Dort heißt es: „…Dieser Kampf reichte 1923 bis an den bewaffneten Aufstand, der allerdings nur in Hamburg unter der Führung von Ernst Thälmann durchgeführt wurde. Der `deutsche Oktober´ wurde durch die rechtsopportunistischen Brandler-Leute in der KPD-Führung verraten…“.

Allein dieser kleine Abschnitt strotzt nur so von Verdrehungen und Entstellungen. Vor allem durch bewußtes Verschweigen wichtiger Hintergründe, wie der Rolle Moskaus und der Komintern wird versucht die Bedeutung Thälmanns aufzuwerten und den Hamburger Aufstand zur revolutionären Vorzeigetat zu stilisieren. Zuletzt wird Brandler, damals Vorsitzender der KPD und ab 1929 Mitbegründer der Abspaltung KPO, alle Schuld zugeschrieben und zum Buhmann gestempelt. Diese Argumentationslinie gleicht bis aufs i -Tüpfelchen der DDR-Geschichtsschreibung, die die Schuld der „…opportunistisch gekennzeichneten Politik der Brandler-Zentrale…“ zuschrieb und damit ganz der vom Exekutivkommitees der Kommunistischen Internationale (EKKI) bereits 1924 herausgegebenen Sprachregelung entsprach.

Betreiben wir also etwas Geschichte: Im August 1923 kostete der Dollar in Folge der Inflation 4,5 Mill. Reichsmark. Das Ruhrgebiet war seit dem 9. Januar 1923 von französischen Truppen besetzt. In Bayern erklärte die ultrarechte Landesregierung den Ausnahmezustand und erwog die Abtrennung vom Reich. In Sachsen und Thüringen traten die Kommunisten auf Drängen des EKKI in die Landesregierungen ein, die bis dato nur aus linksorientierten Sozialdemoraten bestanden. Bereits am 15. August instruierte Grigori J. Sinowjew (1919-1926 Generalsekretär des EKKI), daß sich die KPD auf eine herannahende revolutionäre Krise vorbereiten solle. Auf einer Geheimsitzung des russischen Politbüros vom 23. August beschrieb der EKKI-Deutschlandexperte Karl Radeck ein außerordentlich optimistisches Bild einer zunehmenden revolutionären Stimmung in Deutschland. Das Ergebnis der Sitzung war die Einsetzung eines Ausschusses, der die Aktionen in Deutschland vorbereiten und leiten sollte. Dem sowjetischen Botschafter in Deutschland kam die Rolle zu, geheime Geldfonds zu verwalten, aus denen der „Deutsche Oktober“ finanziert werden sollte. Anfang September kam es in Moskau zu einem Treffen, an dem die KPD-Funktionäre Heinrich Brandler, Ruth Fischer, Ernst Thälmann, Clara Zetkin, Edwin Hörnle und Jakob Walcher teinahmen. Während wochenlanger Beratungen wurden die Deutschen Funktionäre auf die Linie der Bolschewiki festgelegt. Seitens der Bolschewiki wurde als Termin für einen Revolutionsbeginn der symbolträchtige 9. November vorgeschlagen. Allerdings wurde dieser Tag letztendlich nur zu Orientierung genommen.

Am 21. Oktober, auf dem Höhepunkt der Krise in Deutschland, luden die Kommunisten zu einer Arbeiterkonferenz nach Chemnitz, auf dem Vertreter von Betriebsräten, Gewerkschaften, Kontrollausschüssen, Arbeitslosenvertreter, Funktionäre von SPD und Rest-USPD anwesend waren. Der überwiegende Teil war aus Sachsen. Brandler forderte die sofortige Ausrufung des Generalstreiks, fand aber keinerlei Zustimmung. Die überwiegende Mehrheit der sächsischen Arbeitervertretungen fanden einen sofortigen Generalstreik als ein unverantwortliches Unterfangen. Die Absage an Brandler durch den Überwiegenden Teil der Chemnitzer Delegierten wurde, so August Thalheimer (politischer Weggefährte Brandlers und Mitbegründer der Kommunistischen Partei Opposition, KPO) Jahre später, zu einem „Begräbnis dritter Klasse“. Damit war der Terminplan des Deutschen Oktobers geplatzt. Infolge der unübersehbaren Isolierung der KPD, die auch in Sachsen nicht in der Lage gewesen wäre die gewünschten und nötigen revolutionären Massen zu mobilisieren, beschloß die Zentrale der KPD den Plan, einer proletarischen Erhebung vorerst fallen zu lassen.

Am 23. Oktober kam es dann dennoch zu einem isolierten kommunistischen Aufstand in Hamburg. Warum sich die Hamburger unter Thälmann über den Beschluß der Zentrale hinwegsetzten, ist bis heute nicht ganz eindeutig. Eine Version ist, daß der Kurier der Zentrale, die Chemnitzer Konferenz vorzeitig verlassen hatte, um die Aufstandsbefehle nach Hamburg und Kiel zu bringen. Ein zweiter Kurier, der Remmele über die Aufhebung der Befehle informieren sollte, erreichte diesen nicht und informierte nur noch Kiel.

Eine zweite Version besagt, daß Thälmann die Aufhebungsanweisungen erhalten hat, sie aber bewußt ignorierte.

Die Hamburger Erhebung hatte von vorneherein keine Aussicht auf Erfolg. Bereits am 25. Oktober kam es zum Zusammenbruch und zur Beendigung der Kämpfe.

Ist die RAI stalinistisch
Während der telegraph dies immer wieder behauptete und zu beweisen versuchte, scheute sich die Berliner Antifaszene, diese Frage überhaupt zu diskutieren. Die erste Gruppe, die dies mit aller Vehemenz tat, war ausgerechnet selbst in der AA/BO. Die Gruppe fels (für eine linke Strömung), die sich nicht als Antifa-Gruppe versteht, erkannte die Möglichkeiten, die sich ihnen im Antifa-Bereich boten und trat 1993 in die Antifaschistische Aktion/Bundesweite Organisation (AA/B0) ein, weil sie diese für den „relevantesten Organisationsansatz in der radikalen Linken“ hielt. In der relativ kurzen Zeit ihrer Mitgliedschaft vollzog sich ein recht beeindruckender Wandel. In einem Interview mit dem telegraph im Februar 1994 sahen sich die anwesenden fels-Leute, offensichtlich aus Parteidisziplin genötigt, stalinistische Einflüsse durch die AA/B0-Gruppe „RAI“ runterzuspielen: „Ich würde mich ganz klar von stalinistischen Gruppen abgrenzen und wahrscheinlich auch vom leninistischen Avantgardbegriff. Aber ich finde es Quatsch, das anhand der RAI zu formulieren. Die RAI macht Antifa-Politik und vertritt einen linksradikalen Anspruch und das sind genau die Gruppen, die die AA-BO ansprechen will. (…) Die Ziele und Inhalte der RAI sind nicht so feststehend und so klar, wie ihr das seht“. Jedoch schon zwei Jahre später schreibt die Gruppe fels in ihrer Austrittserklärung genau das Gegenteil: „Die Gruppe (gemeint ist RAI; Anm. d. Red.) orientiert sich an den historischen KPs, bezieht sich positiv auf die Politik der UdSSR unter Stalin und verteidigt das gesamte Programm der stalinistischen Industrialisierung (von den Massenumsiedlungen und der Zwangsarbeit bis hin zu den Moskauer Prozessen und der Liquidierung der Opposition)“.

In ihrer Austrittserklärung heißt es am Schluß: „Nach dem Zusammenbruch des realen Sozialismus waren wir überzeugt davon, daß sich klassische ML-Rezepte erledigt hätten und zumindest in der radikalen Linken Einigkeit darüber besteht, daß aus der kommunistischen Geschichte Lehren gezogen werden müssen. In der Wirklichkeit ist dieses Verständnis weniger durchgesetzt, als wir gedacht hatten. Die Vorstellung einer Organisation mit Mitgliedschaft, Kassenwart und Zellenleitung, die Effizienzorientierung und Vertuschung interner Diskussionen, die (unbewußte) theoretische Orientierung am plattesten vorstellbaren Marxismus, all das ist immer noch verbreitet“.

Während die RAl-Kader, offensichtlich aus taktischen Erwägungen, jegliche öffentliche Positionierung zu Stalin vermeiden, sei es in ihren Broschüren, Flugblättern, oder in ihren Veranstaltungen, so sprechen ihre Taten für sich. Bekanntestes Beispiel ist ein Vorfall, der sich am Rande der Luxemburg/Liebknecht-Demo 1997 abspielte und innerhalb der „linken“ Szene Berlins für sehr viel Aufregung sorgte. Nachdem Demonstrationteilnehmer ein frisch geklebtes Plakat mit dem Bild von Stalin entfernt hatten, wurden sie von Angehörigen der RAI angegriffen und geschlagen. Während es in der Szenezeitschrift „Interim“ immerhin, ein eher kurzzeitiges und vor allem oberflächliches Diskussiönschen gab, saß die RAI das Problem einfach durch Nichtverhalten aus.

Sag mir wo die Antifa ist, wo ist sie geblieben?
Eine der entscheidendsten Fragen ist: Wieso gab es nicht genug Widerstand gegen die AA/B0 in Berlin? Wie war es möglich, daß die AAB so an Einfluß gewinnen konnte und die alten Antifagruppen mittlerweile derart an den Rand gedrängt werden?

Das hatte mehrere Gründe. Nach den spektakulären Verboten von Naziparteien 1992/93, sah sich die, in einem propagandistischen Hoch stehende Antifaszene, mit dem Dilemma konfrontiert, daß ihnen durch den Staat das Feindbild und die, gerade erst mühsam erworbene öffentliche Akzeptanz genommen wurde. Die Szene geriet in die Orientierungs- und Sinnkrise. Diese Krise, gepaart mit Resignation oder politischer Umorientierung, ließ die Gruppen schnell zusammenschmelzen und führte zu einem Gruppensterben. Immer mehr Gruppen zogen sich zurück oder beschränkten sich auf theoretische Arbeit. Besonders durch mangelnde Jugendarbeit taten sich immer frappierende Lücken auf. Die Kluft zwischen alten und jungen Antifas wurde immer Offensichtlicher und unüberwindbarer. Während die „alten“ Antifas in Berlin zunehmend den Draht zu den „Kids“ verloren, war in ihren Gruppen eine nur noch schwer aufzuhebende Überalterung der Aktivisten nicht mehr zu leugnen.

Der A+P/AAB hingegen, für deren Tun die „Alten“ nur ein müdes Lächeln übrig hatten, gelang es zunehmend, diesen verlorengehenden Einfluß auf sich zu vereinen. Es gelang ihr, die personellen und inhaltlichen Lücken mit ihren, oftmals sehr simplen, aber attraktiven Inhalten zu füllen.

Statt sich jedoch gegen diese Hegemoniebestrebungen zu wehren, reihten sie sich, sei es aus Faulheit oder Konzeptionslosigkeit, hinter den Führungstransparenten der A+P/AAB ein und spielten das „Wir sind eine starke Gemeinschaft“ – Spiel, nicht ohne sich selbst in die Tasche zu lügen: Besser die machen was, als gar keiner.

Die Sonne geht im Osten auf
Als sich die AA/B0 formierte, wurde ihr von den ostdeutschen Antifas sehr schnell Mißtrauen und Ablehnung entgegen gebracht. Besonders diejenigen, die schon in DDR-Zeiten Antifaarbeit leisteten oder aber ausreichend negative Erfahrungen mit dem DDR-Staat gemacht hatten, wußten sehr schnell massive Vorbehalte gegen die Politik und dem Wesen der AA/B0 zu äußern. Neben der Kaderpolitk, dem Wunsch Avandgarde, bzw. Protagonist der Bewegung sein zu wollen, neben dem, fast zur Tugend gemachten Militanzfetischismus, war vor allem der inhaltliche Bezug auf KPD und Thälmann, die fehlende Distanz zum stalinistischen Totalitärismus und letztendlich die Bedenken- und Bedingungslose Aufnahme von Stalinisten in die eigene Gruppierung, die bei vielen Ostlern auf Ablehnung stieß.

Als sich 1988/89 in der DDR die ersten unabhängigen Antifa-Gruppen bildeten, war von Anfang an ein wesentlicher Punkt eindeutig klar: Antifaschistische Arbeit in der DDR zu leisten, heißt auch, den offiziellen Antifaschismus der DDR abzulehnen. Es war auch klar: Die, in den Schulen eingehämmerte Behauptung Faschismus ist das letzte, aggressivste Stadium des Kapitalismus wurde längst durch die DDR-Realität widerlegt.

Das das DDR-Geschichtsbild abgelehnt wurde, war nur eine logische Folge. Auf die wesentliche Frage: Wer war schuld an der Machtübernahme der Nazis 1932/33, und wie hätte diese verhindert werden können, wichen unsere Antworten deutlich von denen der KPD/SED-Geschichtsklitterung ab:

1. Schuld war die Politik der Führungen der Arbeiterparteien SPD und KPD. Ihr gegenseitiges Zerfleischen, Parteikalkül und machtpolitisches Taktieren ließ eine Volksfront gegen Hitler nicht zustande kommen. Die SPD-Führung und die von ihr beeinflußten Gewerkschaftsorganisationen sahen in ihrer politischen Strategie keinen Platz für eine Volksfront. Sie versuchten durch eine vorsichtig, taktierende Politk eine Machtergreifung der Nazis auf parlamentarischer Ebene zu verhindern. Andere Aktionsformen, wie die Ausrufung eines Generalstreiks, schienen der SPD-Führung zu gewagt und wurden von ihr bekämpft.

Bei der KPD lag das Problem etwas anders. Sie hing am Gängelband Stalins und der Komintern. Ihr Führer Thälmann war nichts anderes, als eine willige Marionette Moskaus. So orientierte sich die KPD-Politik nach dem jeweiligen Kalkül Stalins und vollzog auf abenteuerlichste Weise eine Politikschwenker nach dem anderen.

Anfang 1924 hatte Sinowjew in der Komintern die deutsche Sozialdemokratie als einen „…Flügel des Faschismus…“ bezeichnet „…Die Sozialdemokratie ist der gemäßigte Flügel des Faschismus…“ diese Theorie wurde offizieller Sprachgebrauch der KPD. Ab dem Herbst 1925 wurde dieser Sprachgebrauch jedoch nicht mehr angewandt, da dieses Etikett nicht in eine Phase passte, in der Seitens der KI und der KPD die „…Einheitsfront von unten und oben…“ propagiert wurde. Doch bereits 1928 schwenkte die KPD, durch maßgeblichen Einfluß der KPDSU und der KI zurück zur Sozialfaschismustheorie, die nun behauptete, die Sozialdemokratie bewege sich auf den Faschismus zu. Auf dem Parteitag der KPD im Juli 1929, wurde der Kampf gegen den „Sozialfaschismus“ offizielle Parteilinie und oberstes Gebot. Zur Erreichung dieses Ziel, war man bereit, sich punktuell mit den Nazis zu verbünden, wie geschehen beim Berliner BVG-Streik 1932.

Besonders die Sozialfaschismustheorie und die permanente Argumentation, die Präsidialregierung (Brünig, Papen, v.Schleicher) Anfang der 30er Jahre sei faschistisch, hatte fatale Auswirkungen auf die Bevölkerung. Das erzeugte bei großen Teilen der Bevölkerung die Illusion, daß der Faschismus in Deutschland schon an der Macht sei und es also unter Hitler nicht schlimmer wird als unter den vorhergehenden Regierungen. Noch nach den ersten Monaten der faschistischen Herrschaft, waren große Bevölkerungsteile davon überzeugt, Hitler würde schnell abwirtschaften. Diese Konstellation war einer der wesentlichen Gründe, warum eine Volksfront gegen Hitler nicht zustande kam.

Die in der deutschen Arbeiterbewegung seit jeher vorherrschende Führerhörigkeit, machte letztendlich eine solidarische Verbundenheit zwischen den Anhängern der verschiedenen Massenparteien und Gewerkschaften unmöglich.

2. Der Umgang mit antifaschistischer Tradition und faschistischer Schuld in der sowjetischen besetzten Zone und später in der DDR, war wiederum geprägt durch den Einfluß Stalins und der KPDSU. Diese Nachkriegspolitik führte zu spezifischen Bedingungen, die Mitschuld haben, an einem Wiedererstarken von faschistischen Strukturen in der DDR Anfang der 80er Jahre.

Als im April 1945 der Endkampf um Berlin tobte, wurde in Moskau eine Gruppe deutscher Kommunisten unter der Führung von Walter Ulbricht gebildet, deren vordringlichste Aufgabe darin bestand, allen, nach dem Zusammenbruch des Dritten Reichs spontan entstandenen neuen politischen und gesellschaftlichen Strukturen in Deutschland, den Boden zu entziehen.

Unmittelbar nach dem Einmarsch der Roten Armee, an einigen Stellen auch vorher, hatten sich vor allem in Großstädten „Volkskomitees“, “Antifa-Ausschüsse“ und lokale Gruppen des “Nationalkomitees Freies Deutschland“ gebildet. In Sachsen wurden mindestens 68, für Thüringen 80 Komitees ermittelt. Diese Komitees setzten die Strom- und Wasserversorgung wieder in Gang, organisierten die Lebensmittelversorgung und begannen mit der Entnazifizierung der Behörden. In Meißen fand die “Gruppe Ackermann“ einen kompletten “Rat der Volkskommissare“ vor. In Sachsen arbeiteten aktive anarchistische Gruppen im Industriegebiet Zwickau. Die KPD-Führung betrachtete die spontan entstandenen, von ihr nicht kontrollierten, Komitees mit erheblichen Mißtrauen und drängte auf ihre Eliminierung.

Demgegenüber erwiesen sich eine Reihe von Alt-Nazis schnell als “unverzichtbar“ für den Aufbau der DDR. Alt-Nazis und Kriegsverbrecher besetzten führende Positionen in den DDR-Medien, Politik und Wirtschaft. So waren im Jahre 1965 noch 53 Ex-Nazis Abgeordnete der Volkskammer, 12 Mitglieder und Kandidaten des ZK der SED, 2 Mitglieder des Staatsrates der DDR und 5 besaßen Landesministerposten.

Während eine handvoll Schuldiger abgeurteilt wurden und mit ihnen gleich andere unliebsamen Kräften und Personen, die den Machtanspruch der KPD und Moskaus in Frage stellten, wurde die Millionen von Mitläufern per Dekret entnazifiziert und zu Antifaschisten gemacht. Dann ging man zu Tagesordnung über.

Faschistische Traditionslinien, personelle wie strukturelle, fanden sich dann auch im realexistierenden sozialistischen Staat wieder.

Die kommunistische Kaderpartei beförderte nicht die Entwicklung demokrastischer Tugenden, sondern schuf ein System neuer Privilegien zur Belohnung von Untertanengeist und Parteidisziplin. Das Führerprinzip erlebte, unter anderem Vorzeichen, eine schnelle Renaissance.

Das Geschichtsbild und die Einstellung zum Stalinismus und zur KPD war also ein grunglegend anderes, als das der Westantifa. Es gelang jedoch nicht, dies über die Wende zu retten und wirkungsvoll in eine „gesamtdeutsche“ Diskussion, für eine gemeinsame Neuorientierung der Antifa in einem neuen Staat, einzubringen. Ein Grund ist sicher, daß die, zahlenmäßig kleine, linke Opposition der DDR, und mit ihr die wenigen Antifagruppen, selbst die Wende nicht überstanden hat. Sie hat sich in alle Winde zerstreut. Die Wenigen, die nicht ihren Frieden mit dem neuen Staat gemacht haben oder sich von irgendwelchen, irgendwie „Links“ anmutenden, Parteien einfangen lassen haben, sind nicht in der Lage, wirkungsvoll gegen den leninistischen Trend, unter anderem auch in der Antifaszene, anzugehen.

Der von ihnen immer wieder formulierte eigene, speziell ostdeutsche Ansatz, sowie historische Gemeinsamkeiten und Sichtweisen der Ostlinken, werden jedoch von den Protagonisten der heutigen Antifapolitik, in ignoranter Besatzermanier, als „szeneinternen Ost-West-Konflikt“ abqualifiziert. So behauptet die A+P/AAB 1993, es werde „…die völlig falsche Tatsache suggeriert, das die Ostgruppen allein aufgrund ihrer Herkunft über einheitliche Bedingungen und einheitlichen Diskussionsstand verfügen… (AA/B0-EinSatzbroschüre). Statt dessen gibt man den guten Rat, sich doch der Beratung der West-Gruppen hinzugeben, „… da West-Gruppen hier schon einige Jahre längere Erfahrungen mit der bundesdeutschen Repression haben…“. (AA/B0-EinSatzbroschüre)

Es ist jedoch eine Tatsache, daß gerade in der Zeit als dieser Quatsch geschrieben wurde, diverse politische Zusammenhänge innerhalb der Ostlinken einen konsequenten Trennungsprozeß in Gang setzten. Es entstanden verschiedenste Ostvernetzungstreffen, die, ob Antifa-, Infoläden-, Umwelt-, 3.Welt- oder Anarchozusammenhänge, alle den gleichen unausgesprochenen Konsens hatten: Mit den, wie Besatzer agierenden Westlinken, ist keine gemeinsame politische Arbeit möglich. So herrschte in wichtigen Teilbereichen zirka zwei Jahre ziemliche Funkstille, zwischen Ost- und Westlinken. Das belegen diverse Berichte und Erklärungen, die in den einschlägigen linken Postillen der damaligen Zeit nachzulesen sind.

Ein weiteres Problem unter ostdeutschen Linken, genau wie im Westen der abnehmende Bezug zur jüngeren Generation. Durch den Rückzug der alten Ostantifas entstand auch hier eine Verständigungslücke. Auch im Osten werden Erfahrungen nicht an die nachfolgenden Jüngeren weitergetragen. Die Folge war und ist, daß der Generation der heute 12-18 jährigen, der Ansatz der DDR-Antifas völlig fremd ist und so kaum noch mitgetragen wird. Sie können mit Vorwürfen wie, Stalinismus, oftmals nicht viel anfangen. Und das aus gutem Grund. Die Schüler- und Jugendantifas die heute auf dem Gebiet der DDR agieren, haben den realexistierenden Sozialismus nicht mehr bewußt erlebt. Die heute 12, 14 oder 16jährigen waren vor 10 Jahren noch im Kindergarten oder bestenfalls bei den Jungpionieren. Sie wissen nichts von dem, was ältere und besonders Oppositionelle in der DDR erlebt haben. Und sie wollen auch heute nichts davon wissen. Sie können sich nur an das erinnern was sie erlebt haben: Behütet gewesen zu seien und das sich der Staat DDR igrendwie um sie gekümmert hatte. All die negativen Seiten, außerhalb ihres staatlich organisierten Nestes, sind damals nie an sie herangedrungen. Ihre Politikbedürfnisse orientieren sich ausschließlich an dem, was ihnen von aktuell agierenden Antifastrukturen und Kadern vermittelt wird.

Abschließende Bemerkungen
In Antifastrukturen, wie der AA/B0, herrscht ein extremer Anpassungszwang, konform mit der jeweiligen Situation zu schreien und eigene Zweifel nicht äußern zu können. Es wird selbständiges Denken und Handeln verhindert, anstatt gefördert. Unnahbar arrogant wird oft gegenüber sogenannten Unpolitischen aufgetreten, und Menschen werden schnell in die vorbereiteten Schubladen gepackt: Fascho oder Sexist, ohne auch nur den Versuch zu unternehmen, sich mit der sozialen Wirklichkeit der Leute näher auseinanderzusetzen und an den vorhandenen Widersprüchen im Denken anzusetzen.

Viele dieser „Antifas“ verhalten sich nach außen, wie eine eingeschworene Glaubensgemeinschaft, ohne wirkliches Interesse an den Menschen in ihrer direkten Nachbarschaft. Viele sind nicht dazu bereit, die objektiven Möglichkeiten der Einflußnahme, also eine soziale und kulturelle Verantwortung.

Es ist natürlich nach wie vor nötig, antifaschistische Selbstschutzstrukturen aufzubauen, um den Nazis nicht wehrlos gegenüber zu stehen. Aber Antifaschistischer Widerstand darf nicht bedeuten, einen Kleinkrieg „Aller gegen Alle“ auf den Straßen zu führen.

Es kann nicht sein, Faschismus durch eine andere totalitäre Ideologie zu ersetzen, denn das hieße, den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben. Unterdrückung und Unfreiheit wird nicht dadurch besser, daß sie einen anderen Namen erhält und die Methoden geändert werden. Es ist ein grauenvolles Verbrechen, wenn Millionen Menschen im Namen von Ideologien, oder aus Rassenwahn im faschistischen KZ oder im stalinistischen Gulag ermordet werden. Sobald Gewalt, egal unter welchen politischen Vorzeichen, nicht mehr Mittel der Verteidigung, sondern zu einem Prinzip und zum akzeptablen Mittel für Herrschaft institutionalisiert wird, ist sie nur noch terroristisch, gegen die Menschen gerichtet und letztendlich Konterrevolution.

Eine Alternative dazu, kann nur die Schaffung einer neuen, wirklich emanzipatorischen Bewegung von unten sein. Dafür ist es aber nötig, alte überkommene Rituale über Bord zu werfen und positive Ansätze auszubauen.

Es geht darum, das Denken und Handeln der Menschen zu verändern, das, Faschismus, Rassismus und Sexismus ermöglicht. Dieses Denken liegt in der sozialen, politischen und kulturellen Wirklichkeit begründet. Darum muß Antifaschismus, um etwas zu bewirken, an der Entwicklung von positiven Aussagen und Alternativen arbeiten. Es bedarf vor allem der Eigeninitiative der Arbeiter und Angestellten, der Schüler und Studenten, ihre sozialen Interessen selbst in die Hand zu nehmen. Denn Menschen, die gewohnt sind, daß alles für sie erledigt wird und die nicht selbständig denken und handeln können, sind anfällig für die Phraseologie von Faschisten und einer Politik des starken Mannes.

Die Bekämpfung des Faschismus darf kein abgeschotteter Teilbereich der Linken bleiben. Die Entwicklung der antifaschistischen Selbsthilfe muß für alle humanistisch orientierten Menschen zu einer Selbstverständlichkeit in der politischen Arbeit werden.

Deshalb ist eine Organisierung der unabhängigen antifaschistischen Gruppen lokal, regional und bundesweit prinzipiell sinnvoll. Es muß jedoch eine Organisierung sein, in der unterschiedliche Menschen, frei von sektiererischen Machtspielereien oder avantgardistischen Kadergeklüngel, auf einer solidarischen Basis zusammenarbeiten können. Organisierung muß ein lebendiger Prozeß sein, in dem unterschiedliche Menschen und Gruppen in einer Basisstruktur zusammenarbeiten und voneinander lernen können. Dabei kann es nicht darum gehen, sich an dogmatischen „einzig richtigen“ Ideologien festzubeißen. Es gilt, gerade auch die Unterschiede unter Menschen, die sich wehren, zuzulassen, um so eine praktikable Politik für die widersprüchliche Realität entwickeln zu können.

Verschiedenste Menschen müssen eine bessere Zusammenarbeit finden: Immigranten, Linke, fortschrittliche und humanistische Menschen, Homosexuelle, Schüler und Jugendliche. Maßstab der Zusammenarbeit muß der Wunsch und Wille nach einer freiheitlichen, antiautoritären Bewegung sein, in der gestritten wird, ohne auszugrenzen. Die für Emanzipation eintritt, antikapitalistisch aber auch antistalinistisch ist. Sie muß die Menschen unterstützten, die sich für ihre eigenen Interessen eintreten wollen, sei es gegen Sozialabbau und Mietenexplosion oder im Kampf gegen die Abwälzung der „Kosten der Einheit“ auf die Menschen, die wenig oder nichts besitzen. Diese Bewegung muß eine andere freie Lebenskultur entwickelt, sei es in Stadtteilzentren, Musikveranstaltungen, Fußballspielen oder Festen oder im sozialen und politischen Alltagskampf.

Eine wesentliche Grundvorraussetzung, für das Zustandekommen einer Bewegung, die Antifaschismus als Teil eines Kampfes für eine bessere, freie Gesellschaft betreiben will, ist, sich dringend und endgültig von allen Kräften zu distanzieren und zu trennen, die auf Grund ihres Auftretens und ihrer leninistischer oder stalinistischer Ideologie jegliche antifaschistische Politik behindert und in Mißkredit bringt. Mehr noch. Damit sich die Linke, und mit ihr die Antifa-Bewegung, selbst vom diskreditierenden Makel des Stalinismus befreien kann, muß Sie es selbst sein, die diesen am schärfsten bekämpft.

Ralf Rosen

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