Alle Artikel mit dem Schlagwort: DDR

Erinnerung an Matthias Kramer, geboren 9.11. 1960 Kirchheim/Teck gestorben Anfang Dezember 2022 in Magdeburg

„Und eines Tages werden wir singen, das war die Wüste“ aus: kamalatta, ein romantisches fragment von Christian Geissler Am 20. Januar hatte die Vereinigte Linke (VL) zum Tag der Werktägigen nach Leipzig geladen. An diesen nebligen Januartag des Jahres 1990 habe ich Matthias Kramer kennengelernt. Er hatte wochenlang viel Zeit in die Vorbereitung gesteckt. Matthias gehörte zu dem Mitverfasser*innen des Aufrufs eines Arbeitskreises der VL für diesen Tag, Einladung deren Kernsätze lauteten: „Die wesentlichste Aufgabe bei der Überwindung der gegenwärtigen Krise des administrativen Sozialismus in unserem Land besteht darin, das Staatseigentum an Produktionsmitteln in Volkseigentum, also Eigentum der Arbeitenden, umzuwandeln. Nur auf diesem Weg ist eine progressive, sozial und ökologisch ausgerichtete Alternative für unser Land möglich.“ Eine antiautoritäre DDR, deren Basis von den Arbeiter*innen selbstverwaltete Betriebe sein sollten, waren der große Traum von Matthias vor 33 Jahren. Dafür konnte er auch Menschen aus autonomen Zusammenhängen und besetzten Häusern überzeugen, den Tag der Werktägigen in Leipzig zu besuchen. Der heute fast vergessene Tag der Werktätigen war ein wichtiges Datum von Matthias und seinen Freund*innen. Der 19. …

DDR Resilienz

Per Schockstrategie in die deutsche Einheit

Vom Umbruch in der DDR, so ein Wolfgang Schäuble zugeschriebenes Diktum, durften keine Prozesse ausgehen, die in der BRD bestehende Strukturen hätten verändern können. Die anschließende radikale Privatisierung in Ostdeutschland verlief mithilfe der bereits bewährten Schockstrategie. Das unmittelbare Erleben der gigantischen Enteignungskampagne bleibt bis heute Teil ostdeutscher Identität.

Von Malte Daniljuk

Das Scheitern einer Systemkritik des Stalinismus

Gerd-Rüdiger Stephan/Detlef Nakath (Hrsg): Ausschluss. Das Politbüro vor dem Parteigericht. Die Verfahren 1989/1990 in Protokollen und Dokumenten, Karl Dietz Verlag Berlin GmbH, Berlin 2020, 551 Seiten, ISBN: 978-3-320-02365-2. Rezension von Thomas Klein 30 Jahre nach dem Ende der SED ist endlich auch der letzte Akt des Versuchs einer nominellen „Selbstreinigung“ der SED-PDS dokumentiert: Gerd-Rüdiger Stephan und Detlef Nakath veröffentlichen im Dietz-Verlag die Wortprotokolle der Anhörungen damals noch nicht ausgeschlossener ehemaliger Mitglieder des SED-Politbüros vor der neuen Zentralen Schiedskommission (ZSK) einer sich im Umbruch befindenden Staatspartei. Im Januar 1990, während des sich beschleunigenden Niedergangs des alten SED-Parteienstaates und inmitten einer innerparteilichen Kontroverse „Selbstauflösung oder Neuanfang der SED als PDS“ bemühte sich die Schiedskommission darum, demonstrative Entschlossenheit bei der „Abrechnung“ mit hauptverantwortlichen politischen Trägern des untergehenden Regimes zu zeigen. Das abgedruckte diesbezügliche Protokoll der Kommissionssitzung vom 20./21. Januar 1990 enthält auch einige dürre Mitteilungen über Rehabilitierungen und Aufhebung von früheren Parteistrafen, dem „Gegenstück“ gerade in Angriff genommener Parteiausschlüsse, jener „Höchststrafe“ des damaligen statuarischen Sanktionskatalogs. Die von Stephan und Nakath sorgfältig und leserfreundlich kommentierten Befragungsprotokolle der Politbürokraten vor …