Kultur

Wellbappn-Gaudi

von Jürgen Schneider

schneller

Der Ex-Biermösl Hans Well hat mit seinen Kindern die zweite CD vorgelegt. Diese Mir-san-mir-Blosn nennt sich Wellbappn, und der CD-Titel lautet »Schneller«.
Wellbappn schont niemanden und nichts, Konfektionsgeschnatter ist deren Sache nicht, und die Liadl sind nicht immer unbedingt von politischer Korrektheit geprägt, wie sie so mancher protestantische Preiss einfordert. Zu einer heiteren bayrisch-fundamentalfolkloristischen Melodie macht sich die Familiencombo in ihrem ›Maut-Epos‹ lustig über die Stammtischpolterer der CSU, über »Seehofer und seine Doofbrindt-Buam«, die glaubten, die Eurobürger/innen mit ihrer Maut, einem typischen Produkt von Gehirnmauke, schröpfen zu können.
In ›Hoeness-Passion‹ lässt Wellbappn den zu Haft verurteilten Wurst-, Fleisch- und Fußballmanager, dessen ganzes Streben selbstverständlich dem Wohl des FC Bayern gegolten hat, tönen: »Aba wart’s no, ihr neidigen Brüder, das wars noch nicht, ich komme wieder / i zahls eich z’rück, es Drecksbagasch – i bin net nachtragend, doch des gibt a Revasch.«
Von einem völlig aus dem Ruder gelaufenen Fuaßball-Match der »F-Schüler Hausen gegen Riad« handelt das Lied ›Freundschaftsspiel‹. Angefeuert von seiner Mama – »Geh weita, Kevin, lass da nix gfoin und hau de Drecksau um!« – macht klein Kevin »vo hintn nei in d’ Haxn an Bodycheck / Und den Riader Mittelstürmer trogns mit verdrahten Haxen weg«. Auch Skifahrn in Tirol ist toll, wenn ein anderer Kevin einen Holländer ummäht, und der Pit, vom Seil des Babylifts zweigeteilt, Oberteil zur Rechten, Unterteil zur Linken, »duat vor den Babykurs sinkn«. Die Kinder jauchzen: »Genial – sowos sieght ma auf keinem Kinderkanal.« Sodann geht Susi als Riesenschneeball zu Tal, und in Berg und Tal »is a Ruah / Aus is mit Techno und Rammstein, Strohrum, Warsteiner und Glühwein / der Berg, der hat die Schnauzn voll – herrlich die Ruhe in Tirol«. Eine ›Bergandacht‹? Aber bitte ja doch, vor allem, wenn es dort heißt: »De Hirscherl und die Rehal, de wissn oans ganz gwiß / dass der Gsang vom Hansi Hinterseer schlimmer wia Schweinegülle is«.
Geschont werden weder BND, NSA, Windradl-Gegner noch die Vollgummiköpfe der Automobilmachung, Breitreifentypen in den Karossen mit serienmäßiger Vorfahrt. In ›Kindergartenralley‹ plärrt der Raser: »Jetz sieghst mein Auspuff, du blödes Opelschwein!« Und fährt in die Verkehrskontrolle rein. Der Sohnemann feiert das Osterfest, der Papa mit dem Bleifuß geht »des 3. Moi zum Depperltest«.
Persönlich wurats aa no. Warum nicht? In ›Karrieresprünge‹ heißt es: »A ganz bsonders miese Sau, des is der Roland Koch – genau.« Der Ex-Außenminister Fischer »der riacht aa nimmer frischer / Der Protz werd oiwei fetter und durchaus aa nicht netter / statt Washington oder Duschambee berät er jetza BMW / der grüne Revoluzzer macht für die Quandts an Stiefipuzzer.« Wo’s recht hom, do homs recht!
Musikalisch geht es nicht nur munter traditionell bayrisch zu, zünftige Blasinstrumente und »hodaradioh, hodariodioeh, hodaradiri« inklusive, nein, zwischendrin erklingt auch ein mit viel Seele gegeigter ›Russischer Aufstrich‹. Einen Song mit Appellcharakter für die nicht des Bajuwarischen Mächtigen gibt es auch: ›Please be nice to Bavarians‹.
Wellbappn ist ein Beweis dafür, wie recht Heiner Müller einst hatte, als er bemerkte, aus den Provinzen komme immer mehr, und Bayern sei ja nicht die Bundesrepublik, sondern »was andres«. (Heiner Müller, »Ich bin ein Neger«, Darmstadt, 1986)
Wellbappn »hot XX-large Greß«, wie die Ledahosn vom Schluckspecht bei »Hölle, Hölle, Wiesnstreß«, der »heit no wos mit der Susi hom mecht«. Die »greislige Blunzn« strippt auf dem Biertisch zur »Bierzoitmusi«, »Ihr Hoiz vor da Hüttn, ihr Jodlerbalkon is aus echtem tschechischen Silikon«. Griaß Gott.

Hans Well & Wellbappn, »Schneller«. CD. München: Kunstmann Verlag.