Kultur

Das 7. A L’arme Festival Berlin

Von Lotte Baatz


Greg Fox, Foto: Lotte Baatz

Gewitter über Berlin:
Pünktlich am Mittwochabend um 20.00 Uhr zog der Himmel über Berlin – Friedrichshain sich zu. Ein Unwetter wütete über der Stadt.
Aber nicht nur draußen tobte ein Sturm, sondern auch im Säälchen des Holzmarktes ließ sich Greg Fox zur Eröffnung des 7. A L’arme Festivals an seinem Schlagzeug aus.
Der gebürtige New Yorker Komponist und Schlagzeuger wurde 2011 von der Village Voice zum besten Drummer der Stadt ausgezeichnet. Er spielt unter anderem in den Bands wie Guardien Alien, Zs, und Ex Eye.
Mit seinem Solo-Set entfernt er sich jedoch aus der Metal-Szene, die Klänge werden sphärischer und ruhiger.
Sein Schlagzeugspiel begleitete er mit einem Modular Synthesizer, welchen er mit seiner Kick Drum ansteuerte, dazu mischte er über seinen Laptop Saxofon und E-Piano Snippets die seine Freunde für ihn aufgenommen hatten. Nach 1 1⁄2 Stunden entließ er das begeisterte Publikum aus seinem Bann.
Für etwas Soul an diesem Abend sorgte das Norwegische Trio “Gurls”.
Mit blumiger Stimme besang Rohey Taalah etwas ironisch ihr Liebesleben und rechnete Augenzwinkernd mit ihren Ex – Freunden ab. “ Run, Boy, Run” heißt das Debutalbum was 2018 erschienen ist. Begleitet wurde sie von der Saxofonistin Hanna Paulsberg und Bassistin Ellen Andrea Wang.

2. Festival: Tag Zertrümmern von Regelwerken
Imposant ging es weiter im Radialsystem mit dem zweistündigen Set des Trios Practical Music: Oscar Jan Hoogland und Jasper Stadhouders aus den Niederlanden und Christian Lillinger aus Deutschland.
Beim betreten des Saals erhaschte man schon Klänge von rückwärts abspielenden hölzernen Tonbandgeräten, Megaphonen, die verteilt auf dem Boden lagen und Feuerwehrsirenen.
In der Mitte des Raumes stand eine quadratische Bühne, das Publikum saß in einem großen Kreis um die Bühne verteilt.
Die drei Männer werkelten ununterbrochen an ihren Instrumenten, sie waren ständig in Bewegung. Christian Lillinger (Drums) wechselte vom Schlagzeug zum Klavier, hämmerte dort für ein paar Minuten auf die Tasten, um dann schnell wieder hinter sein Schlagzeug zukommen. Wo er später die Becken abschraubte, um sie laut scheppernd über den Boden rollen zu lassen.
Jaspers Stadhouders bunt geringelte Socken steckten in braunen Badelatschen, laut stampfte er über die Bühne, in einer Hand baumelten Stahlbänder die er an einer seiner E-Gitarre befestigte um ihr damit schrille, quietschende Geräusche zu entlocken.
Oscar Jan Hoogland war von den Dreien am meisten in Bewegung, er lief um und über die Bühne um Feuerwehr – Sirenen, Schallplattenspieler , und andere elektrische Geräte am laufen zu halten. Er veränderte bei jeder Runde die er drehte den Rhythmus an den Geräten.
Zum Schluss forderte er dann das Publikum auf mitzumachen. Hoogland verteilte Fahrradklingeln, Aluschüsseln, Papier und Plastiktüten. Es knisterte, klingelte, schepperte und rauschte nun aus allen Ecken.
In den zwei Stunden improvisierter Musik war es keine Sekunde langweilig…

Tag 3: Dont be a lampshade to your own light…
Matana Roberts sah aus wie eine moderne Amazone als sie am dritten Festival Tag um 20.00 Uhr die Bühne im Radialsystem betrat.
Sie trug eine Camouflage-Weste über ihrem mehrlagigen schwarzen Kleid, die Arme sind tätowiert, ihre kurzen Haare sind zu einem Irokesen geschnitten, die goldenen Creolen glänzten im Scheinwerferlicht und erinnerten an zwei Schutzschilder.
Ihre Waffen sind ihre Stimme und das Saxophone
“Don’t be a lampshade to your own light” rief sie immer wieder dem Publikum zu.
Die Alto Saxophonistin aus New York wechselte zwischen Erzählungen aus ihrem Leben in den USA und dem Spiel auf ihrem besten Freund dem Saxofon.
Aufgewachsen ist sie in Chicago und schon als Kind machte ihr Vater sie mit der Musik Sun Ra‘s und Albert Aylers bekannt. Mit einem schmunzeln erzählte sie dem Publikum, dass sie es damals nicht richtig wertschätzen konnte und ihr erst Jahre später bewusst geworden war, was er ihr mit auf den Weg gegeben hatte.
Als Jugendliche erlernte sie das klassische Klarinettenspiel, wechselte dann schnell zum Jazz und experimenteller Musik. Zu ihren Mentoren gehören Von Freeman und Fred Anderson.
Genau wie ihre Stimme ist das Spiel auf dem Alto Saxophone auch sehr gefühlvoll und warm, ab und zu entlockte sie ihm ein knattern, schnattern und aufheulen.
Nach kurzen 45 Minuten verabschiedete sie sich vom Publikum mit dem Ratschlag mehr aufeinander zu achten.

Tag 4: Donnernder Temporausch
Der letzte Festivalabend endete mit der Avantgarde Metal Band Ex Eye :
Die Band wurde 2017 von Colin Stetson (Alto und Bass Saxophone) gegründet. Dieser hat eine innovative Spieltechnik, in der er mittels Zirkularatmung sowie zahlreicher direkt am Instrument angebrachten Mikrofone dem Saxophon ungewohnte Klänge entlockte.
Einen geradezu infernalischen Lärm fabrizierten am Samstag Abend die vier Musiker. Manchmal waren die Klänge des Saxophones kaum hörbar, weil sie sich mit den metallischen Klängen der E- Gitarre von Toby Summerfield verschmolzen. Ab und an schaltete das Quartett ein paar Gänge zurück, ein absolutes Highlight war da das Solo von Shazad Ismaily (Synthesizer) er spielte minutenlang ein sich immer wiederholendes Stück an dem er Kleinigkeiten änderte, bis Greg Fox (Drums) mit mächtigen Schlägen auf der Snare Drum die Gruppe wieder erbarmungslos antrieb, um sie zu einem mächtigen Klangfluss werden zu lassen, der das Publikum mit sich mitreißt.
Erfreuliche Nachrichten gab es in der Abschlussrede des Künstlerischen Leiters, Louis Rastig. Die Finanzierung des Festivals ist bereits für weitere vier Jahre bestätigt.