Politik

Zum Tod des Rotbrigadisten Piero Bertolazzi

Von Reinhard Sauer

Piero Bertolazzi zwischen links Renato Curcio, rechts Paolo Maurizio Ferrari 1976

Piero Bertolazzi zwischen links Renato Curcio, rechts Paolo Maurizio Ferrari 1976

Sie nannten sie il nero, den Schwarzen, und il biondo, den Blonden…: Der schwarzhaarige Pietro Bertolazzi kam aus einer Arbeiterfamilie und wie sein blonder Freund und Genosse Piero Bassi aus dem kleinen, in der Poebene südlich von Lodi gelegenen Ort Casalpusterlengo. Beide gingen dann nach Mailand, wo sie zu den Mitbegründern der Roten Brigaden gehörten. Im Untergrund sollen die Pietros ein höheres Gehalt für Illegale durchgesetzt haben. Im April 1974 führte Bertolazzi zusammen mit den leitenden Rotbrigadisten Alberto Franceschini und Mara Cagol, die 1975 bei einem Schusswechsel mit den Carabinieri getötet wurde, die Entführung des genuesischen Richters Mario Sossi durch. Obwohl der Generalstaatsanwalt von Genua der Forderung nach Freilassung der Gefangenen aus der genuesischen Stadtguerilla-Gruppe XXII Ottobre nicht nachkam, wurde der Richter schon einen Monat später nach einem Prozess im „Volksgefängnis“ wieder freigelassen. Im Oktober desselben Jahres wurden beide Pieros kurz hintereinander in einem Bauernhof in der Nähe von Mailand, der den Roten Brigaden als Archiv diente, von den dort auf sie versteckt wartenden Carabinieri verhaftet. Wegen Mitgliedschaft in einer bewaffneten Gruppe zu 14 Jahren Haft verurteilt, saß Bertolazzi noch fünf weitere Jahre wegen seiner politischen Erklärungen während der Prozesse ab, da er sich nie von den Aktionen des bewaffneten Kampfes der Roten Brigaden draußen distanzierte, sondern im Gegenteil eine „kollektive Verantwortung“ dafür übernahm. 1987 gehörte er dann zusammen mit Renato Curcio, Maurizio Iannelli und Mario Moretti zu dem historischen Kern der Roten Brigaden, die in einem Brief aus dem Gefängnis an die linke Tageszeitung il manifesto den bewaffneten Kampf der Roten Brigaden für beendet erklärten. Freigänger seit 1993, war er erst im Jahr 2001 endgültig wieder draußen, wo er die Kooperative Futura zur Wiedereingliederung von Strafgefangenen und Haftentlassenen in Piacenza gründete. „Kommunist wird man, als Rebell wird man geboren: So waren wir“, mit diesen Worten hatte sich der Schwarze erst letzten Januar von dem Blonden bei dessen Begräbnis auf dem Friedhof von Casalpusterlengo verabschiedet, am 30. Dezember ist nun Piero Bertolazzi im Alter von 71 Jahren nach schwerer Krankheit gestorben. Die Urne mit seiner Asche soll nach dem Willen der Familie ebenfalls auf diesem Friedhof beigesetzt werden.